Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmereigenschaft bei mehreren wirtschaftlichen Betätigungen von Eheleuten (Partyservice), ermäßigter Steuersatz bei Trennung Speiselieferung und Gestellung von Besteck und Tellern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Welcher Ehegatte als Unternehmer zu erfassen ist, richtet sich i.d.R. danach, in wessen Namen die maßgebenden Umsätze ausgeführt wurden (Best. der Rspr.). Im Streitfall haben der Kläger (Speisenlieferung) und seine Ehefrau (Gestellung von Besteck und Tellern) jeweils ein eigenständiges Unternehmen betrieben.

2. Ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO liegt darin nicht.

3. Unter Berücksichtigung der Rspr. des EuGH (C-502/09) unterliegen die streitbefangenen und getrennt zu beurteilenden Umsätze des Klägers dem ermäßigten Steuersatz i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

 

Normenkette

AO § 42; Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 Art. 5; Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 Art. 6; UStG § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.04.2013; Aktenzeichen V R 28/12)

BFH (Urteil vom 11.04.2013; Aktenzeichen V R 28/12)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze eines Partyservicebetriebes.

Der Kläger betreibt in B eine Metzgerei und einen Party-Service und erzielt hieraus steuerpflichtige Umsätze. Die neben dem Metzgerladen befindliche Gaststätte hat der Kläger an seine Ehefrau vermietet. In den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre 2000 und 2001 gab der Kläger die Umsätze zum ermäßigten Steuersatz in folgender Höhe an (ohne unentgeltliche Wertabgaben): 2000 - 855.129,00 DM und 2001 - 1.001.257,00 DM. Der Beklagte stimmte diesen Erklärungen mit jeweils angemeldeten Überschüssen zugunsten des Klägers zunächst zu (Steuerfestsetzung gem. § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung).

Am 10.11.2003 fand in dem Unternehmen des Klägers eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Streitjahre statt, die sich auf die Umsätze zum ermäßigten Steuersatz erstreckte. Nach Ansicht des Prüfers bot der Kläger im Rahmen seines Party-Services neben verzehrfertigen Speisen weitere Dienstleistungen an und nahm u.a. Bezug auf einen Handzettel aufgelegt unter dem Namen:

Grafik - d5012157.gif

In dem Handzettel wurde - neben Buffet- und Menüvorschlägen - auch Leihgeschirr angeboten, wobei sich der Preis bei ungespülter Rückgabe des Geschirrs verdoppelte. Daneben wurden noch weitere Leistungen erbracht, die in den einzelnen Rechnungen mit Tische, Tischwäsche bzw. Gestellung von Personal bezeichnet sind. Die schriftlichen Angebote der Metzgerei A. A. werden unterteilt in „Lieferung von Speisen“ und „Zur Verfügung stellen von Besteck, Porzellan etc.“. In einem separaten Merkblatt A Metzgerei – R...’s Party Service wird auf Folgendes hingewiesen:

„Betreff: Zusatzleistungen

Speisen außer Haus werden grundsätzlich mit 7 % versteuert.

Seit dem 01.01.2000 müssen nach dem Gesetz bei Essenslieferungen außer Haus mit Zubehör wie Tischwäsche, Geschirr, Tische etc. sowie das Reinigen des zur Verfügung gestellten Geschirrs, mit 16 % versteuert werden.

Essen und Trinken nicht getrennt berechnet muss die gesamte Veranstaltung mit 16 % versteuert werden.

Um zusätzliche Kosten zu vermeiden, haben wir für diese Leistungen eine andere Kontonummer.

Bitte überweisen Sie die Zusatzleistungen auf das unten angegebene Konto.“

Der Kläger erteilte in den nachfolgen aufgeführten Fällen Rechnungen über Essenslieferung und Zusatzleistungen (Geschirr) und wandte hierfür den ermäßigten Steuersatz an:

Kalenderjahr 2000

Lieferung

Re-Datum

Re-Nr. Empfänger

brutto DM

netto DM

16.12.2000

20.12.2000

2935

674,00

629,91

15.01.2000

18.01.2000

2283

694,81

649,36

25.02.2000

28.02.2000

2238

333,00

311,21

18.03.2000

28.03.2000

2370

568,10

530,93

25.03.2000

28.03.2000

2376

489,00

457,01

01.04.2000

14.04.2000

2395

276,00

257,94

15.04.2000

17.04.2000

2415

771,78

721,29

15.05.2000

16.05.2000

2480

339,95

317,71

30.06.2000

03.07.2000

2589

438,00

409,35

4.584,64

4.284,71

Kalenderjahr 2001

Lieferung

Re-Datum

Re-Nr. Empfänger

brutto DM

netto DM

09.11.2000

02.03.2001

3068

751,50

702,34

25.05.2001

28.05.2001

3265

2.050,00

1.915,89

09.06.2001

11.06.2001

3304

1.404,20

1.312,34

22.07.2001

23.07.2001

3412

1.305,00

1.219,63

5.510,70

5.150,19

Für die folgenden Umsätze berechnete der Kläger für die Essenslieferungen 7 v.H. über die entsprechende Zusatzleistung liegen Rechnungen von Frau R. A. über 16 v.H. Umsatzsteuer vor.

2000

2001

55.410,00 DM

92.604,00 DM

In Einzelfällen stellte der Beklagte (Einspruchsentscheidung, Bl. 11 f. PA) noch folgende „Besonderheiten“ festgestellt:

  • Eine Auftragsbestätigung über Essen plus Geschirr mit jedoch zwei getrennten Rechnungen.
  • Rechnungen erteilt von R. A. über Gestellung von Tellern und Besteck mit dem Text aus dem „Merkblatt“ mit Zeichnung „Mit freundlichen Grüßen A. A.“ oder „R. u. A. A.“.
  • Die Rechnung der Metzgerei A. A. vom 19.11.2001 an Frau B. H., K. über Speisen enthält den Hinweis, dass wegen nicht vollständiger Lieferung der Leihpreis des Geschirrs v...

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