Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei ersatzloser Aufhebung der Steuerfestsetzung entfällt der Rechtsgrund für die Auszahlung des festgesetzten Erstattungsbetrages

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einbindung eines Insolvenzverwalters in das Steuerschuldverhältnis des Insolvenzschuldners endet nicht mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, sondern bleibt bis zur Erledigung sämtlicher steuerlicher Verpflichtungen bestehen. Eine Umsatzsteuervoranmeldung erledigt sich gemäß § 124 Abs. 2 AO durch die Umsatzsteuerjahreserklärung.

Aufgrund der ersatzlosen Aufhebung einer Steuerfestsetzung entfällt der Rechtsgrund für die Auszahlung eines festgesetzten Erstattungsbetrages, denn der Vorauszahlungsbescheid lebt nicht wieder auf.

Eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ist nicht möglich, weil § 37 AO keine Bestimmung für den Fall der Entreicherung trifft.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2 S. 2, § 124 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.06.2011; Aktenzeichen VII B 124/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt zu Recht gegenüber dem Kläger einen Rückforderungsanspruch von ....,.. € geltend gemacht hat.

Mit dem Beschluss vom 06.05.2003 eröffnete das Amtsgericht B. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des A. K. und bestellte T. R., den Kläger, zum Insolvenzverwalter. Dieser teilte dem Finanzamt am 07.07.2004 als Bankverbindung im Insolvenzverfahren die Konto-Nr. 1 bei der C. B. und am 15.12.2005 als Bankverbindung nur für Erstattungen die Konto-Nr. 2 bei der Bank 1 C.B. mit.

Am 16.12.2004 erstellte der Kläger als Insolvenzverwalter den Schlussbericht und die Schlussrechnung zum Insolvenzverfahren und beantragte zugleich die Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung in Höhe von .....,.. € zuzüglich 16% USt in Höhe von ....,.. €. Mit dem Beschluss vom 05.02.2005 setzte das Amtsgericht B. die Vergütung wie beantragt fest. Am 12.04.2005 wurde der Kläger als Treuhänder im Verfahren wegen der Restschuldbefreiung des A. K. bestellt. Das Amtsgericht B. hob das Insolvenzverfahren mit dem Beschluss vom 15.06.2005 auf. Am 23.11.2005 teilte der Kläger dem Insolvenzgericht nach dessen Aufforderung zur Einzahlung der restlichen Masse zur Gerichtskasse per Telefax-Schreiben mit, dass noch eine berichtigte Umsatzsteuererklärung abgegeben worden sei, die voraussichtlich zu einer Erstattung führen werde. Sobald diese eingehe, werde er die restliche Masse zur Anweisung bringen.

In den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Vorauszahlungszeiträume in 2004 machte der Insolvenzverwalter nur Vorsteuerbeträge von insgesamt ...,.. € geltend. Die am 05.01.2005 eingereichte Voranmeldung für Dezember 2004 wies keine Umsätze und keine Vorsteuerbeträge aus. In der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 vom 07.12.2005 erklärte der Kläger als Insolvenzverwalter den vorangemeldeten Erstattungsbetrag von ...,.. €.

Mit der erstmaligen Voranmeldung für das erste Kalendervierteljahr 2005 vom 23.11.2005 machte der Kläger für das Insolvenzverfahren einen Erstattungsbetrag von ....,.. € geltend, den das Finanzamt am 02.12.2005 auf das Konto-Nr. 2 überwies. Die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2005 reichte der Kläger als Insolvenzverwalter am 28.11.2006 ein und gab einen Erstattungsbetrag von ....,.. € an. Die Abschlusszahlung von ..,.. € überwies er an das Finanzamt. Der Erstattungsbetrag rührte in vollem Umfange aus der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer für die Insolvenzverwaltervergütung.

Das Finanzamt ordnete zur Überprüfung der Umsatzsteuererklärung eine Sonderprüfung für den Zeitraum 2005 an. Der Prüfer kam zu der Auffassung, die geltend gemachten Vorsteuerbeträge könnten nur anteilig in dem Umfange anerkannt werden, in dem die Leistungen des Insolvenzverwalters nicht steuerfreien Umsätzen zuzuordnen seien. Nach seinen Feststellungen anerkannte er lediglich Vorsteuerbeträge von insgesamt ...,.. € (vgl. Bericht vom 18.01.2007, dort Tz. 3 und die Zusammenstellung in der Anlage).

Den Feststellungen folgend änderte das Finanzamt in dem Bescheid vom 12.02.2007, der an den Kläger als Insolvenzverwalter gerichtet war, die von ihm erklärte Umsatzsteuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 AO; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Weiter stellte das Finanzamt den Rückzahlungsbetrag von ...,.. € fällig.

Der Kläger machte mit seinem Einspruch im Wesentlichen geltend, eine Aufteilung der Vorsteuern aus der Insolvenzverwaltergebühr komme nicht in Betracht, weil die Tätigkeit des Insolvenzverwalters den in vollem Umfange umsatzsteuerpflichtigen Leistungen des Insolvenzschuldners zuzuordnen seien. Auch hätte ein möglicher Rückforderungsanspruch im Rahmen der Schlussverteilung geltend gemacht werden müssen. Nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 15.06.2005 habe er keine Verwaltungsbefugnis mehr gehabt. Der Änderungsbescheid vom 12.02.2007 habe daher mangels Bekanntgabe keine Wirkung.

Daraufhin hob das Finanzamt mit dem Bescheid vom 14.03.2008 den gegenüber dem Kläger ergangenen Umsatzsteueränderungsbescheid für 2005 vom 12.02.2007 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ersatzlos auf.

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