Entscheidungsstichwort (Thema)

Pauschalrückstellungen für Gewährleistungen und Teilwertabschreibung bei halbfertigen Verlustbauten auf fremdem Grund und Boden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Bemessung eines Vergleichszeitraumes zum Zweck der Bildung einer pauschalen Rückstellung für Gewährleistungen ist eine ausreichende zeitliche Dimensionierung zwingend erforderlich, um unvermeidlichen Zufallsschwankungen angemessen begegnen zu können. Solche weit zurück liegenden Zeiträume dürfen aber in dem Umfang nicht mehr einbezogen werden, wie diese im Hinblick auf danach eingetretene neuere Entwicklungen kein reales Erfahrungsbild für die Zukunft mehr widerspiegeln und damit für die Bemessung der Höhe des Risikos nicht angemessen sind.

2. Entgegen der BFH-Rspr. (zuletzt v. 10. Juli 2002 I R 79/01, DStR 2002, 181 0) sind halbfertige Bauten eines Bauunternehmers auf fremdem Grund und Boden handels- und steuerrechtlich nicht als Forderungen zu behandeln.

3. Das Passivierungsverbot für Drohverlustrückstellungen gemäß § 5 Abs. 4a EStG steht der steuerlichen Anerkennung von Teilwertabschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG grds. nicht entgegen.

4. Eine Teilwert-Abschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG kann im Zusammenhang mit einem Verlustgeschäft bei halbfertigen Bauten auf fremdem Grund und Boden lediglich insoweit erfolgen, als sich die Unterdeckung zum Bilanzstichtag bereits anteilig realisiert hat.

5. Die Unterdeckung als Maßstab der Teilwert-Abschreibung bemisst sich nach dem jeweiligen Stand der teilfertigen Arbeiten, also dem Grad der Baufertigstellung; dies schließt nicht die Berücksichtigung besonderer verlustbringender Umstände im Einzelfall aus.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1, 4a, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3, Nr. 2 S. 2; HGB § 249 Abs. 1 S. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6a, § 253 Abs. 2 S. 3, Abs. 3, § 266 Abs. 2; BGB § 320

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.09.2005; Aktenzeichen VIII R 1/03)

 

Tatbestand

Streitig ist der Ansatz pauschaler Gewährleistungsrückstellungen und pauschaler Entgeltminderungen sowie die Bilanzierung unfertiger Verlustbauten.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft und betreibt ihr Gewerbe im Bereich der Durchführung von Tief-, Straßen- und Ingenieurbau sowie im Betrieb von Steinbrüchen und Aufbereitungsanlagen. Sie führt dabei überwiegend Werklieferungs- und Werkleistungsverträge sowie alle vergleichbaren Leistungen im Baugewerbe aus.

In der Zeit vom 7. September 1999 bis 7. Februar 2000 fand eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1998 statt. Dabei konnte hinsichtlich der Ermittlung von pauschalen Gewährleistungsrückstellungen, den Rückstellungen für pauschale Entgeltminderungen und der Berücksichtigung von Verlusten bei der Bewertung unfertiger Bauleistungen keine Übereinstimmung erzielt werden:

1. Pauschale Gewährleistungsrückstellungen

Die Klägerin setzte in ihren Bilanzen für die streitigen Veranlagungszeiträume pauschale Gewährleistungsrückstellungen an, die der Prüfer nicht in der geltend gemachten Höhe anerkannte:

Bilanzstichtag

Rückstellungsbetrag lt. Handelsbilanz

Rückstellungsbetrag lt. Prüfungsbilanz

Differenz

DM

DM

DM

31.12.1995

955.500

641.800

- 313.700

31.12.1996

919.000

571.000

- 348.000

31.12.1997

911.200

560.200

- 351.000

31.12.1998

852.300

491.000

- 361.300

Der Prüfer führte dazu im Betriebsprüfungsbericht aus:

"Die Berechnung der pauschalen Rückstellung für Garantieleistungen erfolgte auf Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen der Jahre 1982-1998.

Die Firma muss nach den vorliegenden Zahlen damit rechnen, dass max. 9 Jahre nach der Abnahme noch Garantiearbeiten anfallen. Nach den Aufzeichnungen der Firma sind die Aufwendungen für Garantiearbeiten in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Dadurch, dass bei der Berechnungsmethode der Firma aber per 31.12.1998 der Schnitt aus 17 Jahren (in den Vorjahren entsprechend weniger) genommen wurde, wird dies nur in sehr abgemilderter Höhe berücksichtigt.

Die angewandte Methode berücksichtigt zu wenig den aktuellen Trend. Der Ermittlungszeitraum wird daher entsprechend dem BFH-Urteil vom 7.10.1982, BStBl. 1983 II S. 104 ff. auf 10 Jahre begrenzt.“

"Die Klägerin hat in den zurückliegenden Jahren folgende Gewährleistungsaufwendungen gehabt:

1982

443.758 DM

1983

312.335 DM

1984

329.052 DM

1985

667.049 DM

1986

393.449 DM

1987

242.530 DM

1988

267.423 DM

1989

246.453 DM

1990

187.203 DM

1991

132.066 DM

1992

246.796 DM

1993

201.720 DM

1994

208.823 DM

1995

50.368 DM

1996

209.489 DM

1997

122.049DM

1998

52.315 DM

2. Pauschale Entgeltminderungen

Die Klägerin setzte in ihren Bilanzen für die streitigen Veranlagungszeiträume pauschale Rückstellungen für Entgeltminderungen an. Der Prüfer setzte die pauschalen Rückstellungen für Entgeltminderungen lediglich in folgender Höhe an:

lt. Handelsbilanz

lt. Prüfungsbilanz

Differenz

DM

DM

DM

31.12.1995

721.300

370.800

-350.500

31.12.1996

695.800

380.900

-314.900

31.12.1997

674.100

424.900

-249.200

31.12.1998

677.400

374.000

-303.400

Der Prüfer führte dazu in seinem Bericht aus:

"D...

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