Das Mahn- und Inkassowesen beschäftigt sich mit der Einbringung fälliger Forderungen und wird in das außergerichtliche Mahnwesen und das gerichtliche Mahnverfahren unterteilt. Grundsätzlich setzt das Mahnwesen bei Zahlungsverzug des Kunden ein. Die Leistung des Kunden muss zunächst fällig sein. Die Fälligkeit ergibt sich aus der zwischen dem Verkäufer und dem Kunden getroffenen Zahlungsabsprache.

 
Praxis-Tipp

Ohne Fälligkeitstermin ist unverzüglich zu zahlen

Ist kein Fälligkeitstermin ausdrücklich vereinbart, muss der Schuldner grundsätzlich unverzüglich zahlen, also wenn der andere Vertragspartner seine Leistung erbracht hat.[1]

Unternehmerkunden[2] geraten in Verzug, wenn sie das ihnen konkret benannte Zahlungsdatum laut Rechnung überschreiten. Laut Bundesgerichtshof kommt ein Verbraucher[3] – entgegen dem Wortlaut des Gesetzes – nicht in Verzug mit der Zahlung des Rechnungsbetrags, wenn in der Rechnung lediglich ein Zahlungsdatum genannt ist und nicht explizit darauf hingewiesen wird, dass er automatisch in Verzug kommt, wenn er dieses nicht einhält.[4]

Bei Entgeltforderungen tritt Verzug spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung ein, wenn bis dahin nichts vom Schuldner geleistet wurde.[5] Verbraucher (aus Sicht des Unternehmers sind das seine Privatkunden) müssen hierauf in der Rechnung hingewiesen werden. Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.[6]

Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an.[7]

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, tatsächlich als Verbraucher gehandelt zu haben, trägt derjenige, der sich auf die für ihn günstigen Rechtsfolgen einer Verbraucherstellung beruft. Bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person ist, wenn keine entgegenstehenden Umstände ersichtlich sind, im Zweifel davon auszugehen, dass diese als Verbraucher handelte.[8]

[1] § 271 Abs. 1 BGB,

§ 17 StromGVV; BGH, Urteil v. 25.1.2017, VIII ZR 215/15: Einseitiges Recht zur Bestimmung der Leistungszeit für Grundversorger von Strom.

[6] BGH, Urteil v. 30.3.2017, VII ZR 269/15: Zur Verbrauchereigenschaft einer als Außengesellschaft rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter eine natürliche Person und eine juristische Person sind.
[8] OLG Bremen, Beschluss v. 8.6.2021, 1 U 24/21; BGH, Urteil v. 10.11.2021, VIII ZR 187/20, NJW 2022 S. 225: Beweislastregeln beim Verbrauchsgüterkauf durch einen Unternehmer.

3.1 Das außergerichtliche Mahnverfahren: Vom persönlichen Besuch zur Mahnung

Normalerweise mahnt der Unternehmer bzw. dessen Personal den säumigen Kunden selbst, sei es telefonisch, schriftlich oder persönlich. Mahnungen sollten individuell auf den Kunden zugeschnitten und kundenfreundlich sein. Ein persönlicher Besuch bei einer hohen Forderung und Nähe des Standorts des Kunden kann eine größere Wirkung als eine schriftliche Mahnung haben. Oft steckt hinter säumigen Zahlungen auch Unzufriedenheit über die gelieferte Ware, was in einem persönlichen Gespräch geklärt werden kann. Dann kann man das Gesprächsergebnis mit neuem Zahlungsziel schriftlich nachreichen als Beweis für den (u. U. späteren) Verzug.

Mehrere Mahnstufen sind in der Praxis üblich, aber nicht zwingend. Mehr als 3 Mahnstufen machen den Unternehmer unglaubwürdig. Zahlt der Schuldner auf mehrere Mahnschreiben nicht, muss der Gläubiger laut Ansicht einiger Gerichte den Rechtsweg beschreiten. Die Grenze ist grundsätzlich bei 2 Mahnschreiben zu ziehen. Erstellt der Gläubiger weitere Mahnschreiben, können diese Kosten nicht mehr als "erforderlich" angesehen werden.[1] Gesetzliche Vorschriften über Mahnintervalle und die Anzahl von außergerichtlichen Mahnungen gibt es nicht. Schriftliche Mahnungen unmittelbar nach Überschreitung des Fälligkeitsdatums sind nicht immer sinnvoll, weil sich diese u. U. mit der Zahlung überschneiden. Bittet der Gläubiger den Schuldner um Mitteilung, ob er seine Haftung dem Grunde nach anerkenne, so gilt das nicht als Mahnung.[2]

Wird der Kunde gemahnt, kommt dieser spätestens jetzt in Verzug. Dann kann und sollte der Unternehmer in jedem Fall Verzugszinsen verlangen. Die gesetzlichen Zinsen ergeben sich aus § 288 Abs. 1 und 2 BGB. Der Basiszinssatz orientiert sich am jeweiligen Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank und ändert sich jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Kalenderjahrs.[3]

Der aktuelle gültige Leitzinssatz ist auf einer speziellen Internet-Seite[4] ersichtlich ( 3,12 % seit 1.7.2023) und es kö...

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