Factoring ist eine vielseitige Finanzdienstleistung, die in wachsendem Umfang genutzt wird. Meist nehmen die Factoring-Kunden den kompletten Leistungsumfang des Factors (Abtretungsempfänger) in Anspruch, z.  B. eine umsatzkongruente Finanzierung, vollen Schutz vor Forderungsausfällen und das Debitorenmanagement (Service).

Die Einziehung im Wege des echten Factoring abgetretener Forderungen ist keine Inkassodienstleistung i. S. v. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG, weil ein Factoring-Unternehmen, das das Risiko des Forderungsausfalls vertraglich vollständig übernommen hat, keine fremden, sondern eigene Angelegenheiten besorgt, wenn es die ihm abgetretenen Forderungen auf eigene Rechnung einzieht. Trotz der Abtretung einer – aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft hervorgegangenen – Geldforderung an einen neuen Gläubiger (hier: ein Factoring-Unternehmen) ist der Forderungsschuldner gemäß § 354a Abs. 1 Satz 2 HGB befugt, mit befreiender Wirkung an seinen bisherigen Gläubiger (den Factoring-Kunden) zu leisten.[1]

Manche Factoring-Modelle verstoßen gegen das Wettbewerbsrecht[2] bzw. gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz.[3]

Das Factoring-Institut (der Factor) kauft von seinen Factoring-Kunden Geldforderungen im Rahmen eines Vertrags an.[4] Der Factor prüft vor Vertragsabschluss und fortlaufend die Bonität der Abnehmer und übernimmt im Rahmen eines vereinbarten Limits das volle Ausfallrisiko. Der Factoring-Kunde informiert seine Abnehmer darüber, dass die Forderungen an den Factor verkauft wurden und der Rechnungsbetrag an diesen zu zahlen ist. Er stellt dem Factor laufend Rechnungskopien über die Forderungen zur Verfügung bzw. übermittelt die Rechnungsdaten durch Datenfernübertragung. Sofern die Rechnungsbeträge im Rahmen der eingeräumten Limite liegen, kauft der Factor die Forderungen an.

Der Factor schreibt den Factoring-Erlös (Forderungskaufpreis) sofort dem Abrechnungskonto des Factoring-Kunden gut. Lediglich 10 % bis 15 % des Kaufpreises behält der Factor zunächst als Sicherheit für Skontoabzüge oder Mängelrügen ein. Dieser Sicherheitseinbehalt wird dem Kunden bei Zahlung durch den Debitor oder bei Fälligkeit gutgeschrieben.

[2] LG Hamburg, Urteil v. 30.5.2017, 406 HKO 214/16, zum Modell des sogenannten Partner-Factorings im Bereich der Zahnarztabrechnungen, bei dem ein Teil der bei der Abrechnung des Zahnarztes anfallenden Factoring-Gebühr von einem einbezogenen Dentallabor getragen wird.
[3] BGH, Urteil v. 21.10.2014, VI ZR 507/13, AnwBl 2015 S. 184: Die Abtretung einer Forderung durch einen Sachverständigen an ein Factoring-Unternehmen, das nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt, ist wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 RDG i. V. m. § 3 RDG gem. § 134 BGB nichtig, wenn das Factoring-Unternehmen nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt.
[4] Abschn. 2.4 UStAE; BFH, Urteil v. 6.5.2010, V R 15/09, BFH/NV 2010 S. 1950; OFD Frankfurt/M., Verfügung v. 8.2.2011, S 7200 A – 254 – St 111 (Bemessungsgrundlage beim Forderungsverkauf); siehe auch BFH, Urteil v. 15.5.2012, XI R 28/10, BFH/NV 2012, S. 1744: Factoring bei Ärzten; keine umsatzsteuerfreie Kreditgewährung bei echter Factoring-Leistung; BFH, Urteil v. 26.1.2012, V R 18/08, BFH/NV 2012 S. 678; BFH, Urteil v. 4.7.2013, V R 8/10, BFH/NV 2103 S. 1889: Ein Unternehmer, der zahlungsgestörte Forderungen unter "Vereinbarung" eines vom Kaufpreis abweichenden "wirtschaftlichen Werts" erwirbt, erbringt an den Forderungsverkäufer keine entgeltliche Leistung; BMF, Schreiben v. 2.12.2015, III C 2 – S 7100/08/10010, BStBl 2015 I S. 1012; BFH, Urteil v. 16.12.2015, XI R 28/13, BFH/NV 2016 S. 695: Zur Haftung des Abtretungsempfängers für Umsatzsteuer beim sog. echten Factoring; FG München, Urteil v. 31.8.2016, 3 K 874/14, rkr., EFG 2016 S. 2089: In der Zuwendung eines Liquiditätsvorteils an die Leistungsempfänger (hier: Ärzte) gegen eine Vorfinanzierungsgebühr in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des jeweiligen Rechnungsbetrags liegt keine selbstständige Leistung in Form einer steuerfreien Kreditgewährung nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG vor; BMF, Schreiben v. 9.5.2018, III C 2 – S 7279-a/0:002, BStBl 2018 I S. 694: Umsatzsteuer – Haftung nach § 13c UStG bei Abtretungen im Rahmen v. Factoring; FG Münster, Urteil v. 23.4.2020, 5 K 2400/17 U, EFG 2020 S. 946: Haftung für Umsatzsteuerschulden als Abtretungsempfängerin von Forderungen (§ 13c UStG).

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