Bei der Überlassung eines Fahrzeugs an den Arbeitnehmer kommt es entscheidend darauf an, ob die Nutzung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Eine Einstufung als entgeltlich setzt voraus, dass der Eigentümer des Beförderungsmittels dem Mieter gegen Zahlung einer Miete für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, das Beförderungsmittel zu benutzen und andere davon auszuschließen. Ein quantifizierbarer geldwerter Vorteil, der im Rahmen der Einkommensteuer für die private Nutzung anzusetzen ist, ist nach Auffassung des EuGH[1] umsatzsteuerlich nicht als Vergütung anzusehen. Das heißt, dass die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers kein Entgelt im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ist.

 
Praxis-Beispiel

Überlassung eines Firmen-Pkw – Mitarbeiter mit Tätigkeit in Luxemburg und Wohnsitz in Deutschland

Die Verwaltungsgesellschaft eines Investmentfonds mit Sitz in Luxemburg hat 2 Mitarbeiter, die ihre Tätigkeit in Luxemburg ausüben und ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Diesen beiden Mitarbeitern wurde jeweils ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt, den sie neben ihren dienstlichen auch für private Fahrten nutzen durften. Da die Verwaltungsgesellschaft in Luxemburg im vereinfachten Besteuerungsverfahren registriert ist, unterlag die Überlassung der Fahrzeuge an die Arbeitnehmer in Luxemburg nicht der Umsatzsteuer und berechtigte somit auch nicht zum Abzug der entsprechenden Vorsteuer. Die Verwaltungsgesellschaft ließ sich im November 2014 in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren. Im Jahr 2015 meldete sie hinsichtlich der Überlassung der Fahrzeuge "sonstige steuerpflichtige Leistungen" in Höhe von 7.904 EUR (für 2013) und 20.767 EUR (für 2014) an. Das Finanzamt Saarbrücken stimmte dem zu. Gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen legte die Verwaltungsgesellschaft Einspruch ein, den das Finanzamt als unbegründet zurückwies.

Die Verwaltungsgesellschaft legte Klage ein und machte geltend, dass die Voraussetzungen, um die Fahrzeugnutzung der Umsatzsteuer zu unterwerfen, EU-rechtlich nicht vorliegen. Zum einen liege keine Überlassung gegen Entgelt vor und zum anderen habe es an der Möglichkeit gefehlt, einen Vorsteuerabzug geltend zu machen. Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Saarbrücken beschlossen, das Verfahren auszusetzen und zur Vorabentscheidung dem EuGH vorzulegen.

Der EuGH hat entschieden, dass die Umsatzbesteuerung EU-rechtlich unzutreffend ist. Ob für das Fahrzeug ein Vorsteuerabzug ganz oder teilweise möglich war, ist ein Aspekt, der jedoch in dieser Situation nicht entscheidend sein soll. Die Überlassung eines Firmenwagens für eine Zeit von mehr als 30 Tagen kann nicht nach Art. 26 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt werden.

Die Gleichstellung der Fahrzeugüberlassung mit einer Dienstleistung (Fahrzeugüberlassung) gegen Entgelt fällt nicht unter Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112, sodass die unentgeltliche "Vermietung eines Beförderungsmittels" nicht danach erfasst werden kann. Mangels einer Definition in der EU-Richtlinie handelt es sich laut EuGH bei dem Begriff "Vermietung eines Beförderungsmittels" im Sinne von Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 um einen autonomen Begriff des Unionsrechts, der unabhängig von den Wertungen in den Mitgliedstaaten in der gesamten Union eine einheitliche Auslegung erhalten muss.

Konsequenz: Die Finanzverwaltung verfährt zurzeit wie bisher. D.h., sie geht von einem Leistungsaustausch aus. Das ist lt. EuGH unzutreffend. Welche Konsequenzen die Finanzverwaltung ziehen wird, ist derzeit noch offen, sodass es sinnvoll ist, entsprechende Steuerbescheide offen zu halten.

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