Rz. 6

Beim Factoring werden in der Regel 3 Funktionen unterschieden:

  • Finanzierungsfunktion,
  • Dienstleistungsfunktion,
  • Delkrederefunktion.

Diese Funktionen können in verschiedener Weise kombiniert sein. Gerade die Übernahme des Delkredererisikos durch den Factor hat entscheidende Rückwirkung auf die bilanzielle und steuerliche Behandlung des Factorings.

 

Rz. 7

Durch den Verkauf der Forderungen an den Factor werden Außenstände in Barmittel bzw. Bankguthaben umgewandelt.[1] Ein gewisser Prozentsatz wird vom Factor einbehalten und einem Sperrkonto gutgeschrieben, das zu bestimmten Zeitpunkten der jeweiligen aktuellen Situation angepasst wird.[2] Die Finanzierungsfunktion besitzt für den Factoring-Kunden viele Vorteile und stellt die Hauptfunktion des Factorings dar. Der Erhalt der sofortigen Liquidität kann durch den Anschlusskunden unterschiedlich verwendet werden. Zum einen können fällige Lieferantenkredite bedient und somit der volle Skonto in Anspruch genommen werden.[3] Des Weiteren bedingt die zügige bzw. die Ankündigung der unverzüglichen Bezahlung der Lieferantenverbindlichkeiten in der Regel bessere Einkaufskonditionen.[4] Zum anderen ermöglicht der sofortige Erhalt der Liquidität aus dem Verkauf der Forderungen die Rückführung von Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. Somit reduziert sich die Abhängigkeit gegenüber der Bank. Durch die Wandlung der Forderungen in Barmittel oder Guthaben und die Rückführung der Verbindlichkeiten ändern sich die Bilanzrelationen beim Factoring-Kunden zum Positiven. Diese regelmäßige Bilanzverkürzung und die damit einhergehenden besseren Bilanzkennzahlen haben mitunter Rückwirkungen auf Kreditwürdigkeitsprüfungen und somit auch auf die Konditionsgestaltung der Banken.[5] Dieser Effekt sollte jedoch nicht überschätzt werden, da er zumeist von den Banken bei der Bilanzanalyse mit berücksichtigt wird.

Ein weiterer Vorteil des Factorings, der sich aus der Finanzierungsfunktion ergibt, besteht in der umsatzkongruenten Finanzierung und somit in der problemloseren Umsatzexpansion.[6] Die durch eine Erschließung neuer Geschäftsfelder bzw. durch einen Mehrumsatz mit bestehenden Kunden einhergehenden Ausweitungen der Kundenforderungen können im Wege des Factorings finanziert werden.

Probleme können beim Factoring durch die nicht fristkongruente Verwendung der Finanzmittel auftreten. Factoring ist grundsätzlich eine kurzfristige Finanzierung. Werden die frei werdenden Mittel beispielsweise für langfristige Investitionen genutzt, können sich erhebliche Probleme beim Auslaufen des Factoring-Programms ergeben.[7]

 

Rz. 8

Die Dienstleistungsfunktion erstreckt sich vor allem auf die Übernahme der originären Debitorenbuchhaltung durch den Factor.[8] Darüber hinaus können weitere Aufgaben wie Mahnwesen und Inkasso an den Factor abgegeben werden.[9] Für die Dienstleistung erhält der Factor eine Gebühr.

Die Abgabe der Debitorenbuchhaltung kann für den Factor-Kunden Kostenvorteile haben. Zum einen lassen sich durch die Auslagerung der Debitorenbuchhaltung Personal- und EDV-Kosten sparen. Dabei kann es vorteilhaft sein, wenn der Factor nicht nur die Buchhaltung für die angekauften Forderungen übernimmt, sondern auch die nicht erworbenen Forderungen treuhänderisch mit verwaltet; damit erspart sich der Factor-Kunde die Debitorenbuchhaltung komplett.[10] Zum anderen lassen sich durch die Ausgliederung der Debitorenbuchhaltung Sachkosten, wie beispielsweise Portoaufwendungen für Mahnungen oder Gebühren für Kreditauskünfte, einsparen.[11]

Für die Vertriebs- und Marketingpolitik des Anschlusskunden ist es wichtig, dass er weiterhin die notwendigen statistischen Auswertungen seiner Abnehmer erhält. Auch bestimmte Branchenkenntnisse lassen sich aus der Debitorenbuchhaltung ableiten.[12]

 

Rz. 9

Durch die Übernahme der Delkrederefunktion überträgt der Anschlusskunde das Risiko der Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit der Kunden auf den Factor.[13] Der Factor übernimmt letztendlich die Aufgabe eines Warenkreditversicherers.[14] Darüber hinaus besteht ein Kosteneinsparpotenzial in einem Wegfall der eigenen Gebühren für die Bonitätsprüfung der Kunden sowie für das Eintreiben der Forderungen.[15]

Nur bei der Übernahme der Delkrederefunktion durch den Factor wird von einem echten Factoring gesprochen. Andernfalls handelt es sich um ein so genanntes unechtes Factoring. Auf die unterschiedliche bilanzielle Behandlung wird gesondert eingegangen.[16] Für die Prüfungs- und Überwachungskosten sowie für das Eingehen des Ausfallsrisikos erhält der Factor eine Gebühr.[17]

Nachteilig könnte sich gegebenenfalls der verkleinerte Spielraum der steuerunschädlichen Bildung von stillen Reserven bemerkbar machen.[18] Dieser Wegfall des Steuerstundungseffektes ist in das Kalkül mit einzubeziehen. Er sollte jedoch nicht die entscheidende Rolle beim Factoring spielen.

 

Rz. 10

Zusammenfassend lassen sich folgende Effekte aus den Funktionen des Factorings ableiten:

  • Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten,
  • Verbesserung von Bilanzrel...

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