Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuervorauszahlung als Nachlassverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine festgesetzte Einkommensteuervorauszahlung ist auch dann als Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zu berücksichtigen, wenn sie erst nach dem Todestag entsteht (gegen R E 10.8 Abs. 4 ErbStR 2011).

 

Normenkette

EStG § 36 Abs. 4, § 37 Abs. 1; ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob festgesetzte Einkommensteuer-Vorauszahlungen einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für das IV. Quartal 2014 als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.

Am 00.00.2014 verstarb Herr E 2. Alleinerbe und Gesamtrechtsnachfolger wurde sein Sohn, der Kläger. Auf den Erbschein vom 00.00.2014 des Amtsgerichts D wird hingewiesen.

In der Erbschaftsteuererklärung beantragte der Kläger die mit Bescheid vom 25.11.2013 festgesetzten Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das III. und IV. Quartal 2014 als Schulden des Erblassers bei den Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Auf den Vorauszahlungsbescheid über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 25.11.2013 wird Bezug genommen, Blatt 73 ff. der Erbschaftsteuerakten Band II.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass ein Abzug der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das III. Quartal 2014 möglich sei, nicht jedoch für das IV. Quartal 2014. Die Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das IV. Quartal 2014 gehörten nicht zu den berücksichtigungsfähigen Schulden, da ihre Entstehung nach dem Todestag liege. Es werde auf R E 10.8 Abs. 4 Erbschaftsteuerrichtlinie 2011 (ErbStR) Bezug genommen. Dort heißt es: „Die Einkommensteuer-Vorauszahlungen entstehen jeweils mit Beginn des Kalendervierteljahres, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind. Soweit bis zum Todeszeitpunkt des Erblassers festgesetzte und entstandene Vorauszahlungsbeträge in diesem Zeitpunkt noch nicht entrichtet sind, sind diese abzugsfähig.”

Der Beklagte erließ am 28.08.2015 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden Erbschaftsteuerbescheid, in dem nur die Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das III. Quartal 2014 mit X Euro berücksichtigt sind.

Der Kläger legte gegen den Bescheid Einspruch ein.

Aus hier nicht streitigen Gründen änderte der Beklagte den Erbschaftsteuerbescheid mit Bescheid vom 02.05.2016. Der Bescheid steht weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO.

Der Kläger legte gegen den Bescheid Einspruch ein und trug erneut vor, dass die Nachlassverbindlichkeiten um die Einkommensteuer-Vorauszahlungen nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für das IV. Quartal 2014 in Höhe von X Euro zu erhöhen seien. Während des Einspruchsverfahrens ergingen Änderungsbescheide am 24.06.2016 und am 05.07.2016, ebenfalls aus hier nicht streitigen Gründen.

Der Beklagte vertrat weiter die Auffassung, dass Einkommensteuer-Vorauszahlungen für den Erben grundsätzlich als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen seien, soweit diese bis zum Todeszeitpunkt des Erblassers entstanden und nicht entrichtet worden seien. Die Einkommensteuer-Vorauszahlung für das IV. Quartal 2014 entstehe zu Beginn des Kalendervierteljahres, also zum 01.10.2014, Besteuerungszeitpunkt sei aber der 15.08.2014 als Todestag des Erblassers. Daher sei die Einkommensteuer-Vorauszahlung erst nach dem Besteuerungsstichtag entstanden und nicht abzugsfähig.

Der Kläger hielt sein Begehren aufrecht. Er bezog sich auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 04.07.2012 II R 15/11, II R 50/11 und II R 56/11. Danach seien Einkommensteuerschulden des Erblassers aus dem Veranlagungszeitraum, in den der Todeszeitpunkt des Erblassers falle, als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Nach seinem Verständnis beziehe dies auch die Einkommensteuer-Vorauszahlungen ein.

Der Beklagte änderte den Bescheid aus hier nicht streitigen Gründen nochmals und setzte die Erbschaftsteuer auf X Euro mit Bescheid vom 05.09.2016 fest. Der Bescheid steht weiter unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27.04.2017 als unbegründet zurück. Die vom Kläger zitierten Urteile des BFH vom 04.07.2012 führten nicht zu einer anderen Rechtsauffassung, da sich die Urteile ausschließlich mit der Frage der Abzugsfähigkeit der Einkommensteuer des jeweiligen Veranlagungszeitraums, nicht aber mit der Frage der Abzugsfähigkeit von Vorauszahlungen befassten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 27.04.2017 Bezug genommen.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Auffassung des Beklagten sei entgegen zu halten, dass bei der Beurteilung der Berücksichtigung als Nachlassverbindlichkeit auf die wirtschaftliche Belastung abzustellen sei. Der einzige Erbe und Gesamtrechtsnachfolger, nämlich der Kläger, trete auch in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein, dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des BFH. Die Berücksichtigung als Nachlassverbindlichkeiten setze voraus, dass di...

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