Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer eines Hochschullehrers

 

Leitsatz (amtlich)

Das häusliche Arbeitszimmer eines Hochschullehrers bildet nicht den Mittelpunkt seiner gesamten Tätigkeit als Hochschullehrer

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2011; Aktenzeichen VI R 71/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das häusliche Arbeitszimmer des Klägers den Mittelpunkt seiner gesamten Berufstätigkeit darstellt.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Beide Kläger erzielen Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit, der Kläger als Hochschullehrer und die Klägerin als Lehrerin. Der Kläger hat daneben Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Beteiligung an Mitunternehmerschaft und Stromerzeugung mit Fotovoltaik-Anlage) und in geringem Umfang aus selbstständiger Arbeit als Autor.

Beide Kläger haben ein häusliches Arbeitszimmer. Die Aufwendungen des Klägers für sein Arbeitszimmer im Streitjahr 2007 betrugen 1.079,96 €, die der Klägerin 529,88 €.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2007 machten die Kläger die Kosten für die Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Der Beklagte ließ diese Kosten nicht zum Abzug zu, da die Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der jeweiligen gesamten beruflichen Tätigkeit darstellen würden.

Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger zu dem Arbeitszimmer der Klägerin vor, diese müsse als Lehrerin zwangsläufig ein Arbeitszimmer unterhalten, da sie an der Schule nicht über ein Arbeitszimmer verfüge. Zu dem Arbeitszimmer des Klägers trugen sie vor, dieses stelle den Mittelpunkt seiner Tätigkeit dar.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 01.07.2009 hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für die häuslichen Arbeitszimmer zurückgewiesen; die Festsetzung wurde gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 4 AO wegen der Anwendung der Neuregelung zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (§§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b), 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) für vorläufig erklärt.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, der Kläger sei Hochschullehrer an der katholischen Universität X. Dort habe er den Lehrstuhl für neuere und neueste Geschichte inne. Das Arbeitszimmer bilde den Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit. Dort erbringe er die Handlungen und Leistungen, die für den von ihm ausgeübten Beruf wesentlich und prägend seien. Sowohl der quantitative als auch der qualitative Schwerpunkt seiner Tätigkeit lägen im häuslichen Arbeitszimmer.

Seine Tätigkeit umfasse gleichrangig die Bereiche Lehre und Forschung. Im Arbeitszimmer bereite er die Vorlesungen vor und nach. Hierfür habe er seit 1970 eine umfassende Spezialbibliothek aufgebaut, die ihm in dieser Form weder an der Universität noch in anderen frei zugänglichen öffentlichen Sammlungen zur Verfügung stehe. Diese enthalte über 10.000 Bücher, sowie Kopien und Verfilmungen aus deutschen, europäischen und amerikanischen Archiven, die für seine Forschungstätigkeit und zur Vorbereitung der Vorlesungen und Seminare von existenzieller Bedeutung seien. Die Forschungstätigkeit übe er ausschließlich im Arbeitszimmer aus.

Was die Prüfungstätigkeit angehe, sei das Korrigieren der Prüfungsarbeiten im häuslichen Arbeitszimmer deutlich stärker zu gewichten als die mündlichen Prüfungen.

Vom Arbeitsumfang her entspreche die Tätigkeit im Arbeitszimmer ca. 80% seiner gesamten beruflichen Tätigkeit. Er sei an vier Arbeitstagen, sowie am Wochenende und während der vorlesungsfreien Zeit dort ganzzeitig tätig.

Zudem sei §§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG in der für 2007 gültigen Fassung verfassungswidrig. Hinsichtlich des Arbeitszimmers der Ehefrau werde daher beantragt, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen.

Ergänzend wird auf die Klageschrift vom 03.06.2009 (Bl. 8 - 12 Prozessakte - PrA -), sowie die Schriftsätze vom 14.10.2009 (Bl. 55 - 57 PrA), vom 21.10.2009 (Bl. 66 PrA) und vom 18.11.2009 (Bl. 74/75 PrA) Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 18. September 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2009 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nicht selbstständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 1.079,96 € und bei den Einkünften der Klägerin aus nicht selbstständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 539,88 € berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, der Kläger halte sich lt. Anlage zur Einkommensteuererklärung an drei Tagen in der Woche an der Universität auf und habe deshalb aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt begründet. Dort stehe ihm ein Arbeitszimmer zur Verfügung. In den Vorjahren sei das häusliche Arbeitszimmer gleichwohl anerkannt worden, da er dort mehr als 50% seiner gesamten beruflichen Tätigkeit verrichtet habe.

Maßgeblich sei der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit. Dem zeitlichen Umfang komme nur indizielle Bedeutung zu. Bei einem Hochschullehrer s...

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