Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist für einen Folgebescheid

 

Leitsatz (amtlich)

Der Ablauf der Festsetzungsfrist für einen Folgebescheid ist nach § 171 Abs. 10 AO gehemmt, soweit und solange in offener Feststellungsfrist ein Grundlagenbescheid, der für die Festsetzung der Folgesteuer bindend ist, noch zulässig ergehen kann.

 

Normenkette

AO § 169 Abs. 1 S. 1, § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 181 Abs. 1-3, § 182 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.07.2007; Aktenzeichen I R 96/04)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob gesondert und einheitlich festgestellte Besteuerungsgrundlagen gem. § 171 Abs. 10 AO im geänderten Einkommensteuerbescheid noch berücksichtigt werden durften.

Die Kläger sind Ehegatten, die für das Streitjahr 1979 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Nach Abgabe der Einkommensteuererklärung am 11.06.1981 setzte das beklagte Finanzamt die Einkommensteuer 1979 mit Bescheid vom 13.07.1981 unter Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei erfasste es den Gewinnanteil des Klägers an der A. XX. GmbH & atypisch Stille entsprechend der Angabe in der Steuerklärung mit 286.250 DM. Der Gewinnanteil dieser Gesellschaft wurde mit Bescheid vom 07.08.1981 unter Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich auf 279.215 DM festgestellt. Eine Auswertung des Grundlagenbescheids erfolgte nicht.

Darüber hinaus erzielt der Kläger u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er hält im Privatvermögen eine Beteiligung an der Firma Y. S.A., Schweiz, einer Aktiengesellschaft nach schweizer Recht (künftig: GR). Die GR ist beim B.-Finanzamt steuerlich erfasst.

Mit Schreiben vom 25.11.1980 forderte das B.-Finanzamt den Empfangsbevollmächtigten der an der GR Beteiligten auf, eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1979 abzugeben. Diese Erklärung ging am 15.01.1982 ein.

Am 18.02.1982 ordnete das beklagte Finanzamt gegenüber den Klägern eine Betriebsprüfung gemäß § 193 Abs. 1 AO an, die sich auch auf die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 18 AStG für die Jahre 1976 bis 1979 erstreckte. Die Schlussbesprechung fand am 10.02.1983 statt.

Unter Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht vom 08.04.1983 erließ das B.Finanzamt am 19.12.1983 für die GR einen erstmaligen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 18 AStG, der dem Kläger einen Hinzurechnungsbetrag von 913.924 DM und Steuern nach § 12 Abs. 1 AStG von 12.341 DM zuwies. Der anzusetzende Hinzurechnungsbetrag betrug 926.265 DM. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 15.02.1989 als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage vom 10.03.1989 wurde im Revisionsverfahren gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 16.12.1994 (Az.: xxxx) zurückgenommen. Das B.-Finanzamt erteilte mit Schreiben vom 09.11.1995 seine Einwilligung zur Rücknahme der Klage.

Das beklagte Finanzamt wertete den Grundlagenbescheid vom 19.12.1983 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung in dem geänderten Einkommensteuerbescheid 1979 vom 27.07.1988 aus und erhöhte die Kapitaleinkünfte des Klägers um den nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AStG anzusetzenden Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 926.265 DM. Außerdem berücksichtigte es den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten, nicht angefochtenen Feststellungsbescheid 1979 bezüglich der A. )OC. GmbH & atypisch Stille vom 24.02.1987, der nunmehr den Gewinnanteil i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 3 AlG auf 269.592 DM feststellte.

Der gegen den Einkommensteuerbescheid vom 27.07.1988 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Im Rahmen der Klage vom 07.01.1992 konkretisierten die Kläger ihr Klagebegehren mit Schriftsatz vom 22.09.1993 dahingehend, dass die nach § 18 Abs. 1 AStG gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen bei der Bemessung der Einkommensteuer außer Ansatz zu bleiben hätten. Eine Anpassung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1979 an den Grundlagenbescheid sei gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 171 Abs. 10 AO nicht mehr zulässig, weil sowohl der Feststellungs als auch der Folgebescheid nach Ablauf der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist ergangen sei.

Der Grundlagenbescheid sei nicht in offener Feststellungsfrist ergangen. Die Feststellungsfrist habe mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 1978, in dem die Steuer nach § 7 Abs. 1 AStG entstanden sei, begonnen und vier Jahre nach diesem Zeitpunkt mit Ablauf des 31.12.1982 geendet. Die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO sei nicht eingetreten, weil nach der für das Streitjahr 1979 geltenden Fassung des AStG keine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Feststellungserklärung bestanden habe. § 18 Abs. 1 Satz 3 AStG sei erst durch Art. 6 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 vom 14.12.1984 eingefügt worden.

Die Festsetzungsfrist habe am 31.12.1985 geendet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid vom 27.07.1988 sei, soweit er auf dem Grundlagenbescheid des B.Finanzamts vom 19.12.1983 beruhe, nach Ablauf dieser Festsetzungsfrist ergangen und damit unzulässig.

Die Rechtsauff...

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