Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Feststellung eines Veräußerungsgewinnes

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören gemäß § 16 Abs. 1 EStG auch Gewinne, die aus der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes erzielt werden. Als Veräußerung gilt nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder eines Mitunternehmeranteils. Werden die dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter dabei nicht veräußert, so ist zur Ermittlung des Veräußerungsgewinnes der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen, § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG. Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebes, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat, § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1, 3 Sätze 1, 7-8, § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1, Abs. 2, § 34

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.05.2015; Aktenzeichen IV R 26/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein steuerbegünstigter Aufgabegewinn vorliegt, wenn nur die im Anlagevermögen der vollbeendeten Besitz-GmbH & Co. KG enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt werden, aber die im Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten - der 100 % der Gesellschaftsanteile hält - stehende 100-%-Beteiligung an der Komplementär-GmbH (RS-GmbH) sowie die 100-%-Beteiligung an der Betriebs-GmbH (GS-GmbH), die über wesentliche stille Reserven verfügt, zum Buchwert in ein anderes Sonderbetriebsvermögen überführt werden.

Gesellschafter der ehemaligen A GmbH & Co. KG (im Folgenden „KG“) waren bis zum 30.12.2004 RS als Kommanditist zu 100 % und die RS-GmbH als Komplementär. Die RS-GmbH war die alleinige und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin der KG (Erstellungsbericht zum Jahresabschluss 2004, A. II. 5.).

Im Sonderbetriebsvermögen des RS bei der KG befanden sich seine Anteile an der RS-GmbH und seine 100-%-Beteiligung an der GS-GmbH, die über wesentliche stille Reserven verfügte. Zwischen der KG und der GS-GmbH bestand Betriebsaufspaltung.

Laut Protokoll der Gesellschafterversammlung der KG vom 21.12.2004 wurde beschlossen, dass die Komplementärin (RS-GmbH) zum 30.12.2004 aus der KG ausscheidet und der verbleibende Kommanditist (RS) das bisherige Gesellschaftsvermögen zu diesem Zeitpunkt in sein Privatvermögen überführt und für Grundbuchberichtigung sorgt. Aufgrund des Grundbuch-Berichtigungsantrags vom 28.12.2004 wurde RS am 31.05.2005 als Alleineigentümer des Grundstücks A-Straße eingetragen. Gemäß dem Auszug aus dem Handelsregister vom 03.01.2005 ist die KG aufgelöst, die Firma erloschen. Grund für den Gesellschafterbeschluss vom 21.12.2004 war die Betriebsverlagerung nach x.

In der Bilanz der KG für das Rumpfgeschäftsjahr 2004 (01.01. - 30.12.2004) war das Anlagevermögen (Grundstücke und Bauten) zum 30.12.2004 mit 12.606 € angegeben. Es handelt sich dabei um einen 2/3 Anteil am Grundstück A-Straße in A-Stadt. Eigentümer des Grundstücks A-Straße in A-Stadt waren im Streitjahr RS zu 1/3 und die KG zu 2/3. Der nicht RS gehörende Anteil war seit Jahren an die GS-GmbH vermietet, deren Alleingesellschafter im Streitjahr der Kläger war. Die GS-GmbH hatte diesen Grundstücksteil zunächst als Betriebsgrundstück genutzt. Nach der Betriebsverlagerung nach x nutzte sie zuletzt nur noch fünf Garagen.

In der Beilage zur Anlage FE 2 zur Feststellungserklärung 2004 für die KG wurde ein RS allein zuzurechnender Veräußerungs/Aufgabegewinn i.H.v. 46.759,30 € aus der Überführung des Gesellschaftsvermögens der KG in sein Privatvermögen erklärt und hierfür der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG beantragt. Der Veräußerungsgewinn ermittelte sich wie folgt:

Verkehrswert Grundstücke und Bauten (5 Garagen)

59.365,30 €

Abzüglich Buchwert

12.606,00 €

Aufgabegewinn

46.759,30 €

Die im Sonderbetriebsvermögen des RS bei der KG gehaltenen Anteile an der RS-GmbH und der GS-GmbH gingen dagegen zum Buchwert in sein Sonderbetriebsvermögen bei der B Vermögens-Verwaltungs-GmbH & Co. KG („Vermögens-KG“) über, an der RS zu 40 % als Kommanditist beteiligt war.

Das Finanzamt stellte die Besteuerungsgrundlagen für die KG für 2004 zunächst mit Bescheid vom 29.08.2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß fest und rechnete den Veräußerungsgewinn dem Kläger als alleinigem Anteilseigner zu:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

43.366.38 €

laufende Einkünfte

./. 3.392,92 €

Veräußerungsgewinn

46.759,30 €

Mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 27.12.2007 stellte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen wie folgt fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

43.366.38 €

laufende Einkünfte

43.366.38 €

Veräußerungsgewinn

0 €

In den Bescheiderläuterungen führte es aus, der erklärte Aufgabegewinn sei nicht nach §§ 16 bzw. 34 EStG begünstigt, weil gleichzeitig wesentliche Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens in ein anderes Sonderbetriebsvermögen überführt worden seien. Ergänzend wurde auf die ESt-Richtlinien (2003) zu § 16 ...

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