Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.06.1997; Aktenzeichen X R 74/95)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Kläger die Kosten für den Besuch einer ausländischen Privatschule als Sonderausgaben abziehen können.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1992 machten sie u. a. Schulgeld für ihren im Jahre 1981 geborenen Sohn geltend, der seit April 1991 die „…” in … besucht. Die Schüler dort sind, da sie in den fast täglich stattfindenden Messen singen, notwendig im Internat untergebracht. Nach den Angaben des Klägers wurden die Internatskosten von der … als Stipendium übernommen, wobei zusätzlich jedoch ein Schulgeld zu bezahlen sei, das der Kläger im Streitjahr mit 8.305,00 DM bezifferte.

Der Beklagte erkannte einen Abzug von 30 % dieser Kosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz –EStG– nicht an, da ausländische Schulen von dieser Vorschrift nicht begünstigt seien (Einkommensteuerbescheid für 1992 vom 10. November 1993). Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 1993 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage tragen die Kläger vor, daß die Nichtanwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf die mit einem Chorgymnasium vergleichbare … Schule nicht mit der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck dieser Gesetzesvorschrift zu vereinbaren sei. Danach sollten finanzielle Belastungen, die aus der Entscheidung für allgemeinbildende Schulen in privater Trägerschaft resultierten, Berücksichtigung finden. Der Kreis förderungswürdiger Privatschulen sollte von dem anderer Schulen abgegrenzt werden, die keine steuerliche Berücksichtigung finden könnten, eine Unterscheidung zwischen deutschen und ausländischen Schulen sei dabei in keinem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens angesprochen worden. Auch komme der Aufzählung keine abschließende, sondern lediglich beispielhafte Bedeutung förderungswürdiger Schulen zu.

Sollte das Gericht entgegen den vorstehenden Darlegungen zu der Auffassung gelangen, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sei auf Auslandsschulen nicht anwendbar, regten die Kläger eine Vorlage nach Artikel 177 EWG-Vertrag (jetzt: EG-Vertrag) an den Europäischen Gerichtshof an, da nach ihrer Auffassung § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG gegen Artikel 59 Abs. 1 und 6 Abs. 1 EG-Vertrag verstoße. Es liege ein Verstoß gegen die durch Artikel 59 EG-Vertrag gewährleistete passive Dienstleistungsfreiheit vor, die die Fälle umfasse, in denen der Dienstleistungsempfänger einen Ortswechsel vornehme und sich in das Land des Dienstleistungserbringens begebe. Die Höhe des Schulgeldes sei ein nicht unwesentlicher Gesichtspunkt bei der Entscheidung für eine Privatschule. Diese werde durch die Gewährung von Steuervergünstigungen nur für den Besuch deutscher Privatschulen eingeschränkt. Für die steuerliche Ungleichbehandlung gebe es keinen sachlichen Grund, so daß auch das Gebot der Gleichbehandlung nach Artikel 6 EG-Vertrag verletzt sei.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 1993 den Einkommensteuerbescheid für 1992 vom 10. November 1993 dahin zu ändern, daß 30 % des in 1992 gezahlten Schulgeldes von 8.305,00 DM als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG berücksichtigt werden,

hilfsweise,

die Sache gemäß Artikel 177 EG-Vertrag dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, daß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht auf Auslandsschulen anwendbar sei, weil das deutsche Recht nicht für Schulen im Ausland gelte, da die Genehmigung einer ausländischen Schule nach Artikel 7 Abs. 4 GG nicht möglich sei. Dies ergebe sich schon daraus, daß Zahlungen an deutsche Schulen im Ausland auch nicht anerkannt würden. Hierin liege auch kein Verstoß gegen EG-Recht, da es Sache des jeweiligen Gesetzgebers sei, in welcher Form und in welchem Umfang er Steuervergünstigungen gewähre. Auch unter EG-rechtlichen Gesichtspunkten könne es unterschiedliche Konsequenzen haben, ob ein Inlands- oder Auslandssachverhalt vorliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kommt nicht in Betracht, da ein Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften nicht vorliegt.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind Sonderausgaben 30 % des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er einen Kinderfreibetrag erhält, für den Besuch einer gemäß Artikel 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, für Betreuung und Verpflegung.

Auf Auslandsschulen ist diese Vorschrift nicht anwendbar, weil das deutsche Recht nicht für Schulen im Ausland gilt. Der Gesetzgeber hat ausdrückli...

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