Entscheidungsstichwort (Thema)

In welchem Umfang können gem. § 165 Abs. 1 AO ergangene Bescheide geändert werden

 

Leitsatz (amtlich)

Das Finanzamt braucht nachrangige Fragen zunächst nicht abschließend prüfen, wenn es eine Besteuerungsgrundlage nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig anerkennt. Wenn es aber die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb für vorläufig erklärt, handelt es sich bei der Frage, ob ein Forstbetrieb oder eine sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorliegt nicht um eine nachrangige Frage, sondern um eine vorrangige Hauptfrage.

 

Normenkette

AO §§ 32, 165 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.03.2010; Aktenzeichen IV R 60/07)

BFH (Urteil vom 17.03.2010; Aktenzeichen IV R 60/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, in welchem Umfang der für 1999 gem. § 165 Abs. 1 AO vorläufig ergangene Bescheid geändert werden konnte.

Mit Vertrag vom 1. Januar 1999 pachtete der Kläger von seinen Eltern, den Eheleuten M, R-Weg in A bei P, das in der 6 km entfernt liegenden Gemeinde R bei P gelegene Grundstück Flur 10, Nr. 106 mit einer Fläche von 4,75 ha Grünland (Bl. 1 Sonderakte). In diesem Vertrag wurde als Pachtdauer der Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2011 angegeben. Weiter wurde vereinbart, dass der Pachtvertrag sich auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn er nicht spätestens am 3. Werktag des vorletzten Jahres vor Pachtende schriftlich gekündigt wird. Unter zusätzlicher Vereinbarung war zudem vermerkt:

„Der Pächter legt auf der Fläche eine Schmuckreisig- und Weihnachtsbaumkultur an. Der Pächter wird die Fläche bei Beendigung des Pachtverhältnisses räumen und als Grünland einsäen“.

Mit Schreiben vom 12. März 1999 erteilte das Forstamt S Herrn M (Vater des Klägers) für das vorgenannte Grundstück eine Genehmigung zur Änderung der Bodennutzungsart gem. § 14 Abs. 1 Landesforstgesetz - LFG - zur Aufforstung als Weihnachtsbaumkultur. Diese Genehmigung erfolgte unter der Auflage, dass die Bäume spätestens in dem Jahr zu nutzen sind, in dem sie eine Höhe von maximal 3 m erreicht haben (Bl. 5 Sonderakte). Am 28. Oktober 1999 stellte der Vater des Klägers nochmals einen Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Änderung der Benutzungsart-Aufforstung. Mit Genehmigungsbescheid vom 22. Januar 2002 wurde zunächst der Versagungsbescheid vom 26. April 2000 zurückgenommen und die Genehmigung zur Neuanlage einer Weihnachtsbaumkultur auf bestimmten Flächen erlaubt. Hier wurde nochmals ausgeführt, dass die Weihnachtsbaumkultur eine Höhe von 3 m nicht überschreiten darf, d.h., dass jeder Baum, der eine Höhe von 3 m überschreitet, spätestens zum 31. Dezember eines jeden Jahres zu entnehmen ist. Anstelle des entfernten Baumes darf ein neuer gepflanzt werden. In dieser Genehmigung ist auch ausgeführt, dass gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 LFG eine Weihnachtsbaumkultur, die am Wald anschließt, nur mit Genehmigung des Forstamtes neu angelegt werden darf (Bl. 1 f./Genehmigung Sonderakte).

Im Frühjahr legte der Kläger auf der o.g. Fläche und einem Teil der Fläche Flur 10 Nr. 107 mit einer Größe von 0,2800 ha noch im Frühjahr 1999 eine Schmuckreisigkultur an. Die insgesamt angepflanzte Fläche von 4,7104 ha wurde mit 23.600 Stück Abies nordmanniana bzw. Abies nobilis bepflanzt (Rechnung vom 27. April 1999 Bl. 27 Bilanzakte). Über die Beschaffung der Pflanzen, das Einpflanzen und verschiedene Unkrautbekämpfungsmaßnahmen legte der Kläger Rechnungen vor (Bl. 33 f. Bilanzakten).

Mit Vertrag vom 12. Dezember 2000 pachtete der Kläger weitere Flächen in O von den Eheleuten P. Auch hier war vermerkt, dass der „Anbau Weihnachtsbäume -Schmuckreisig“ erfolgte. Die Grundstücksfläche beträgt 1,9465 ha und der Vertrag läuft 15 Jahre vom 30. Dezember 2000 bis 30. Dezember 2015. Als weiterer Punkt ist vermerkt, dass die Grundstücke nach Ablauf der 15-jährigen Pachtzeit geräumt und als Grünland zurückgegeben werden - wie angetreten (Bl. 1/Pachtvertrag P Sonderakte).

Am 4. September 2000 (vgl. Gewinnermittlung) reichte der Kläger die Feststellungserklärung 1999 ein und zwar für einen Forstbetrieb, aus dem er einen Verlust von 84.679,56 DM geltend machte. Hierzu hat er in der Anlage L als Wirtschaftsjahr den 1. Januar bis 31. Dezember angegeben und in Zeile 2, in der Spalte „nach § 4 Abs. 1 od. 3 EStG ermittelter Gewinn“ den vorgenannten Verlust eingetragen. Außerdem wurde für den Forstbetrieb K.M. (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden) eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG mit dem Wirtschaftsjahr 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 1999 eingereicht. Mit Schreiben vom 9. Februar 2001 wurde der Kläger aufgefordert, weitere Unterlagen (Anpflanzungsarbeiten, Pachtvertrag, Fremdarbeiten) vorzulegen und darauf hingewiesen, dass die Anschaffungskosten der Erstaufforstung nach Abschnitt 212 Abs. 1 Satz 6 Einkommensteuerrichtlinien -EStR- zu aktivieren sind (Bl. 14 Bilanzakte).

Mit Bescheid vom 4. Mai 2001 stellte der Beklagte die Einkünfte des Klägers aus dem landwirtschaftlichen Betrieb in A mit ./. 53.584,00 DM fest (./. 84.679,56 DM + 31.095,85 DM). Der Bescheid er...

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