Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfswertfeststellung als Grundlagenbescheid für Erbschaftsteuer; Berücksichtigung von Zugewinnausgleichsverbindlichkeiten und Pflichtteilsverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer; Erbvergleich bei Erbschaftsbesteuerung zu berücksichtigten; Erwerb eines österreichischen Grundstückes unterliegt Progressionsvorbehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Bedarfswertfeststellung stellt für die Erbschaftsbesteuerung einen Grundlagenbescheid dar.

Zugewinnausgleichsverbindlichkeiten des Erblassers sind unabhängig von der Art der Erfüllung mit dem Nennwert der Forderung als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar.

Stichtag für die Wertermittlung von Pflichtteilsverbindlichkeiten ist der Todestag des Erblassers. Der Pflichtteil ist unabhängig von der Art und Weise seiner Erfüllung stets mit dem Nennwert zu bewerten.

Ein Erbvergleich, in dem eine Einigung über ehe- und erbrechtliche Ansprüche der Ehefrau, sowie der pflichtteilsberechtigten Kinder des Erblassers und dem Erben erzielt wird, ist der Erbschaftsbesteuerung zu Grunde zu legen.

Kosten der Nachlassregelung sind als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen, nicht dagegen Aufwendungen für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung und damit zusammenhängende Steuerberatungs- und Gutachterkosten.

Der Erwerb eines österreichischen Grundstückes unterliegt zwar grundsätzlich der deutschen Erbschaftsteuer, da aber Art. 3 Abs. 1 DBA-Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer das Besteuerungsrecht Österreich zuweist, ist der Erwerb von der deutschen Erbschaftsteuer freizustellen. Allerdings unterliegt der Erwerb des Grundstücks in Österreich im Inland dem Progressionsvorbehalt.

 

Normenkette

BewG § 3 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 138 Abs. 5 S. 1; AO § 157 Abs. 2, § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1, § 351 Abs. 2; ErbStG § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 10 Abs. 5 Nrn. 1-2, § 12 Abs. 1, 6, § 19 Abs. 2; DBA-Österreich Art. 3 Abs. 1, Art. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.07.2008; Aktenzeichen II R 71/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Zugewinnausgleichsverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer erwerbsmindernd anzusetzen ist, mit welchem Wert Pflichtteilsverbindlichkeiten abgezogen werden können, wie ein in Österreich belegenes Grundstück sowie ein inländisches Erbbaurecht anzusetzen sind sowie in welcher Höhe steuermindernde Kosten der Nachlassregelung vorliegen.

Die Klägerin war langjährige Lebensgefährtin des Erblassers. Nach dessen Tod am 07.08.2001 beerbte sie diesen aufgrund Testaments als Alleinerbin. Der Erblasser war zu diesem Zeitpunkt in zweiter Ehe mit A verheiratet. Aus seiner ersten Ehe gingen ein Kind, A1, aus seiner zweiten Ehe vier noch lebende Kinder, A2, A3, A4 und A5 hervor. Die Ehefrau sowie die fünf Kinder waren pflichtteilsberechtigt. Das Nachlassgericht 1 ermittelte die Pflichtteile zunächst mit 1/4 für die Ehefrau bzw. 1/20 für jedes Kind, korrigierte diese Quoten jedoch lt. Mitteilung vom 11.07.2002 auf 1/8 für die Ehefrau bzw. 3/40 je Kind.

Die Klägerin führte mit den Pflichtteilsberechtigten Verhandlungen über die Höhe des Pflichtteils einschließlich des Zugewinnausgleichs der Ehefrau. Mit der Ehefrau A sowie den Kindern A3, A4 und A5 kam die Vereinbarung vom 10.08./1 8.08.2002 zustande, nach welcher die Klägerin einen Betrag von insgesamt 355.245,60 € (= 694.800 DM) zur Abfindung sämtlicher ehe- sowie erbrechtlicher Ansprüche bzw. der Pflichtteilsansprüche an diese zu entrichten hatte, wobei 222.028,50 € (= 434.250 DM) auf die Ehefrau und jeweils 44.405,70 € (= 86.850 DM) auf jedes der drei beteiligten Kinder - für diese zusammen 260.550 DM - entfielen; die Aufteilung der tatsächlich auch in dieser Höhe geleisteten Zahlungen erfolgte intern unter den Empfängern. Mit dem Pflichtteilsberechtigten A1 schloss die Klägerin am 17.06.2002 eine Vereinbarung dahingehend, dass mit der - in dieser Höhe auch erfolgten - Zahlung von 65.000 € dessen Pflichtteils- und sonstigen erbrechtlichen Ansprüche abgegolten sind. Aufgrund der (späteren) Korrektur der Pflichtteilsquoten durch das Nachlassgericht hat der Pflichtteilsberechtigte die Vereinbarung zwar noch im Juli 2002 angefochten, weitere Vereinbarungen mit ihm bzw. Zahlungen an ihn erfolgten nicht mehr. Die Tochter A2 erhob nach Erhalt von Zahlungen in Höhe von insgesamt 32.579,81 € (= 63.720,57 DM) gegen die Klägerin im September 2004 Klage beim Landgericht 2 wegen Wertermittlung und Zahlung des Pflichtteils mit einem vorläufigen Streitwert von weiteren 60.000 €. Nach Abweisung der Klage wegen Wertermittlung hat sie die weitergehende Klage jedoch zwischenzeitlich wieder zurückgenommen.

Der Erblasser war Eigentümer eines Grundstücks mit Ferienhaus in Oberösterreich. Das Nachlassgericht setzte den Verkehrswert dieses Grundstücks mit ca. 200.000 DM an; dieser Wert wurde zunächst auch der Berechnung der Pflichtteile zugrunde gelegt. Nach dem Erbschaftsteuerbescheid des österreichischen Finanzamts Ö1 vom 19.12.2002 betr...

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