Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuer

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.1997; Aktenzeichen VII R 12/97)

 

Tenor

1. Die (geänderten) Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 23.11. und 29.11.1995 und die Einspruchsentscheidung des Finanzamtes vom 24.05.1996 werden ersatzlos aufgehoben.

2. Das beklagte Finanzamt hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluß

Der Streitwert wird auf 5.001,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Kraftfahrzeug des Klägers als Pkw nach dem Hubraum oder als Lkw nach dem zulässigen Gesamtgewicht zu besteuern ist.

Aus dem am 3. Oktober 1986 für das streitgegenständliche Fahrzeug ausgestellten Fahrzeugbrief ergibt sich die Erstzulassung des Fahrzeugs am 16.02.1983 auf den Namen des Klägers in Brasilien und die Ersteinstellung des Fahrzeugs in das deutsche Zulassungwesen am 03.10.1986. Auf der Seite 2 (Teil A) des Fahrzeugsbriefs finden sich u. a. folgende Daten:

Fahrzeug- und Aufbauart: LKW geschl. Kasten

Fahrzeughersteller: Ford (USA)

Typ und Ausführung: F 1000

Antriebsart: Diesel

Höchstgeschwindigkeit: 125 km/h

Hubraum: 3 922 cm³

Sitzplätze einschl. Führerpl. und Nots.: 5

Maße über alles: Länge 4 950 mm,

Breite 2030 mm, Höhe 1 820 mm,

Leergewicht 2 375 kg

zulässiges Gesamtgewicht 2 800 kg

Weiterhin ergibt sich aus dem Fahrzeugbrief die Bescheinigung des amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr vom 07.11.86, daß „das Fahrzeug … den geltenden Vorschriften entspricht”. Bei der Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs im Rahmen des Sitzungstermins hat dieser für die mündliche Verhandlung geladene Sachverständige die offene Ladefläche mit einer Länge von 106 cm (durch Herunterklappen der Laderückwand verlängerbar um 58 cm auf insgesamt 164 cm) und den Fahrgastraum mit einer Länge von 180 cm gemessen.

Nach zweimaligem Umzug erhielt der Kläger für sein Fahrzeug das bis heute gültige amtliche Kennzeichen … Entsprechend den von der Zulassungsstelle durch Datenblätter der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) übermittelten Daten setzte das Finanzamt mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 26.02.1990 – für die Zeit ab 01.02.1990 – eine Jahressteuer nach dem zulässigen Gesamtgewicht von 2 800 kg in Höhe von 314,– DM fest.

Im Anschluß an eine 1995 angestellte Überprüfung des Fahrzeugsbestands teilte das Finanzamt mit (Standard-)Anschreiben vom 05.10.1995 dem Kläger mit, daß es sich bei seinem Fahrzeug zwar verkehrsrechtlich um einen Lkw, nach der Konzeption des Herstellers aber um einen Pkw handle. Nachdem der Kläger sein Fahrzeug am 10.10.1995 persönlich beim Finanzamt vorgeführt hatte, erließ dieses am 23.11.1995 – gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung –AO– – einen geänderten Steuerbescheid, mit dem es die Kraftfahrzeugsteuer rückwirkend ab 01.02.1992 nach dem Hubraum auf jährlich 1.408,– DM festsetzte. Unter „Erläuterungen” finden sich in dem Bescheid u. a. folgende Angaben:

„Bemessungsgrundlagen: Fahrzeugart Pkw, Hubraum 3 922 cm³. Da das Fahrzeug mit einer Doppelkabine ausgerüstet ist, kann es nicht als ‚Pick-Up’ angesehen werden.”

Mit geändertem Steuerbescheid vom 29.11.1995 – beruhend auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes –KraftStG– – trug das Finanzamt der gesetzlichen Anhebung des Steuersatzes für Dieselfahrzeuge zum 1.1.1994 (im Streitfall von DM 35,20/100 ccm auf DM 42,70/100 ccm) Rechnung und erhöhte die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug auf jährlich 1.708,– DM. Aufgrund der geänderten Besteuerung seines Fahrzeugs als Pkw ergab sich somit für den Kläger – für den Zeitraum 01.02.1992 bis 31.01.1996 – eine Steuernachforderung in Höhe von insgesamt 5.001,– DM.

Im Rechtsbehelfsverfahren hielt das Finanzamt die Pkw-Besteuerung aufrecht und wies demgemäß den von den Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingelegten Einspruch vom 06.12.1995 mit Einspruchsentscheidung vom 24.05.1996 als unbegründet zurück; den zusammen mit dem Einspruch gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte es bereits vorher, am 28.02.1996, abgelehnt.

Mit seiner Klage vom 19.06.1996 verfolgt der Kläger sein Begehren, sein Kraftfahrzeug als Lkw zu besteuern, weiter. Seine Prozeßbevollmächtigten haben im wesentlichen vorgetragen:

Bei dem Fahrzeug des Klägers, an dem seit seiner Zulassung in der Bundesrepublik nachweislich keine Änderungen vorgenommen worden seien und das zu keinem Zeitpunkt umgebaut oder in seinem Gesamtcharakter verändert worden sei, handle es sich um einen „klassischen” für den amerikanischen Markt, mit dessen Käuferpräferenzen, produzierten Pick-up aus dem Jahre 1983, in der Gestalt des typischen mittleren US-Lastkraftwagens. Nach der objektiven Beschaffenheit, nach der Bauart und dem Erscheinungsbild sei es ein überwiegend zur Beförderung von Gütern konzipiertes Fahrzeug, das über eine große Lkw-typische Ladefläche verfüge und dessen hintere Sitzreihe lediglich der hilfsweisen Beförderung von Personen auf kurze...

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