Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit der in Erfüllung einer in Zusammenhang mit der Einstellung eines Strafverfahrens stehenden Auflage geleisteten Zahlung als Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Strafverfahren aufgrund einer Auflage nach § 153a Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt, können daraufhin zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens geleistete Zahlungen, bei denen es sich um echte Schadensersatzleistungen handeln kann, steuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie offensichtlich und eindeutig durch die berufliche Sphäre des Steuerpflichtigen bedingt sind.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 4; StPO § 153a Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger war im Streitjahr 1977 als technischer Direktor bei … tätig. Ihm oblag die technische Überprüfung der Gesamtanlage dieses Werkes. Er war u. a. allein verantwortlich für die Abwasserbeseitigung des Betriebs.

Am 1. Oktober 1975 wurde im Main zwischen … und … ein Fischsterben erheblichen Ausmasses festgestellt. Nach den behördlichen Erhebungen ist das Fischsterben durch eine rund 20 km lange, sich über 2 Tage hinziehende, Sauerstoff zehrende Abwasserwelle verursacht worden. Nach Eingang mehrerer Anzeigen von Berufsfischern und Fischereiverbänden nahm die Staatsanwaltschaft beim Landgericht … die Ermittlungen auf. In der Anklageschrift vom 7. April 1976 Az. … vertritt die Staatsanwaltschaft die Auffassung, daß der Mainfluß insbesondere durch Abwasser der … verunreinigt worden sei. Das Amtsgericht …, hat daraufhin ein Strafverfahren gegen den Kläger eingeleitet. Am 9. Mai 1977 erließ das Amtsgericht folgenden Beschluß:

  1. „Das Verfahren wird gem. § 153 a StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft … und des Verteidigers vorläufig eingestellt.
  2. Die endgültige Einstellung des Verfahrens erfolgt, sobald der Angeklagte eine Geldbuße bezahlt von

    1. DM 10 000,– an die Staatskasse (…),
    2. DM 25 000,– an den … Fischereiverband (als Wiedergutmachung für Fischereischäden) …”

Mit Beschluß vom 26. Juli 1977 wurde das Verfahren gem. § 153 a Abs. 2 Strafprozeßordnung –StPO– endgültig eingestellt. Der Beschluß wird wie folgt begründet:

„Die Schuld des Angeklagten erscheint im Hinblick auf die Größe des von ihm zu überwachenden Betriebes, des Vorhandenseins von geschultem Stammpersonal und schließlich der Möglichkeit, ja wohl Wahrscheinlichkeit des ungünstigen Einflusses ökologischer Gegebenheiten des Mains als gering.

Der Angeklagte hat DM 10 000,– an die Staatskasse eingezahlt und damit die angefallenen Verfahrenskosten weit mehr als nur ausgeglichen, insbesondere aber durch seine Zahlung von DM 25 000,– einen erheblichen Beitrag zu einer – wenn auch zeitlich verzögerten – Wiederherstellung des Fischbesatzes des Mains geleistet.

Angesichts dessen erscheint das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung beseitigt.”

Die vom Kläger gezahlte Geldbuße in Höhe von insgesamt 35 000 DM wurde ihm von seinem Arbeitgeber, der …, ersetzt. Der Betrag ist zusammen mit den darauf entfallenden Steuerabzugsbeträgen in dem erklärten Arbeitslohn für das Jahr 1977 enthalten.

In seiner Einkommensteuer-Erklärung für das Streitjahr machte der Kläger für den unter b) des Einstellungsbeschlusses bezeichneten Teil der Geldbuße (= 25 000 DM) den Werbungskostenabzug geltend. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Veranlagung den geltend gemachten Aufwand nicht. Gegen den Steuerbescheid hat der Kläger am 6. November 1978, beim Finanzamt eingegangen am 7. November 1978, form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 1979, beim Finanzgericht eingegangen am 9. Mai 1979, haben die Kläger Klage gem. § 46 Finanzgerichtsordnung –FGO– erhoben. Sie haben dargelegt, daß das Finanzamt bis zu diesem Zeitpunkt ohne ausreichenden Grund über den Rechtsbehelf noch nicht entschieden habe und deshalb Klage geboten sei. Am 28. Mai 1979 erließ das Finanzamt die Einspruchsentscheidung bezüglich des angefochtenen Einkommensteuerbescheides für 1977. Dabei änderte das Finanzamt die Veranlagung zuungunsten des Kläger dahin, daß es die Einkommensteuer nunmehr auf 65 872 DM festsetzte. Es war der Ansicht, daß die für die Verteidigung des Klägers aufgewendeten und vom Arbeitgeber getragenen Kosten in Höhe von 10 000 DM steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellten. Mit Schreiben vom 30. Mai 1980 beantragten die Kläger die Einspruchsentscheidung zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Mit Bescheid vom 8. Februar 1980 änderte das Finanzamt die Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr nochmals und setzte die Einkommensteuer auf 60 838 DM fest. Mit Schriftsatz vom 12. Februar 1980 beantragten die Kläger wiederum den geänderten Steuerbescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Mit der Klage haben die Kläger beantragt, den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 8. Februar 1980 dahin zu ändern, daß das steuerpflichtige Einkommen um 25 000 DM gemindert wird. Zur Begründung haben sie im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Klage sei zulässig. Das ergebe sich eindeut...

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