Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Veräußerungsgewinns bei Durchgangserwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft, wenn die Anwachsung nicht auf eine rechtsgeschäftliche Verfügung, sondern auf ein plötzlich und unerwartetes Ereignis (hier: Todesfall) zurückzuführen ist

 

Leitsatz (redaktionell)

Der erkennende Senat schließt sich zumindest hinsichtlich ertragsteuerlicher Sachverhalte der gängigen BGH-Rechtsprechung an, dass die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft notwendig "einheitlich" ist. Ein neu hinzuerworbener Anteil an einer Personengesellschaft verliert daher seine Selbständigkeit.

Die bloße Absicht der Weitergabe eines durch Anwachsung erworbenen Anteils an einer Personengesellschaft kann kein der Vereinigung entgegenstehendes Sonderrechtsverhältnis begründen, insbesondere auch da es in der Regel an objektiven Kriterien für die Bestimmbarkeit der Weitergabeabsicht fehlen wird.

Eine steuerliche unschädliche Rückwirkung des Erwerbs auf den Zeitpunkt des Erbfalls, wie sie die Verwaltung innerhalb einer 6-Monatsfrist in Fällen der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften anerkennt, ist unbeschadet der Frage, ob eine Übertragung dieser Verwaltungsgrundsätze auf die Auseinandersetzung von Personengesellschaften denkbar ist, im vorliegenden Fall nicht anzunehmen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2a, § 16 Abs. 2 S. 1, § 18 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 06.08.2019; Aktenzeichen VIII R 12/16)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe eines Veräußerungsgewinnes.

Die Klägerin zu 1. ist eine Partnerschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe - Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) - mit Sitz in Q, die die gemeinschaftliche Berufsausübung der Partner als Rechtsanwälte zum Geschäftsgegenstand hat. Die Gesellschaft ist dadurch entstanden, dass sich die "A Gmbh" mit Wirkung zum 30.06.1998 durch Formwechsel in eine Partnerschaftsgesellschaft umgewandelt hat. Die Kläger zu 2.-5. waren im Streitjahr 2005 Partner der Klägerin zu 1.

Zum 31.12.2003 / 01.01.2004 waren folgende Rechtsanwälte Partner der Klägerin zu 1.:

Gesellschafter (Rechtsanwälte)

Gesellschaftsanteil

Dr. C. (Kläger zu 2.)

42%

M

25%

E. (Kläger zu 3.)

25%

G. (Kläger zu 4.)

8%

Am 19.09.2004 verstarb der Partner Rechtsanwalt (RA) M infolge eines Verkehrsunfalls. Beerbt wurde er von seiner Ehefrau; ein Nachfolger für seine Partnerschaftsstellung wurde nicht benannt. Die Witwe erhielt eine Abfindung von 400.000 € und wurde von der Verpflichtung, das negative Kapitalkonto (- 33.644,52 €) ihres verstorbenen Ehemannes auszugleichen, freigestellt.

Für den Todesfall enthielt der Partnerschaftsvertrag vom 09.01.2002 in § 15 die Regelung, dass die Partnerschaft zwischen den übrigen Partnern fortgesetzt wird. Der Anteil eines Partners an der Partnerschaft ist gemäß § 17 [Erbfolge] nicht vererblich. Erben eines verstorbenen Partners scheiden per Gesetz zum Zeitpunkt des Erbfalles aus der Partnerschaft aus.

In ihrer eingereichten Feststellungserklärung für 2004 wiesen die Kläger folgende Beteiligungsquoten aus:

Gesellschafter (Rechtsanwälte)

Gesellschaftsanteil

Dr. C. (Kläger zu 2.)

56%

M

0%

E. (Kläger zu 3.)

33,33%

G. (Kläger zu 4.)

10,67%

Die angewachsenen Anteile waren nicht mit Sonderrechten oder Beschränkungen wie Testamentsvollstreckung, Treuhandschaft, Nießbrauch, Vor- oder Nacherbschaften verbunden.

Die der Witwe zustehende Abfindung in Höhe von 400.000 € wurde vom Geschäftskonto der Partnerschaftsgesellschaft (Klägerin zu 1.) beglichen und im Innenverhältnis entsprechend der erklärten Anwachsung den verbleibenden Partnern weiterbelastet.

Mit Vereinbarung vom 01.08.2005 wurde die bislang in der Partnerschaft angestellte RAin I. mit Wirkung ab 01.01.2005 als Partnerin in die Partnerschaftsgesellschaft aufgenommen. Hierbei übertrug RA Dr. C. 10%-Punkte seiner Beteiligung an RAin I. und 4%-Punkte seiner Beteiligung an RA G. RA E. übertrug 3,33%-Punkte seiner Beteiligung an RA G. Im Gegenzug hatte RAin I. einen Betrag von 160.000 € (an RA Dr. C.) und RA G. einen Betrag von 117.280 € (64.000 € an RA Dr. C. sowie 53.280 € an RA E.) zu zahlen.

Ab 01.01.2005 stellte sich das Beteiligungsverhältnisses an der Partnerschaftsgesellschaft mithin wie folgt dar:

Gesellschafter (Rechtsanwälte)

Gesellschaftsanteil

Dr. C. (Kläger zu 2.)

42%

E. (Kläger zu 3.)

30%

G. (Kläger zu 4.)

18%

I. (Klägerin zu 5.)

10%

Die Klägerin zu 1. ging in ihrer Feststellungserklärung für 2005 davon aus, dass die Gesellschafter Dr. C und E (Stand 31.12.2004) die Beteiligung jeweils aus den mit dem Ausscheiden von RA M durch Anwachsung erworbenen Beteiligungsanteilen erbrachten und somit keinen Veräußerungsgewinn erzielten.

Nach einer steuerlichen Außenprüfung (vgl. den BP-Bericht vom 16.12.2008) erließ das Finanzamt am 26.03.2010 einen geänderten Feststellungsbescheid für 2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in dem es die Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 911.704,47 ...

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