Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein ermäßigter Steuersatz für „Rosa Karneval“ (Veranstaltung eines schwul-lesbischen Vereins)

 

Leitsatz (amtlich)

Nach den Feststellungen des Senats dient der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb „Karnevalssitzung“ in seiner Gesamtausrichtung nicht dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zu verfolgen. Unabhängig davon steht der Annahme eines „unentbehrlichen Hilfsbetriebs“ entgegen, dass die satzungsmäßigen Zwecke nicht - wie von der Rechtsprechung verlangt - nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG scheidet damit aus.

Eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die ratio legis begrenzt den tatbestandlichen Anwendungsbereich auf diejenigen Veranstaltungen, bei denen das kulturelle Engagement im Vordergrund steht. Ist hingegen die kulturelle Leistung nur Mittel zur Verfolgung eines anderen Zwecks, hier der Durchführungen eines geselligen Abends, ist die Norm nicht einschlägig.

 

Normenkette

AO §§ 14, 52 Abs. 1, § 58 Nr. 8, §§ 65, 68; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 1, Nr. 7a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.12.2010; Aktenzeichen XI B 60/10)

BFH (Beschluss vom 28.12.2010; Aktenzeichen XI B 60/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Einnahmen aus einer Karnevalsveranstaltung dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zuzuordnen sind.

Der Kläger (ein ein schwul/lesbisches Zentrum betreibender Verein, Anm. d. Neutralisierenden ) ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer und nach § 3 Nr. 6GewStG von der Gewerbesteuer befreit, weil er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff AO dient. Er ist wegen Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege, der Förderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten und der Förderung der Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt. Den jetzigen Namen trägt der Kläger seit einer Satzungsänderung vom 15. April 2005.

Daneben betätigte sich der Kläger im Streitjahr 2005 in den unterschiedlichsten Bereichen auch wirtschaftlich. So erzielte er Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken, Werbeeinnahmen und Provisionen in Höhe von 49.889,00 € (bei Ausgaben von 48.446 €), die er im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 2005 dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuordnete. Im Rahmen des Zweckbetriebs erklärte er Einnahmen aus Theaterveranstaltungen (18.549,00 €), Karnevalsveranstaltungen (Rosa Karneval 17.993,00 € = Eintrittsgelder), Jugendveranstaltungen (7.003,00 €), Christopher Street Day (3.031,00 €) und Losverkäufen (2.048,00 €). In der Einnahmen- Überschussrechnung 2005 wurden für die vorgenannten Veranstaltungen Kosten in Höhe von 17.343,25 € in Ansatz gebracht. Auf Nachfrage des Beklagten hat der Kläger den Betrag aufgeschlüsselt (Bl. 43 KöSt-Akte).

Der Beklagte folgte dem Antrag des Klägers nicht in vollem Umfang und behandelte - vorliegend streitig - die Einnahmen aus den Karnevalsveranstaltungen als steuerpflichtige Einnahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Die darauf beruhenden Bescheide gingen am 09.01.2008 zur Post.

Dagegen legte der Kläger am 07.02.2008 form- und fristgerecht Einsprüche ein. Er wandte sich mit seinen Einsprüchen gegen die Zuordnung der Einnahmen aus den Karnevalsveranstaltungen zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und stützte seine Rechtsauffassung insbesondere auf ein Gutachten des D-Verlags vom 14.11.2007. Danach seien die Einnahmen aus den Karnevalsveranstaltungen dem Zweckbetrieb „Kultur“ zuzuordnen, der nach der Vereinssatzung ebenfalls zum Satzungszweck des Klägers zähle. Bei den Veranstaltungen handele es sich um kulturelle Veranstaltungen i.S. des § 68 Nr. 7 AO. Die Veranstaltungen „Rosa Karneval“ stellten eine kulturelle Veranstaltung dar, welche dem Vereinszweck dienen würden, nämlich der Darstellung und dem kulturellen Verständnis homosexueller Lebensart in seiner Gesamtheit. Auch wenn die Veranstaltungen unterhaltenden und geselligen Charakter hätten, würde dieser nicht überwiegen. Sie seien daher ähnlich den Karnevalssitzungen eines Karnevalsvereins zu begünstigen entweder als kulturelle Veranstaltung nach § 68 Nr. 7 AO oder nach § 65 AO.

Im Übrigen sei es nicht ausschließlich Karnevalsvereinen vorbehalten, steuerbegünstigte Karnevalsveranstaltungen durchzuführen, wenn ein Verein - wie auch der Kläger vorliegend - die Kultur fördere. Es sei ebenfalls zu bedenken, dass die Aufzählung in § 68 Nr. 7 AO nur beispielhaft und der Kulturbegriff weit zu fassen sei. Bei dem dargestellten Programm des „Rosa Karnevals“ handele es sich um eine kulturelle Veranstaltung, weil der Verein mit seiner Laienspieltruppe eine Art Theatervorstellung aufführe. Sofern es sich der äußeren Form nach um eine Karnevalsveranstaltung handele, seien die Eintrittsgelder dennoch dem Zweckbetrieb Kultur zuzuordnen.

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