Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerungsgewinn: Maßgeblicher Zeitpunkt der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils bei Veräußerung "mit Wirkung zum Ablauf des 31.12."

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils "mit Wirkung zum Ablauf des 31.12. ..." ist der Veräußerungsgewinn grundsätzlich, sofern die Übertragung nicht tatsächlich später vollzogen wurde, am 31. Dezember des genannten Jahres und nicht am 01.01. ... des Folgejahres realisiert.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2

 

Tatbestand

Strittig ist, ob der Übergangs- und der Veräußerungsgewinn des ausscheidenden Gesellschafters Dr. D im Veranlagungszeitraum 2012 oder 2013 zu erfassen ist.

Kläger sind Dr. A, B zugleich mit C als Rechtsnachfolger des am 17.07.2017 verstorbene Dr. D als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, Gemeinschaftspraxis) Dr. D, Dr. A, B und Dr. A und E als Gesellschafter der fortgeführten GbR (Gemeinschaftspraxis) Dr. A, E.

Die Kläger sind bzw. waren als Zahnärzte selbständig tätig und haben sich zu einer Gemeinschaftspraxis bzw. Berufsausübungsgemeinschaft zusammengeschlossen. Die GbR ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung.

Der Gemeinschaftspraxisvertrag vom 25.03.1993 sieht vor, dass die Geschäftsführung und die rechtsgeschäftliche Vertretung durch die drei Partner gemeinschaftlich erfolgt, das Eigentum an der Praxis einschließlich Praxislabor sich jedoch nur auf die Ärzte Dr. D und Dr. A je zur Hälfte verteilt ebenso wie die erwirtschafteten Gewinne bzw. Verluste. Für die Partnerin B ist im Vertrag ein monatliches Entgelt von 5.000 DM für ihre zahnärztliche Tätigkeit vorgesehen. Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages ist eine Kündigung des Vertrages von Seiten der Partner nur zum Jahresende möglich.

Mit Vertrag vom 29.08.2012 veräußerte Dr. D seinen Praxisanteil für insgesamt 450.000 € (§ 9 des Vertrages) an Dr. E. Die Übertragung sollte laut § 2 des Vertrages "mit Wirkung zum Ablauf des 31. Dezember 2012" erfolgen. Der Erwerber sollte laut § 1 des Vertrages die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem verbleibenden Partner Dr. A "zum 1. Januar 2013" fortsetzen.

Bereits am 20.08.2012 schloss der Erwerber des Praxisanteils mit dem verbleibenden Partner Dr. A einen Vertrag über die Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft. Die gemeinschaftliche Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit sollte danach ab dem 01.01.2013 beginnen. Den vereinbarten Kaufpreis entrichtete er am 03.01.2013.

Die bis zum 31.12.2012 entstandenen Honorarforderungen standen laut Veräußerungsvertrag vom 29.08.2012 dem Veräußerer zu, ihre Einziehung übernahm der Erwerber bzw. die künftige Berufsausübungsgemeinschaft (§ 8 des Vertrages). Im Zuge der Veräußerung des Praxisanteils trat der Erwerber auch in die laufenden Verträge ein (Mietvertrag, Übernahme des Personals); Verbindlichkeiten aus diesen Verträgen hatte der Veräußerer im Innenverhältnis bis zum Ablauf des 31.12.2012 zu übernehmen (vgl. § 7 des Vertrages vom 29.08.2012), eventuelle Überzahlungen wurden vom Erwerber zurückerstattet.

Die Kassenzulassung des Veräußerers endete zum 31.12.2012 (Beschluss des Zulassungsausschusses für Zahnärzte vom 24.10.2012, rechtskräftig geworden am 29.11.2012). Zeitgleich erhielt der Veräußerer vom Zulassungsausschuss die Genehmigung, ab dem 01.01.2013 ganztags als Zahnarzt im Angestelltenverhältnis weiterhin tätig zu sein. Die kassenärztliche Zulassung des Erwerbers durch den Zulassungsausschuss für Zahnärzte erfolgte zum 01.01.2013.

Den Veräußerungsgewinn in Höhe von 420.931,50 € für den ausgeschiedenen Partner Dr. D erklärte der steuerliche Berater im Rahmen der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2013. Das Finanzamt übernahm die Angaben zunächst unverändert im Feststellungsbescheid 2013 vom 05.05.2015, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) erging. Mit Bescheid vom 21.01.2014 wurden die Besteuerungsgrundlagen für 2012 gesondert und einheitlich festgestellt. Der Bescheid stand ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit vom 11.02.2013 bis 24.03.2015 wurde bei der Gemeinschaftspraxis eine Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2012 durchgeführt, die mit Bericht vom 08.05.2015 abgeschlossen wurde. Im Rahmen der Prüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass der Übergangs- und Veräußerungsgewinn in Höhe von 440.560,50 € dem Jahr 2012 zuzurechnen sei. Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2012 und für 2013, jeweils vom 10.07.2015, setzte des Finanzamt das Ergebnis der Außenprüfung um. Der Übergangs- und Veräußerungsgewinn in Höhe von 440.560,50 € wurde im Jahr 2012 angesetzt, der Ansatz für das Jahr 2013 wurde aufgehoben. Zugleich wurde im Feststellungsbescheid für 2012 der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Dagegen legten die Kläger, vertreten durch ihren steuerlichen Berater,...

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