Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs bei Stufenklage

 

Leitsatz (redaktionell)

Erhebt ein Pflichtteilsberechtigter Stufenklage gemäß § 254 ZPO gegenüber dem Erben mit dem Antrag auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses, so gilt der Pflichtteilsanspruch damit als erhoben im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG. Nicht entscheidend ist, dass das Leistungsbegehren noch nicht beziffert ist.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1b

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs.

Die Klägerin ist die Tochter der am 20. Dezember 1994 verstorbenen ... Alleiniger Erbe ist laut einem Erbschein des Amtsgerichts vom 29. Mai 1995 ihr Bruder ...

Mit Schreiben vom 22. Februar 1995 ließ die Klägerin durch ihre damaligen anwaltlichen Vertreter dem Erben mitteilen, dass sie ihre Pflichtteilsansprüche ihm gegenüber anmelde und ihn auffordere, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen und ein Nachlassverzeichnis aufzunehmen. Im August 1995 wurde von der Klägerin eine Stufenklage erhoben. In dem unter dem Aktenzeichen 7 O 1... beim Landgericht ... anhängigen Klageverfahren erging zunächst ein Teilanerkenntnisurteil vom 29. September 1995, mit dem der Erbe verurteilt wurde, der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter Auskunft über den Bestand des Nachlasses und über die ausgleichspflichtigen Zuwendungen durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses zu erteilen. Dieses Verzeichnis erstellte der Erbe mit notarieller Urkunde vom 21. November 1995. Mit notarieller Urkunde vom 18. Juni 1996 ergänzte er seine Angaben. Zuvor war er mit (weiterem) Teilurteil des Landgerichts ... vom 8. März 1996 verurteilt worden, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in dem notariellen Nachlassverzeichnis an Eides Statt zu versichern. Mit Schriftsatz vom 24. Januar 1997 bezifferte die Klägerin sodann im Verfahren 7 O 1... ihren Leistungsanspruch. In einem gerichtlichen Vergleich vom 29. Dezember 1997 einigten sich die Klägerin und der Erbe auf einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 205.000 DM.

Der Beklagte setzte durch Erbschaftsteuerbescheid vom 9. Dezember 1998 gegen die Klägerin wegen des Erwerbs von Todes wegen Erbschaftsteuer von 8.789 DM fest, wobei er den Wert des steuerbaren Erwerbs mit 205.000 DM ansetzte, Vorschenkungen von 44.857 DM und einen persönlichen Freibetrag von 90.000 DM berücksichtigte und die Steuer nach einem Steuersatz von 5,5 v.H. berechnete. Der hiergegen eingelegte Einspruch - mit dem die Klägerin geltend machte, die Erbschaftssteuer für den Pflichtteilsanspruch sei erst nach dem 31. Dezember 1995 entstanden, so dass ein persönlicher Freibetrag von 400.000 DM zu gewähren sei - blieb erfolglos.

Mit der Klage begehrt die Klägerin eine Aufhebung der Steuerfestsetzung. Sie meint, entgegen der Ansicht des Beklagten sei die Erbschaftsteuer für den Pflichtteilserwerb nicht schon mit der Erhebung der Stufenklage entstanden, da hierin noch keine Geltendmachung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG zu sehen sei. Die Geltendmachung setze ein ernstliches Verlangen auf Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs voraus. Sie sei aber ohne korrekte Auskunft nicht in der Lage gewesen, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen, in welcher Höhe sie ihre Ansprüche verfolgen solle. Aus diesem Grunde sei es fehlerhaft, schon in dem Auskunftsverlangen ein Handeln zu sehen, das unmittelbar auf die Verwirklichung des Pflichtteilsrechts abzielte. Bis zu ihrer Entscheidung, einen bezifferten Betrag einzufordern, sei sie noch in ihrer Entschließung frei gewesen, die Höhe des begehrten Pflichtteilsrechts festzulegen. Bei einem stufenweisen Vorgehen, das zunächst auf die Erteilung einer Auskunft abziele, könne deshalb die Erbschaftsteuer nicht schon mit der Klageerhebung entstehen. Dass auch die Stufenklage die Verjährung unterbreche, ändere daran nichts. Sei aber die Erbschaftsteuer erst mit der Bezifferung des Leistungsanspruchs entstanden, so stehe ihr der persönliche Freibetrag von 400.000 DM gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1996 zu.

Die Klägerin beantragt,

den Erbschaftsteuerbescheid vom 09. Dezember 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest, dass die Erbschaftsteuer für den Pflichtteilserwerb spätestens mit der Erhebung der Stufenklage entstanden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid vom 8. Dezember 1998 ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist bei der Steuerfestsetzung zu Recht davon ausgegangen, dass die Erbschaftsteuer für den - durch den Vergleich vom 29. Dezember 1997 auf 205.000 DM bezifferten - Pflichtteilsanspruch spätestens mit der Erhebung der Stufenklage entstanden ist, so dass die Gesetzesänderungen durch das Jahressteuergesetz (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I 1996, 2049) bei der Steuerberechnung nich...

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