Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung als ausbildungswilliges Kind während langer Wartezeit auf Studienplatz bei geringfügiger Beschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung steht der Berücksichtigung eines ausbildungswilligen Kindes nicht entgegen (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 09.12.2004 - 6 K 2938/03, Revision: III R 8/05).

Eine Wartezeit von 4 Semestern auf einen Studienplatz genügt allein nicht, um ein Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG zu berücksichtigen. Bemüht sich das Kind in der Wartezeit nicht um einen anderen Ausbildungsplatz, so ist ihm in der Wartezeit Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zumutbar; es fehlt damit an einer typischen Unterhaltssituation der Eltern.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen III R 58/05)

BFH (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen III R 58/05)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Klägern für ihre Tochter S (geb. 20.05.1979, i.f. S.) gem. § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG für die Zeit vom Oktober 2002 bis einschließlich August 2003 zusteht.

Die Tochter studierte seit dem 01.09.2000 an der Fachhochschule T Bauingenieurwesen. Zum 24.09.2002 wurde ihr Studium wegen Verlustes des Prüfungsanspruches in diesem Studiengang von Amts wegen durch Exmatrikulation beendet (Bl. 237 KiG-Akte). S. meldete sich am 18.10.2002 beim Beklagten als arbeitssuchend (Bl. 264 KiG-Akte) und teilte anlässlich einer weiteren Vorsprache am 03.12.2002 mit, sie wolle "evtl. nächstes Jahr eine Technikerschule besuchen" (Bl. 265 KiG-Akte). Am 28.02.2003 suchte S. den Beklagten erneut auf, teilte mit, sie sei weiterhin an Arbeitsvermittlung interessiert, aber ihre Bewerbungen seien bisher negativ verlaufen und außerdem wolle sie ab dem 01.09.2003 die Technikerschule besuchen (Bl. 267 KiG-Akte). Aus einem Formschreiben des N Technikums T - Fachschule für Technik - (ohne Datum, Bl. 277 KiG-Akte) folgt, dass die Tochter dort angefragt hatte und aufgefordert wurde, ihre Bewerbungsunterlagen vorzulegen. Mit Schreiben vom 21.06.2003 beantragte S. förmlich die Aufnahme. Daraufhin sagte die Fachschule mit Schreiben vom 01.07.2003 die Aufnahme zum 01.09.2003 zu. Seither besucht S. diese Fachschule (Bl. 278, 280 KiG-Akte sowie Aktenvermerk über ein Telefonat des Beklagten mit einem Bediensteten des N Technikums, Bl. 283 KiG-Akte).

S. übte seit dem 01.06.1996 durchgehend eine geringfügige Beschäftigung aus und erhielt monatlich 400,00 € (Vgl. Bl. 276 und 281, 282 KiG-Akte). Nach Auskunft des Klägers war die Beschäftigung der Schul- und Ausbildungszeit angepasst und die Tätigkeit im Wesentlichen an den Wochenenden und der Ferienzeit ausgeübt worden (Bl. 274 KIG-Akte, Schreiben vom 24.10.2003, Eingang beim Beklagten am 18.12.2003).

Mit Bescheid vom 31.10.2003 (Bl. 255, 257 KiG-Akte) hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum vom Oktober 2002 bis zum Juni 2003 auf (für Juli und August 2003 hatte die Beklagte die Zahlungen bereits eingestellt) und forderte den überzahlten Betrag von 1.386,00 € zurück. Der Kindergeldanspruch bestand demgemäß erst seit dem Schulbesuch ab 01.09.2003 bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres der Tochter S. Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 28.11.2003 (Bl. 262 KiG-Akte) wies der Beklagte mit Entscheidung vom 06.01.2004 zurück (Bl. 288 KiG-Akte).

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, dass ihre Tochter auch nach Abbruch des Studiums als ausbildungsplatzsuchend anzuerkennen sei, weil sie sich nach der Exmatrikulation ernsthaft um einen weiteren Ausbildungsplatz bemüht habe. Sie habe sich unter anderem telefonisch bei der ...akademie in D um einen Studienplatz beworben. Dies sei aus Kostengründen gescheitert. Ein schriftlicher Nachweis könne nicht mehr vorgelegt werden. Auch weitere Bewerbungen seien gescheitert. Die Ausbildung beim N Technikum habe erst zum Schuljahresbeginn im September 2003 begonnen werden können. Ein früherer Studienbeginn sei dort deshalb nicht möglich gewesen.

Die Kläger beantragen,

den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 31.10.2003 in der Einspruchsentscheidung vom 06.01.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für das Kind S Kindergeld für die Monate Oktober 2002 bis August 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Berücksichtigung der Tochter gem. § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG käme nicht in Betracht, weil diese sich innerhalb des streitigen Zeitraums nicht ernsthaft um eine Ausbildungsstätte bemüht habe. Die im Schreiben vom 24.10.2003 (Bl. 276 KiG-Akte) genannten Versuche seien nicht belegt worden. Der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG sei erst erfüllt, wenn eine ernsthafte Bewerbung nachgewiesen worden sei. Zwar habe die Tochter sich im Juni 2003 bei dem N Technikum um einen Schulplatz beworben, aber dies könne nicht dazu führen, ab diesem Zeitpunkt das Kind als ausbildungsplatzsuchend anzuerkennen, weil S. seit dem 01.06.1996 in ein...

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