Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast für das Vorliegen einer stillschweigend vereinbarten Bruchteilsberechtigung bzw. Treuhandberechtigung zwischen Ehegatten hinsichtlich eines Einzelkontos mit Auslandsbezug

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Rechtsprechung des BFH zum Oder-Konto hat das Finanzamt die Feststellungslast zu tragen für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung erforderlich sind, wenn sich trotz Mitwirkung des zur Schenkungsteuer herangezogenen Ehegatten nicht aufklären lässt, wie sich das Innenverhältnis zwischen den Eheleuten in Bezug auf das Kontoguthaben gestaltet (BFH II R 33/10 vom 23.11.2011). Hierzu gehört auch die Frage des Zuwendungsgegenstandes und damit des Umfangs der freigebigen Zuwendung.

2a) Objektive Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung der Vermögensverhältnisse begründen, können aber zu einer Umkehr der Beweislast führen.

2b) Die ausschließliche Einrichtung von Einzelkonten teilweise mit Verfügungsberechtigung für den anderen Ehegatten lässt eher den Schluss auf eine Trennung der Vermögenssphären der Ehegatten dem Grunde nach als auf eine gemeinsame Vermögensstruktur zu.

2c) Gründe für eine Beweislastumkehr können sich auch aus der besonderen familien- und erbrechtlichen Situation sowie der Risikoverteilung der beruflichen Tätigkeiten (Hochbauingenieur / Sekretärin) ergeben (wird im einzelnen ausgeführt).

 

Normenkette

AO § 90 Abs. 2, § 159 Abs. 1; ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.06.2016; Aktenzeichen II R 41/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe eine unentgeltliche Zuwendung zwischen Ehegatten vorliegt.

I.

Die Klägerin ist seit dem Jahr 1983 mit dem Hochbauingenieur EM verheiratet. Ihr rund 15 Jahre älterer Ehemann hat einen Sohn aus erster Ehe sowie einen unehelichen Sohn, die Ehe mit der Klägerin blieb kinderlos. Der Ehemann der Klägerin leistete im Jahr 2000 Unterhaltszahlungen an seinen im Jahr 1966 geborenen Sohn S.

Die Klägerin ist als Sekretärin nichtselbständig beschäftigt, ihr Ehemann bezog als Bauingenieur auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Ingenieurbüro) sowie aus nichtselbständiger Tätigkeit und ab dem Jahr 2004 eine Rente.

Im Jahr 1984 erwarben die Ehegatten gemeinsam das eigengenutzte Grundstück Ort, Straße 11, welches sie am 01.04.1992 zu einem Preis von 865.000 DM wieder veräußerten. Die Klägerin war und ist (Allein-) Eigentümerin von Grundvermögen, insbesondere des selbstgenutzten Wohnhauses in Ort, Straße 10 (Bauantrag 1993, Fertigstellung 1994). In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 erklärte die Klägerin für dieses Grundstück – Ort, Straße 10 – Anschaffungskosten in Höhe von insgesamt 524.918 DM (Anlage FW: Grund und Boden 158.114 DM, Gebäude 366.804), während des Klageverfahrens in einer Aufstellung vom 01.07.2013 (Blatt 169 der Gerichtsakte) Gesamtherstellungskosten in Höhe von 604.000 DM.

Die Klägerin wurde in den Jahren 2000 und 2003 bis 2010 mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, in den Jahren 2001 und 2002 getrennt. Die Klägerin und ihr Ehemann erklärten dort zunächst Kapitaleinnahmen (unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens) wie folgt:

Jahr

Klägerin

Ehemann

Anlage KAP

Anlage AUS

Gesamt

Anlage KAP

Anlage AUS

Gesamt

2000

1.382 DM

7.209 DM

8.591 DM

83 DM

83 DM

2001

493 DM

8.159 DM

8.652 DM

507 DM

507 DM

2002

112 €

3.797 €

3.909 €

102 €

102 €

2003

186 €

4.316 €

4.502 €

111 €

1.517 €

1.628 €

2004

177 €

5.348 €

5.525 €

- 1.005 €

1.737 €

732 €

2005

142 €

5.564 €

5.706 €

141 €

1.463 €

1.604 €

2006

551 €

4.314 €

4.865 €

3 €

3 €

2007

729 €

5.156 €

5.885 €

134 €

134 €

Weiter erklärten die Klägerin und ihr Ehemann Gewinne bzw. Verluste aus Wertpapiergeschäfte in den Veranlagungszeiträumen 2000 (Ehemann), 2001 (Klägerin), 2005 (Ehemann), 2007 und 2008 (Klägerin).

II.

Bereits im Jahr 1984 hatte EM bei der Schweizer Bank (vormals Ex Bank (Schweiz)) in NNN ein auf ihn allein lautendes Konto mit Depot (CIF-Nr. XXXX-XXXXX-1) eröffnet. Mit Datum 03.12.1999 liegt eine „Dokumenterneuerung Ex Bank (Schweiz)“ des Vertrages sowie eine Vollmacht für die Klägerin gegenüber der Bank vor. Der Vermögensstand auf dem Konto mit Depot zum 05.04.2005 betrug 799.674 €.

Am 05.04.2005 bzw. 24.06.2005 eröffnete die Klägerin ein auf ihren Namen lautendes Konto und Depot bei der Schweizer Bank in NNN (CIF-Nr. XXXX-XXXXX-2) und erteilte ihrem Ehemann Vertretungsvollmacht gegenüber der Bank. Der Vermögensstand in Höhe von 799.674 € wurde vom Konto/Depot des Ehemannes bei der Schweizer Bank auf dieses Konto/Depot der Klägerin übertragen.

Im Januar 2008 wurde das gesamte Vermögen in eine Lebensversicherung bei der Schweizer Bank eingebracht.

III.

Das Finanzamt A führte im Jahr 2010 eine Steuerfahndungsprüfung bei der Klägerin und ihrem Ehemann (zunächst wegen Einkommensteuer) durch und erweiterte das Strafverfahren mit Schreiben vom 15.07.2010 wegen Hinterziehung von Schenkungsteuer.

Bei seiner Vernehmung im Strafverfahren am 15.04.2010 sagte der Ehemann EM aus, der Grun...

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