Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine doppelte Haushaltsführung beim Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Eheleuten ist der Lebensmittelpunkt am weiter entfernt liegenden Wohnort nur dann evident, wenn dort der Ehegatte lebt und die eheliche Gemeinschaft aufrecht erhalten wird. Dies kann auch dadurch geschehen, dass der Ehepartner den Arbeitnehmer am Beschäftigungsort besucht. Unterhält der Arbeitnehmer dagegen mit seiner Familie am Beschäftigungsort einen Hausstand, so fehlt es regelmäßig am Lebensmittelpunkt in dem weiter entfernt liegenden Wohnort.

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit einer doppelten Haushaltsführung.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Sie sind bulgarische Staatsangehörige, Eltern eines 1991 geborenen Kindes und Eigentümer einer Wohnung und eines Landhauses in Bulgarien. Der Kläger ist Elektroingenieur, die Klägerin Diplom-Informatikerin. Beide hatten im Streitjahr 2002 Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit. Die Klägerin hatte aufgrund der so genannten "Greencard-Regelung" eine auf fünf Jahre befristete Arbeitsgenehmigung als Programmiererin erhalten. Im Streitjahr 2002 lebten die Kläger mit dem gemeinsamen Kind in S. Sie unternahmen im Streitjahr insgesamt drei Reisen nach Bulgarien.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 machten sie bei den Einkünften des Klägers aus nicht selbstständiger Arbeit folgende Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend:

Familienheimfahrten 1.700 km x 0,40 € x 3

2.040,00 €

Kosten der Unterkunft

8.675,00 €

Der Beklagte erkannte die Aufwendungen nicht an. Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger vor, die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung seien versehentlich beim Kläger geltend gemacht worden. Tatsächlich handele es sich um Werbungskosten der Klägerin. Diese habe aufgrund der Greencard-Regelung eine auf fünf Jahre befristete Arbeitsgenehmigung. Nach Ablauf dieser Frist sei sie verpflichtet, nach Bulgarien zurückzukehren. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses und das Risiko der Arbeitslosigkeit seien die Gründe, weshalb die Kläger ihren Wohnsitz in ... nicht aufgegeben hätten. Die dreimal jährlich stattfindenden Heimfahrten dienten der Aufrechterhaltung der Beziehungen und Überprüfung des Zustandes der Wohnungen. Der Lebensmittelpunkt der Familie befinde sich somit weiterhin in Bulgarien. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06.08.2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, bei der am 31.05.2000 vom Bundeskabinett beschlossenen Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IT-ArGV) handele es sich um eine zeitlich befristete und auf den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie begrenzte eigenständige Regelung (IT-Greencard-Verordnung). Die Bundesregierung, die Bundesanstalt für Arbeit und die deutsche Wirtschaft hätten sich verpflichtet, im Rahmen dieser Offensive dafür Sorge zu tragen, dass mittelfristig der Bedarf an IT-Fachkräften durch den inländischen Arbeitsmarkt abgedeckt werde. Im Rahmen des IT-Programms werde ausländischen IT-Fachleuten eine Arbeitsgenehmigung erteilt. Als Bewerber kämen IT-Fachleute mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland in Betracht. Die Arbeitserlaubnis werde für die Dauer der Beschäftigung, längstens aber für 5 Jahre erteilt. Innerhalb dieses Zeitraums könne der Arbeitgeber gewechselt werden. Bei einer Verlängerung der Beschäftigung innerhalb der fünf Jahre, bzw. bei einem Arbeitgeberwechsel finde keine erneute Arbeitsmarktüberprüfung statt.

Damit sowohl Ehepartner als auch minderjährige Kinder sofort nach Deutschland mitgenommen werden könnten, müssten zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • dem Bewerber müsse die Arbeitserlaubnis zugesichert sein
  • die Ehe müsse bereits zum Zeitpunkt der Einreise bestehen

Im Verfahren sei allerdings auch der Nachweis zu erbringen, dass eine ausreichende Wohnung in Deutschland zur Verfügung stehe. Fehle zum Zeitpunkt der Einreise eine ausreichende Wohnung, so könnten Ehepartner und Kinder nachziehen, wenn eine entsprechende Wohnung gefunden worden sei. Auch dem mitgereisten Ehepartner werde der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt eröffnet. Nach einer Wartezeit von zwei Jahren könne er selbst eine Arbeitsgenehmigung erhalten.

Im Streitfall sei der Klägerin aufgrund der Greencard-Regelung eine Arbeitserlaubnis erteilt worden. Eine doppelte Haushaltsführung liege vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhalte, beschäftigt sei und auch am Beschäftigungsort wohne (zweiter Haushalt). Erforderlich sei also die Aufsplittung der ansonsten üblichen einheitlichen Haushaltsführung auf zwei Wohnungen.

Die Begründung der doppelten Haushaltsführung sei erfolgt durch die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit durch die Klägerin in Deutschland. Der zwe...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge