Entscheidungsstichwort (Thema)

Zordnung eines Oldtimers zum Privat- oder Betriebsvermögen eines Arztes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein auch für Rennen und Fahrtrainings, bei denen der Steuerpflichtige als Rennarzt tätig wird, genutzter Oldtimer, der nach der 1%-Regel vom Steuerpflichtigen als Betriebsfahrzeug behandelt wird, ist Liebhabereivermögen und kann kein gewillkürtes Betriebsvermögen sein, wenn die Reparaturkosten gegenüber dem historisch niedrigen Anschaffungspreis so erheblich ins Gewicht fallen, dass demgegenüber die betriebliche Nutzung keinen bedeutsamen Umfang hat.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Oldtimer dem Betriebs- oder Privatvermögen zuzuordnen ist. Zudem streiten die Beteiligten über die Reichweite der Änderungsmöglichkeit von bestandskräftigen Steuerfestsetzungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO).

Der Kläger ist als selbständiger Arzt tätig und wird für die Streitjahre 2003 bis 2005 zur Einkommensteuer veranlagt. Den Gewinn ermittelt er durch Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 des EinkommensteuergesetzesEStG –). Die in V-Stadt belegene Praxis des Klägers ist als Lehrpraxis für die Medizinische Fakultät der Universität C-Stadt ausgewiesen. Ferner erbrachte der Kläger in den Streitjahren ärztliche Leistungen gegenüber der Landesstelle für Aussiedler, Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge Nordrhein-Westfalen.

Im Jahr 1999 erwarb der Kläger ein gebrauchtes Fahrzeug der Marke Austin. Der Kaufpreis betrug DM 24.500. Zum Zeitpunkt der Erstzulassung im Jahr 1961 belief sich der Listenpreis auf ca. DM 6.900. Das amtliche Kfz-Kennzeichen ist mit einem „H” (historisches Fahrzeug) versehen.

Der Kläger ordnete den Austin seit der Anschaffung seinem Betriebsvermögen zu. Hierneben gehörten zum Betriebsvermögen zunächst ein Opel Corsa und später – u.a. in den Streitjahren 2003 bis 2005 – ein BMW 320 Cabrio. Für jene Fahrzeuge führte der Kläger – anders als für den Austin – ein Fahrtenbuch.

Die betrieblichen Fahrten mit dem Austin betrugen nach Angaben des Klägers im Jahr 2003 1.419 km, im Jahr 2004 1.525 km sowie im Jahr 2005 816 km (Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte, Fahrten zu Hausbesuchen, zur Landesstelle für Aussiedler sowie zur Universität C-Stadt). Die durchschnittliche Jahresgesamtfahrleistung des Austin betrug 4.985 km und beruhte auf Angaben des Klägers zu den Kilometerständen des Fahrzeugs während des Zeitraums von Februar 2003 bis Februar 2007.

Den privaten Nutzungsanteil für den Austin ermittelte der Kläger nach der sog. 1 %-Methode, und zwar auf Grundlage des ursprünglichen Listenpreises von DM 6.900 (ca. EUR 3.500).

Seit Anschaffung ergaben sich für den Austin folgende – vom Kläger als Betriebsausgaben berücksichtigte – Aufwendungen:

1999

(DM)

2000

(DM)

2001

(DM)

2002

(EUR)

2003

(EUR)

2004

(EUR)

2005

(EUR)

Kfz-Steuern

375,00

375,00

375,00

191,73

191,73

191,73

191,73

Kfz-Vers.

228,30

924,90

503,77

124,91

121,46

121,46

160,46

Betriebskosten

855,83

822,90

1.074,38

743,32

545,01

532,29

1.062,87

Reparaturen

6.717,54

11.829,71

5.430,99

6.797,15

3.452,38

6.752,50

8.398,77

AfA

4.949,76

4.949,00

4.949,00

2.530,25

2.529,50

0,00

0,00

Summe Kosten

13.126,43

18.901,51

12.333,14

10.387,36

6.840,08

7.897,98

9.813,83

umger. EUR

6.711,44

9.664,19

6.305,83

Ø km-Leistung

4.985

4.985

4.985

4.985

4.985

4.985

4.985

Kosten je km

2,63 DM

3,79 DM

2,47 DM

2,08 EUR

1,37 EUR

1,58 EUR

1,97 EUR

Ø Kosten

1,65 EUR

Dem Beklagten war ausweislich des Inhalts der Bilanzakte bekannt, dass es sich bei der Anschaffung des Fahrzeugs um einen Austin handelte, der mit einem historischen Kennzeichen versehen war und als „Oldtimer” einen nur geringen Listenpreis hatte. Ferner waren dem Beklagten die verhältnismäßig hohen, jährlich wiederkehrenden Reparaturkosten bekannt. Ebenso war dem Beklagten bekannt, dass der Kläger neben dem Austin ein weiteres Fahrzeug im Betriebsvermögen führte.

Der Beklagte erkannte die Zuordnung des Austin zum Betriebsvermögen und dementsprechend die hiermit im Zusammenhang stehenden Kosten seit Anschaffung im Jahr 1999 als Betriebsausgaben an. Die Einkommensteuerfestsetzungen erfolgten bis einschließlich des Jahres 2004 endgültig. Die Festsetzung für das Jahr 2005 erging erstmals unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der AO).

Im Jahr 2007 fand eine Betriebsprüfung beim Kläger für die Streitjahre 2003 bis 2005 statt. Die Prüferin stellte fest, dass der Kläger den Austin neben geringen betrieblichen Fahrten – ebenso wie dessen Lebensgefährtin – auch für Rennen und Fahrtrainings auf diversen Rennstrecken im In- und Ausland nutzte (Sachsenring, ATP-Ring in Papenburg, Rennstrecke in Le Luc). Sie vertrat die Auffassung, dass der Austin als reines „Liebhabereifahrzeug” nicht zum Betriebsvermögen gehöre. Vordergründig diene das Fahrzeug dem Hobby des Klägers. Dass er bei diversen Rennen und Fahrtrainings auch als Rennarzt tätig werde, führe – so die Prüferin – zu keinem anderen Ergebnis, da insoweit weder Betriebseinnahmen noch – ausgaben erklärt worden seien. Unab...

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