Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1988

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.06.2001; Aktenzeichen X R 48/96)

 

Tenor

I. Der angefochtene Einkommensteuer-Änderungsbescheid 1988 vom 04.04.1995 und die Einspruchsentscheidung vom 07.12.1995 werden aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Gläubiger Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Zeitpunkt eines Betriebsaufgabegewinnes.

Der Kläger und sein Bruder … sind Miterben nach dem Tod ihres Vaters am 29.01.1988. Der Vater des Klägers betrieb im Erdgeschoß seines Anwesens … eine Schuhreparaturwerkstatt mit Schuhwareneinzelhandel. Diese verpachtete er 1972 an den Kläger. Der Vater erklärte gegenüber dem Beklagten die Betriebsaufgabe nicht und versteuerte demgemäß auch die stillen Reserven nicht. Er erklärte vielmehr nach Maßgabe eingereichter Steuererklärungen und Bilanzen und des Schreibens vom 12.01.1978 weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die der Beklagte auch als solche veranlagte. 1987 meldete der Vater bei der Stadtverwaltung … den Betrieb rückwirkend zum Jahr 1972 ab; eine Durchschrift davon wurde dem Beklagten zugeleitet, der darin indessen keine Betriebsaufgabeerklärung sah. Nach Abschluß des Pachtvertrages entfernte der Kläger die gesamte, überalterte Laden- und Werkstatteinrichtung und gab diese zum Müll. Zur Verwirklichung seiner Absicht, in den Räumen ein Schuhwarengeschäft zu betreiben, baute der Kläger auf eigene Kosten das Erdgeschoß um und stattete dieses mit einer Ladeneinrichtung aus.

Zum Todestag des Vaters ermittelte dessen Steuerberater … für diesen einen Betriebsaufgabegewinn in Höhe von 101.084,– DM, der damit unter dem Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG blieb und sich bei dem Erblasser steuerlich nicht auswirkte. Der Beklagte folgte dem nicht. Er sah den 05.05.1988 als den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe an und stellte mithin für die Erbengemeinschaft den Aufgabegewinn einheitlich und gesondert fest, neben einem laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb für die Zeit vom 29.01. bis 05.05.1988 und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen (Feststellungsbescheid vom 14.08.1991).

Im Anschluß an den Erbfall haben der Kläger und sein Bruder die Erbengemeinschaft durch Realteilung auseinandergesetzt. Dabei wurde das Grundstück … in das Eigentum des Klägers überführt. Dieser erklärt seitdem die Mieteinkünfte als Eikünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Wegen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 1988 entwickelte sich zwischen dem Kläger und seinem Bruder sowie dem Beklagten das Klageverfahren 5 K 2000/92.

Zur Begründung dieser Klage wurde damals unter Hinweis auf Abschn. 139 Abs. 5 EStR und BFH BStBl 1983 II S. 412; BStBl 1975 II S. 885 und 1988 II S. 257 vorgetragen, die Betriebsaufgabe sei durch den Erblasser bereits 1972 mit der Verpachtung an den Sohn Ludwig Rillen erfolgt. Nach Maßgabe der obwaltenden Umstände habe kein Wahlrecht zur Betriebsfortführung bestanden. Demgemäß seien entgegenstehende anderslautende Erklärungen unbeachtlich. Treu und Glauben könne dem auch nicht entgegenstehen, weil dieser Grundsatz nicht rechtsbegründend, sondern nur rechtsbegrenzend wirke.

Hilfsweise sei die Betriebsaufgabe für 1987 anzunehmen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger … unter teilweiser Mitnahme und teilweiser Vernichtung der Ladeneinrichtung das Geschäft verlegt und der Erblasser habe daraufhin die leeren Räume an eine Buchhändlerin vermietet.

Nicht verständlich sei auch, wieso der Beklagte dazu komme, die Betriebsaufgabe für den 05.05.1988 anzunehmen. Die Deklaration der Mieteinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch den Kläger … könne nicht als Erklärung der Betriebsaufgabe gewertet werden (BFH/NV 1990, 86; 219).

Der Beklagte meinte demgegenüber klarstellend zur Einspruchsentscheidung, der Erblasser habe schon vor 1971 neben der Schuhmacherei auch einen Schuheinzelhandel betrieben, der jederzeit und ohne weiteres auch nach der Verpachtung an den Kläger … in den verpachteten Räumen Hätte weiterbetrieben werden können. Der Umbau hätte die Möglichkeit dazu nicht geboten. Gleiches gelte auch für die Vermietung an die Buchhändlerin 1987 oder das Erreichen des 65. Lebensjahres durch den Erblasser.

Die ESt-Erklärung 1988 des Erblassers mit dem Aufgabegewinn auf den Todestag habe der Kläger … unterzeichnet. Diese Erklärung könnte er aber für den Toten nicht wirksam abgeben. Vielmehr sei dessen ruhender Gewerbebetrieb in die Erbmasse eingegangen. Diese sei real geteilt und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem Kläger … zugeordnet worden. Diese Vorgehensweise setze voraus, daß die Erbengemeinschaft vorher den geerbten Gewerbebetrieb aufgegeben habe.

Im rechtskräftigen Urteil 5 K 2000/92 vom 19.12.1994 hat der Senat wie folgt entschieden:

„Die...

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