Entscheidungsstichwort (Thema)

Passivierung in Höhe des Pfändungsbetrags allein wegen des Empfangs einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung unzulässig

 

Leitsatz (amtlich)

Allein der Empfang einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung berechtigt den Drittschuldner nicht zur Einbuchung eines Passivpostens (hier: Rückstellung bzw. Verbindlichkeit) in Höhe des Pfändungsbetrags.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 2; FGO § 96 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt berechtigt war, eine vom Kläger in der Bilanz zum 31.12.2004 eingestellte Verbindlichkeit zum Teil gewinnerhöhend aufzulösen.

Der Kläger war im Streitjahr 2004 mit Beratungen und Vermittlungen gewerblich tätig; sein Wirtschaftsjahr entsprach dem Kalenderjahr.

Am 10.02.2006 hatte das Finanzamt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Gewerbesteuermessbescheid für 2004 und einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 erlassen, in denen es die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Am 11.07.2006 hob es die Vorbehalte der Nachprüfung auf.

Hiergegen erhob der Kläger am 12.07.2006 Einspruch und reichte eine Gewerbesteuererklärung für 2004 sowie eine Bilanz zum 31.12.2004 mit Gewinn- und Verlustrechnung (erklärter Gewinn: 0 €) nach. Daraufhin erließ das Finanzamt am 24.04.2008 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid und einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004, in denen es jedoch von der Erklärung insofern abwich, als es den Gewinn um 1.700.365 € gegenüber den Angaben in der Gewerbesteuererklärung erhöhte. Damit setzte es den Gewerbesteuermessbetrag für 2004 auf 11.580 € fest und stellte den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31.12.2004 gesondert auf 626.224 € fest.

Der Abweichung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger hatte am 04.03.1996 mit einer Fa. Fa. A Ges. mbH, B-Stadt, eine schriftliche Vereinbarung („Kreditvermittlungsvertrag”) geschlossen, die im Wesentlichen folgenden Inhalt hatte (vgl. die schriftliche Fixierung eines Kreditvermittlungsvertrages am 04.03.1996):

„Fa. A GmbH beabsichtigte von der Fa. 2 AG 2 ein Gewerbeobjekt in 1 zu erwerben. Es ist geplant diese Immobilie im Wege des geschlossenen Immobilienfonds zu vertreiben. Die Ankaufsfinanzierung sowie die dazu notwendige Bürgschaft der Fa. 2 AG sollte ebenso wie die Finanzierung des Fremdkapitals der Fondsgesellschaft von Herrn A. beschafft werden. Die Ankaufsfinanzierung sowie die Bürgschaft wurden auch erfolgreich vermittelt.

Für die Vermittlung der Ankaufsfinanzierung über DM 28 Mill. sowie die Fremdkapitalbeschaffung über DM 17 Mill. erhält der Vermittler eine Provision von

885.352,25 DM

Diese Provision ist verdient wenn beide Finanzierungen auflagenfrei ausgezahlt sind.

Herr A. erhielt einen Vorschuß über

885.352,25 DM

Sollte bis zum 30.06.97 die auflagenfreie Auszahlung nicht erfolgt sein, so ist der vorgenannte Vorschuß zurückzuzahlen und mit 7 % zu verzinsen. Es sei denn, die Nichtauszahlung ist von der Fa. A GmbH zu vertreten.”

Nachdem dem FA 1 B-Stadt offenkundig Erkenntnisse vorlagen, wonach die FA. 2 AG von ihrem vertraglich eingeräumten Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht hatte, versuchte es Forderungen in Höhe von 4.210.977,10 DM, die es gegenüber der Fa. Fa. A GmbH geltend machte, im Wege der Forderungspfändung beim Kläger als vermeintlichem Drittschuldner zu realisieren.

Hierzu erließ das FA 1 B-Stadt am 01.10.1997 (dem Kläger am 04.10.1997 zugestellt) und am 13.10.1997 (dem Kläger am 14.10.1997 zugestellt) Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegenüber dem Kläger als Drittschuldner.

Auszug aus der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 01.10.1997 (AV 3.1-804/32992-507/97):

„Firma Fa. A GmbH (Vollstreckungsschuldner) […] schuldet dem Freistaat Bayern (Vollstreckungsgläubiger) Abgaben im Gesamtbetrag von 4.210.977,10 DM.

Wegen dieses Anspruchs werden die – gegenwärtige(n) – und künftige(n) - Forderung(en), die dem Vollstreckungsschuldner

auf Ersatz des Schadens, der dem Vollstreckungsschuldner durch den und im Zusammenhang mit den von Ihnen in Vertretung abgeschlossenen Kaufvertrag vom 23. März 1995 mit der FA. 2 AG bzgl. des Grundstücks in 1 entstanden ist, insbesondere, weil der Vollstreckungsschuldner (erkennbar) nicht in der Lage war, die Vertragsbedingungen vollständig zu erfüllen oder das Objekt zu halten bzw. mit ausreichendem Gewinn (innerhalb eines Jahres) weiterzuverkaufen

gegen Sie zusteht und zustehen wird, gemäß §§ 309 ff Abgabenordnung (AO) solange gepfändet, bis der Gesamtbetrag gedeckt ist.”

Auszug aus der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 13.10.1997 (AV 3.1-804/32992-533/97):

„Firma Fa. A GmbH (Vollstreckungsschuldner) […] schuldet dem Freistaat Bayern (Vollstreckungsgläubiger) Abgaben im Gesamtbetrag von 4.210.977,10 DM.

Wegen dieses Anspruchs wird/werden die – gegenwärtige(n) – und künftige(n) - Forderung(en), die dem Vollstreckungsschuldner aus

dem Anspruch auf Rückzahlung gemäß § 812 BGB der gezahlten Vermittlungsprovision d...

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