Entscheidungsstichwort (Thema)

Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG kein Verfassungsverstoß

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wegfall des Sonderausgabenabzuges für Steuerzinsen stellt, auch soweit die Zinsen für vor dem 01. Januar 1999 liegende Zeiträume geleistet wurden, keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung dar. Das auf den Fortbestand der bisherigen Gesetzeslage gerichtete Vertrauen des Bürgers hat hinter dem mit der Gesetzesänderung realisierten, dem Gemeinwohl dienenden Anliegen des Gesetzgebers zurückzutreten. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass diese Steuervergünstigung, mit der der Gesetzgeber eine Ausnahme von dem Grundsatz machte, dass privat (hier durch das Hinausschieben von Einkommensteuerzahlungen) veranlasste Aufwendungen einkommensteuerrechtlich irrelevant sind, künftig und für eine unabsehbare Zeit beibehalten wird, denn die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist nicht geschützt.

 

Normenkette

GG Art. 20 Abs. 3; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 5 i.d. bis 31.12.1998

 

Tatbestand

Streitig ist der Abzug von Steuerzinsen als Sonderausgaben.

Die Kläger, zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr äZinsen für die Stundung von Einkommensteuer 1990 und 1992 bzw. von Vermögensteuer 1990 und 1991 i. H. v. insgesamt 3.637,-- DM als Sonderausgaben geltend. In dem Einkommensteuerbescheid 1999 vom 11. Oktober 2001 (Bl. 33 ff/99 ESt-Akten) blieben diese Aufwendungen entsprechend der ab dem Veranlagungszeitraum 1999 gültigen Rechtslage jedoch unberücksichtigt.

Mit ihrem hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch wendeten die Kläger unter Hinweis auf einen in NWB Nr. 40 vom 04. Oktober 1999 abgedruckten Artikel, wegen dessen Inhaltes auf Bl. 41 ff/99 ESt-Akten Bezug genommen wird, ein, gegen die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG alter Fassung bestünden verfassungsrechtliche Bedenken.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 02. Januar 2002 (Bl. 50 ff/99 ESt-Akten) zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Einkommensteuer entstehe jährlich mit Ablauf des Kalenderjahres, so dass sie für jeden Veranlagungszeitraum nach Maßgabe des für dieses Jahr gültigen Einkommensteuergesetzes zu ermitteln sei. Für den streitigen Zeitraum sei ein Sonderausgabenabzug von Zinsen nicht mehr vorgesehen. Daran könnten auch die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger nichts ändern, denn die Finanzverwaltung sei als Teil der vollziehenden Gewalt nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes an Gesetz und Recht gebunden. Die Verwaltung sei deshalb nicht befugt, die Vorgaben des Gesetzgebers beim Vollzug der Gesetze, also der Besteuerung im Einzelfall, nicht zu beachten. Sie habe zudem nach den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen des § 85 AO die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben, sich also nach dem Legalitätsprinzip zu verhalten.

Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger weiterhin den Abzug der o. g. Zinsen als Sonderausgaben. Sie sind der Auffassung, die ersatzlose Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG durch Art. 1 Abs. 1, Abs. 15 des Steuerentlastungsgesetzes vom 24.03.1999 mit Wirkung ab dem 01. Januar 1999 stelle eine echte Rückwirkung dar und sei daher verfassungswidrig.

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 11. Oktober 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02. Januar 2002 dahin zu ändern, dass Zinsen i. H. v. 3.637,-- DM als Sonderausgaben Berücksichtigung finden.

Der Beklagte wiederholt seinen bereits in der Einspruchsentscheidung dargestellten Rechtsstandpunkt und beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 28. November 2003 (Bl. 26 Prozessakten) wurden die Kläger gebeten, mitzuteilen, wie sich der von ihnen geltend gemachte Zinsbetrag im einzelnen zusammensetzt und wann die Zinsen gezahlt wurden. Wegen der hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 09. Dezember 2003 vorgelegten Unterlagen und der weiteren Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Kläger wird auf Bl. 29 und 30 Prozessakten sowie auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 31 ff Prozessakten) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den Ansatz der geltend gemachten Zinsen zu recht abgelehnt, da es für ihre Berücksichtigung ab dem streitigen Veranlagungszeitraum an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage mangelt.

Nach dem insbesondere auch für den Abzug von Sonderausgaben geltenden Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG sind Ausgaben für den Veranlagungszeitraum abzusetzen, in dem sie - und nicht: für den sie - geleistet wurden. Mit dem Steuerentlastungsgesetz1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt I 1999, 402) wurde § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG alter Fassung, nach dem ab dem Veranlagungszeitraum 1990 Zinsen gem. §§ 233a, 234 und 237 AO als Sonderausgaben abgezogen werden konnten, für Veranlagungszeiträume ab 1999 aufgehoben. Nachzahlungs-, Stundungs- und Aussetzungszinsen sind damit nur noch dann als Sonde...

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