Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Steuerfreiheit von aus öffentlichen Kassen gezahlten Pflegegelder nach § 3 Nr. 11 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Bezüge aus öffentlichen Mitteln sind als Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG nur für denjenigen steuerfrei, dem sie bewilligt worden sind. Aus kommunalen Mitteln gewährte Beihilfen zur Deckung der Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes sind daher auch dann nicht steuerfrei, wenn auf Antrag der Eltern die Zahlung unmittelbar an die Betreuungsperson erfolgt.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 11, § 18 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob vereinnahmte Pflegegelder der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG unterliegen.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Zunächst wurden sie durch den Beklagten entsprechend ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 bis 1998 mit den Einkünften des Ehemannes aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlagt.

Nach Bestandskraft der Bescheide erfuhr der Beklagte von der Klägerin, dass sie seit dem 21. Oktober 1996 zwei Kinder als sogenannte "Tagesmutter" betreute und dafür ein monatliches Entgelt von 700 DM erhielt. Nach dem mit der leiblichen Mutter der betreuten Kinder abgeschlossenen Pflegevertrag vom B. Oktober 1996 sollten diese an verschiedenen Wochentagen stundenweise betreut werden, indem die Klägerin die Pflege und Betreuung sowie die Mahlzeiten während der Betreuungszeiten sicherstellen sollte. Die Mutter der Kinder erhielt von der Kreisverwaltung des Landkreises … einen Zuschuss zu den Pflegekosten, der aus Praktikabilitätsgründen direkt auf das Konto der Kläger überwiesen wurde (BI. 37, 62 d. ESt-Akte).

Der Beklagte änderte die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1998 und setzte in den Einkommensteueränderungsbescheiden 1996 bis 1998 vom 5. Januar 2000 die Pflegegeldzahlungen als Einnahmen der Klägerin aus selbständiger Arbeit an. Unter Berücksichtigung einer Betriebsausgabenpauschale von 50 v.H. der Einnahmen wurde die Einkommensteuer für die Streitjahre 1996 auf 8.814,- DM, für 1997 auf 9.812,DM und für 1998 auf 10.694,- DM festgesetzt.

Hiergegen legten die Kläger am 21. Januar 2000 Einspruch mit der Begründung ein, dass es sich bei den Pflegegeldern um öffentliche Mittel handele, die steuerfreie Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 11 darstellten. In seiner Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2001 erhöhte der Beklagte die Betriebsausgabenpauschale pro Kind von 175,- DM auf 240,- DM. Im Übrigen wies er den Einspruch zurück. Hiergegen legten die Kläger am 30. November 2001 Klage ein.

Sie tragen vor, das an die Klägerin gezahlte Betreuungsgeld sei nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, da der Gesetzeswortlaut lediglich verlange, dass es sich um Beihilfen aus öffentlichen Mitteln handele, die zu dem Zweck bewilligt worden seien, die Erziehung oder Ausbildung zu fördern, wobei es nicht auf die Person des Empfängers ankomme. Die vom BFH in seinem Urteil vom 19. Juni 1997 vorgenommene Einschränkung des begünstigten Personenkreises auf diejenigen Personen, die nach der Vorstellung der bewilligenden Stelle einer Beihilfe bedürfen, überzeuge nicht, da dies dazu führe, dass man von einer öffentlichen Stelle bewilligte Beihilfen an eine andere öffentliche Stelle zurückführe. Es könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein, dass Beihilfen entsprechend erhöht werden müssten, um das bisherige Leistungsniveau zu erhalten, damit weiterhin zur Betreuung bereite Pflegepersonen zu finden seien. Im übrigen sei den Klägern vom Kreisjugendamt mitgeteilt worden, dass die an die Eltern gewährte Beihilfe auch bei ihnen steuerfrei sei.

Die Kläger beantragen,

die geänderten Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1998 vom 5. Januar 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass es sich bei den Pflegegeldleistungen um steuerpflichtige Einnahmen nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus einer sonstigen selbständigen Tätigkeit handele, die nicht nach § 3 Nr. 11 steuerfrei seien, da zwar die Zahlung, nicht aber die Bewilligung gegenüber der Klägerin erfolgt sei.

Dies ergebe sich aus dem Zweck der Norm, die sicherstellen solle, dass Zahlungen der öffentlichen Hand an Hilfsbedürftige nicht zu schmälern seien.

Im Hinblick darauf seien Bezüge aus öffentlichen Mitteln als Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11 nur für denjenigen steuerfrei, dem sie bewilligt worden seien.

In der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2002 haben die Kläger das Ihnen kurz zuvor vom Kreisjugendamt … übersandte Informationsblatt für Tagespflegepersonen dem Gericht überreicht.

Nach dem Informationsblatt werden Personen, die ein fremdes Kind versorgen oder erziehen über die Voraussetzungen der Steuerfreiheit der aus öffentlichen Mitteln gezahlten Steuergelder informiert. Diese Pauschalbeurteilung wird an die Voraussetzung geknüpft, dass die Tagespflegepersonen tatsächlich ausschließlich nur Pflege- und Erziehungsgelder aus öffentlichen ...

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