Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilwertabschreibung auf Aktien des Anlagevermögens -- voraussichtlich dauernde Wertminderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei börsennotierten Aktien des Finanzanlagevermögens ist grundsätzlich von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn deren Kurswert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung keine Anhaltspunkte für ein alsbaldiges Ansteigen des Kurses gegeben sind.

2) Wertveränderungen innerhalb einer gewissen Bandbreite sind dabei aber nur als vorübergehende Wertschwankungen anzusehen und rechtfertigen keine Teilwertabschreibung.

3) Eine Teilwertschreibung kann hiernach nur dann allein auf die Entwicklung der Börsenkurse ohne Heranziehung weiterer Kriterien gestützt werden, wenn entweder der Börsenkurs am Bilanzstichtag um mehr als 20% unter dem Kurs beim Erwerb des Wertpapiers liegt oder der Börsenkurs an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen jeweils um mehr als 10% unter dem Kurs beim Erwerb des Wertpapiers liegt.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.09.2011; Aktenzeichen I R 89/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, unter welchen Voraussetzungen bei Aktien eine „voraussichtlich dauernde Wertminderung” im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzunehmen ist.

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, ist am 14. März 2000 (Eintragung ins Handelsregister am 3. Mai 2000) durch Umwandlung der am 8. Oktober 1987 gegründeten X ….. Kunststofftechnik GmbH entstanden. Ihr Gegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Kunststoffschläuchen.

Die Klägerin hatte zum 31. Dezember 2001 u.a. die folgenden Aktienpositionen ihrem Anlagevermögen zugeordnet:

A. Wirtschaftsberatung AG

B.Corp.

C.AG

Kaufdatum

29.05.2001

30.05.2001

01.03.2001

Stückzahl

15.000

20.000

6.000

Kurs beim Erwerb

14,55

35,27

83,50

Kurswert beim Erwerb

218.250,00 EUR

705.400,00 EUR

501.000,00 EUR

Anschaffungskosten

219.104,28 EUR

708.002,97 EUR

502.706,15 EUR

davon Anschaffungsnebenkosten

854,28 EUR

2.602,97 EUR

1.706,15 EUR

Quote Anschaffungsnebenkosten

0,39%

0,37 %

0,34 %

Kurs am 31.12.2001

9,50

28,81

74,35

Kursminderung Erwerb / 31.12.2001

./. 34,71 %

./. 18,32 %

./. 10,96 %

Kurswert am 31.12.2001

142.500,00 EUR

576.200,00 EUR

446.100,00 EUR

Teilwertabschreibung Klägerin

./. 68.517,15 EUR

./. 114.754,86 EUR

./. 34.918,51 EUR

Kurs am 14.03.2002 (Bl. 176 FG-Akte)

13,35

24,96

74,10

Kursminderung Erwerb / 14.03.2002

./. 8,25%

./. 29,23%

./. 11,26%

Kurs am 16.06.2003

6,00

14,71

42,65

Kursminderung Erwerb / 16.06.2003

./. 58,76%

./. 58,29%

./. 48,92%

Die von der Klägerin tatsächlich vorgenommenen Teilwertabschreibungen weichen der Höhe nach geringfügig von den Werten ab, die sich bei Zugrundelegung der obigen Zahlen ergeben würden, weil die Beteiligten sich im Klageverfahren – im Hinblick auf die unterschiedlichen Kursfeststellungen an den einzelnen Börsenplätzen – auf den Ansatz leicht abweichender Kurswerte zum 31. Dezember 2001 verständigt haben. Insgesamt nahm die Klägerin zum 31. Dezember 2001 – unter Einbeziehung weiterer, im Laufe des Verfahrens unstreitig gewordener Positionen – Teilwertabschreibungen in Höhe von 224.438,42 EUR vor.

Der handelsrechtliche Jahresabschluss der Klägerin für das Streitjahr 2001 ist unter dem 14. März 2002 sowohl durch den Vorstand der Klägerin als auch durch deren Steuerberater unterzeichnet worden. Dort heißt es zu den eingetretenen Wertminderungen (S. 3 und 12 des Anhangs zum Jahresabschluss): „Der Vorstand geht jedoch davon aus, dass die Kursentwicklungen bei den vorhandenen Wertpapieren künftig positiver verlaufen und damit keine weiteren Abschreibungen hervorrufen werden.”

Eine gesonderte Steuerbilanz stellte die Klägerin nicht auf. Sie reichte ihre Steuererklärungen für 2001 am 16. Juni 2003 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) ein. Darin erklärte sie einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss i.H.v. 5.359.305 DM und eine Korrektur nach § 60 Abs. 2 Satz 1 der EinkommensteuerDurchführungsverordnung (EStDV) zur Anpassung der Handelsbilanz an die steuerlich maßgebenden Wertansätze i.H.v. ./. 1.447.322 DM. Der letztgenannte Betrag steht nicht in Zusammenhang mit der Bewertung der Aktienbestände, sondern beruht ausschließlich auf dem Ansatz von Einkünften aus einer Ergänzungsbilanz, die für die Klägerin bei einer Personengesellschaft geführt wird.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Teilwertabschreibung sei zu versagen, weil die zum Bilanzstichtag eingetretene Wertminderung nicht als „voraussichtlich dauernd” anzusehen sei. Das FA folgte dem Prüfer und erließ entsprechend geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer (KSt) und den Gewerbesteuer-(GewSt-)Messbetrag 2001.

Im Einspruchsverfahren vertrat die Klägerin die Auffassung, die Kurseinbrüche seien nicht auf übliche Wertschwankungen zurückzuführen, sondern hätten auf dem etwa zur Jahresmitte 2001 eingetretenen „Platzen einer spekulativen Blase” beruht. Damit hätten sich die ...

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