Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifizierung einer Tätigkeit im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Stelle im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres ist nicht als Ausbildungsplatz i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c anzusehen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Sätze 1, 1 Nrn. 2c, 2b, Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2003; Aktenzeichen VIII R 78/99)

 

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch auf Kindergeld für die Tochter Carolin des Klägers (Kl.) für die Zeit von Februar bis Juli 1998.

Die am 10.02.1979 geborene Carolin … besuchte bis zum 31.01.1998 das Pelizaeus-Gymnasium in … Zum 03.08.1998 begann sie mit der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres bei der Organisation … in … einem Fachverband im Caritasverband.

Der Beklagte (Bekl.) teilte dem Kl. mit Bescheid vom 01.10.1998 mit, daß die Festsetzung des Kindergeldes für Carolin für den Zeitraum Februar 1998 bis Juli 1998 aufgehoben werde, da sie über 18 Jahre alt sei und keinen der in § 32 Abs. 4 und 5 EinkommensteuergesetzEStG –, genannten Tatbestände erfülle.

Der hiergegen eingelegte Einspruch des Kl. wurde als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Einspruchsentscheidung vom 28.10.1998 verwiesen.

Mit der Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter, auch für die Zeit von Februar 1998 bis Juli 1998 Kindergeld für seine Tochter Carolin bewilligt zu bekommen. Er trägt vor, daß seine Tochter sich bereits im. Dezember 1997 um einen Platz für die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres bemüht habe. Im Rahmen eines Gespräches am 07.01.1998 seien ihr gute Aussichten für den Platz bestätigt worden. Daraufhin habe sie sich nicht um einen Ausbildungsplatz bemüht und auch keine sonstige Tätigkeit aufgenommen. Da seine Tochter kein eigenes Einkommen bezogen habe, sei ihm nicht klar gewesen, daß der Abbruch der Schulausbildung Auswirkungen auf den Bezug von Kindergeld gehabt habe und dem Arbeitsamt anzuzeigen war. Dem Kl. sei nicht bekannt gewesen, daß er einen besonderen Antrag für ein Kind ohne Ausbildungs- und Arbeitsplatz stellen mußte. Das Arbeitsamt habe ihn hierüber auch nicht hinreichend informiert.

Der Kl. beantragt,

  • den Bescheid des Bekl. vom 1.10.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 28.10.1998 aufzuheben,
  • hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er trägt vor, daß die seitens des Kl. vertretene Ansicht keinen Anhalt im Einkommensteuergesetz finde. Im Streitfall liege keiner der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Anspruchsgründe für die Zahlung von Kindergeld vor. Insbesondere handele es sich nicht um einen Fall, der dem in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG geregelten Fall vergleichbar sei. Danach werde ein Kindergeldanspruch anerkannt, wenn ein Kind, das noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet habe, eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen könne. Ein freiwilliges soziales Jahr erfülle nicht die Anforderungen, die an eine Ausbildung zu stellen seien. Für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Aufhebungsentscheidung sei allein maßgeblich, daß sich aufgrund der Beendigung der Schulausbildung eine für den Kindergeldbezug wesentliche Änderung ergeben habe. Daß diese Beendigung der Schulausbildung ein mitteilungspflichtiger Sachverhalt gewesen sei, hätte der Kl. ohne Schwierigkeiten dem ihm ausgehändigten Merkblatt entnehmen können.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kl. hat keinen Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter Carolin für den Zeitraum von Februar 1998 bis Juli 1998.

Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird für den Anspruch auf Kindergeld nur unter den im Rahmen von § 32 Abs. 4 EStG angeführten Fällen berücksichtigt. Im Streitfall liegt keiner der in dieser Vorschrift aufgeführten Tatbestände vor.

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG scheidet aus. Zwar hatte die Tochter des Kl. im maßgeblichen Zeitraum das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet, sie mag auch arbeitslos gewesen sein, sie stand der Arbeitsvermittlung im Inland jedoch nicht zur Verfugung, da sie dem Arbeitsamt keine Nachricht über den Abbruch ihrer Schulausbildung gegeben hatte.

Ein Fall des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG scheidet ebenfalls aus, da die Tochter Carolin in dem Zeitraum von Februar 1998 bis Juli 1998 in keinem Beruf ausgebildet wurde.

Eine Berücksichtigung der Tochter Carolin für die Kindergeldzahlung ergibt sich auch nicht aus § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG. Danach wird ein Kind berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet. Unabhängig davon, ob das freiwillige soziale Jahr als ein Ausbildungsabschnitt im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist, ist im Streitfall der höchstmögliche Zeitraum von vier Monaten überschritten. Das Kind Carolin hat die Schule zum 31.01.1998 verlassen und erst am 03.08.1998 das freiwillige soziale Jahr begonnen, mithin liegt eine Übergangszeit von 6 Monaten ...

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