Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des kapitalertragsteuerlichen Gewinns bei einem Betrieb gewerblicher Art in der Rechtsform eines Regiebetriebs

 

Leitsatz (amtlich)

Der der Kapitalertragsteuer unterliegende Gewinn eines von einer Gebietskörperschaft unterhaltenen Betriebs gewerblicher Art in der Rechtsform eines Regiebetriebs ist nicht mit Verlusten aus früheren Jahren zu verrechnen.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3, Nr. 10b, § 43 Abs. 1 Nr. 7c, § 44 Abs. 6 S. 2; KStG §§ 4, 27 Abs 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.01.2008; Aktenzeichen I R 18/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der der Kapitalertragsteuer unterliegende Gewinn eines von einer Gebietskörperschaft getragenen Betriebs gewerblicher Art in der Rechtsform eines Regiebetriebs um Verluste aus früheren Jahren zu kürzen ist.

Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die einen Betrieb gewerblicher Art (im Folgenden: BgA) "Messen und Märkte der Stadt K" im Sinne des § 4 Körperschaftsteuergesetz -KStG- unterhält. Der BgA wird ohne eigene Rechtspersönlichkeit im städtischen Haushalt als sog. Regiebetrieb geführt. Für steuerliche Zwecke ermittelt der BgA seinen Gewinn bzw. Verlust durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz -EStG-.

Zum 31. Dezember 2001 wurde für den BgA ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer in Höhe von 480.248,00 DM (245.547,00 €) gesondert festgestellt. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG wurde ausgehend von einem Anfangsbestand zum 1. Januar 2001 von 0,00 € durch zuletzt geänderte Bescheide vom 4. August 2005, die nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, zum 31. Dezember 2001 und zum 31. Dezember 2002 jeweils auf 0,00 € festgestellt.

Im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 ermittelte die Klägerin für den BgA einen Gewinn in Höhe von 58.490,00 €, der dem Körperschaftsteuerbescheid des Beklagten für das Jahr 2002 vom 9. Januar 2004 zu Grunde gelegt wurde. Nach einer berichtigten Gewinnermittlung erging unter dem 3. Januar 2005 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid, in welchem ein Gewinn in Höhe von 40.238,00 € angesetzt wurde.

Nachdem die Klägerin für den BgA im Jahr 2002 keine Kapitalertragsteuer-Anmeldung vorgenommen hatte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2004 die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für August 2003 auf insgesamt 6.170,69 € fest. Als Bemessungsgrundlage wurde der in der Körperschaftsteuererklärung der Klägerin für das Jahr 2002 ermittelte Gewinn herangezogen; der steuerliche Verlustvortrag aus dem Vorjahr wurde nicht berücksichtigt. Nach Vorlage einer geänderten Gewinnermittlung reduzierte der Beklagte durch Bescheid vom 18. Juni 2004 die festgesetzte Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer auf 4.244,26 €. Zur Begründung der Bescheide führte der Beklagte aus, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung der Kapitalertragsteuer gem. § 43 Abs. 1 Nr. 7c EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG erfüllt seien. Die Kapitalertragsteuer sei 8 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres entstanden. Eine Kürzung des Gewinns um Verluste aus Vorjahren sei nicht möglich, weil ein in den kommunalen Haushalt eingegliederter Regiebetrieb keine Verlustvorträge ausweisen könne. Die Verluste aus früheren Jahren seien von der Klägerin bereits getragen worden. Die Kapitalertragsteuerpflicht bestehe daher unabhängig von einem steuerlich festgestellten Verlustvortrag.

Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein und trug zur Begründung vor, die unterbliebene Berücksichtigung von Verlustvorträgen sei mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Wesen eines BgA nicht zu vereinbaren. Für Zwecke der steuerlichen Erfassung eines BgA werde eine fiktive Verselbständigung vorgenommen. Es werde fingiert, dass es sich bei dem BgA um ein selbständiges Steuerrechtssubjekt in Form einer Kapitalgesellschaft und bei der Trägerkörperschaft um deren Alleingesellschafterin handele. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG müssten für Regiebetriebe und Eigenbetriebe die gleichen Grundsätze gelten. Bei einem Eigenbetrieb, der eine Handelsbilanz aufzustellen habe, könnten Verlustvorträge festgestellt werden, mit denen der Gewinn des laufenden Jahres handelsrechtlich verrechnet werden könne. Wegen der steuerlichen Gleichbehandlung müsse der Abzug eines Verlustvortrags auch bei einem Regiebetrieb möglich sein. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus dem Formular "KSt 1 Fa (2002)", in dem die Entwicklung des steuerlichen Einlagekontos für BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit festgestellt werde. Ein Regiebetrieb könne nach Spalte 4 des Formulars sowohl positive als auch negative Neurücklagen bilden. In Zeile 18 der Spalte 4 des Formulars sei der Bestand der Neurücklagen um das laufende Ergebnis des Wirtschaftsjahres zu korrigieren. Dies sei der im Wirtschaftsjahr ermittelte Gewinn bzw. Verlust. Für Leistungen würden danach vor...

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