Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuersatz für die Abgabe von verzehrfertigen Lebensmitteln

 

Leitsatz (amtlich)

Wird durch Stehtische und einen vor Witterungseinflüssen schützenden großen Marktschirm eine -den Verhältnissen eines Wochenmarktes angepasste- Essatmosphäre geschaffen, die den Raum zur Einnahme der angebotenen Speisen und Getränke vom öffentlichen Verkehrsraum abgrenzt und einen entscheidenden Anreiz zum Verzehr an Ort und Stelle darstellt, so geht dies über die mit der Vermarktung der angebotenen Speisen notwendig verbundenen Dienstleistungen hinaus.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 9 S. 4; EWGRL 388/77 Art. 5-6

 

Tatbestand

Strittig ist der Steuersatz für die Abgabe von verzehrfertigen Lebensmitteln.

Der Kläger betreibt eine Metzgerei mit einem Ladengeschäft in S. An Markttagen stellt der Kläger auf dem Markt in B und auf dem M...er Wochenmarkt regelmäßig einen Verkaufswagen auf.

In Juni 2005 fand beim Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt (Bericht vom 13. Oktober 2005, Blatt 4 ff der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte). Dabei stellte die Umsatzsteuer-Sonderprüferin fest, dass beim Verkauf auf den Märkten vom Verkaufswagen ein Verkauf von Wurstwaren zum Verkehr an Ort und Stelle erfolgt war. Da auf den Märkten vor dem Verkaufswagen Stehtische aufgestellt waren, die teilweise mit einem großen Marktschirm vor Regen und Sonne geschützt waren und an denen die Speisen und Getränke verzehrt wurden, war die Prüferin der Auffassung, dass die Umsätze zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle mit dem Regelsteuersatz zu versteuern seien. Wegen des Fehlens getrennter Aufzeichnungen und der Kassenbons für den Verkauf an den Markttagen schätzte die Prüferin die Umsätze für die Abgabe von Fleischwurst, Wurstsuppe und Getränke zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle (Blatt 6, 7 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte).

In Auswertung des Prüfungsberichts änderte der Beklagte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerfestsetzungen 2001 bis 2004 mit Bescheiden vom 31. Oktober 2005, da der Kläger keine entsprechenden Umsätze zum Regelsteuersatz erklärt hatte, und hob dem Vorbehalt der Nachprüfung jeweils auf. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.

Nach einer Außenprüfung änderte der Beklagte die Umsatzsteuerbescheide 2002, 2003 und 2004 hinsichtlich der unentgeltlichen Wertabgaben und des Vorsteuerabzugs mit Bescheiden vom 9. Oktober 2006. Diese Änderungen sind nicht streitbefangen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2007 änderte der Beklagte nochmals die Umsatzsteuerfestsetzung 2001, da bei der Umrechnung von DM in € ein fehlerhafter Umrechnungskurs angewandt worden war und korrigierte die darauf beruhenden Rechenfehler. Im Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen.

Der Kläger trägt vor, er habe es zwar versäumt, durch geeignete Aufzeichnungen die tatsächliche Höhe der Restaurationsumsätze zu dokumentieren, die von der Betriebsprüfung vorgenommen Schätzungen seien allerdings deutlich überhöht. Der Markt in B würde erst seit April 2003 angefahren und in den Jahren 2001 und 2002 seien nur jeweils 140 statt der angenommenen 188 Markttage besucht worden. Im Jahr 2003 seien es nur 176 Tage gewesen. Die Schätzung würde auf eine Besichtigung des Marktes in M im Juli des Jahres 2005 abstellen, die bei ausgesprochen angenehmer sommerlicher Witterung in der Sommerzeit erfolgt sei. Der im Prüfungsbericht dargelegte Kundenandrang des Marktstandes wäre unter diesen Umständen zwar nicht zu beanstanden. Soweit die nachfolgenden Schätzungen jedoch auf dieser Wahrnehmung aufbauen würden, ginge dies an den tatsächlichen Gegebenheiten völlig vorbei. In den übrigen Tagesstunden, insbesondere in den frühen Morgenstunden bei Marktbeginn und am späten Nachmittag sowie bei schlechter Witterung sei der Kundenandrang spürbar geringer. Auch bei heißem Wetter würde deutlich weniger warme Fleischwurst und heiße Wurstsuppe verkauft. Anhand von Aufzeichnungen in der Zeit von Januar bis März 2007 sei vielmehr festzustellen, dass der prozentuale Anteil der Restaurationsumsätze an den Gesamtumsätzen auf den Märkten zwischen ca. 1,9% und 4,6% schwanken würde, und nicht wie bei der Schätzung des Beklagten ca. 12% betrage. Auch aufgrund der weiteren Besichtigungstermine durch den Beklagten am 4. und 5. Mai 2007 seien die Schätzungen des Beklagten nicht zu rechtfertigen. Die Beobachtungszeit durch den Beklagten betrage lediglich ca. 0,15% der gesamten Marktzeit, so dass daraus nicht auf den gesamten Jahresumsatz hochgerechnet werden könne. Anhand der an den folgenden Markttagen aufgezeichneten Umsatzerlöse würde sich vielmehr ergeben, dass die Umsatzannahme des Beklagten zu 90% über den tatsächlichen Umsätzen liegen würde. Dies resultiere daraus, dass der Beklagte die umsatzstärkste Mittagszeit für seine Berechnung herangezogen hätte und Umsatzeinbußen wegen schlechterer Witterung unbeachtet gelassen hätte. Auf Grund der notwendigen Erwärmung in einem Wurstkocher könnten stündlich höchstens ca. 100 Portionen warme Fleis...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge