Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbarkeit bzw. Steuerbefreiung der entgeltlichen Zurverfügungstellung eines Grundstücks für Ausgleichsmaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein steuerbarer Leistungsaustausch kann aber auch bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen vorliegen, wenn die Zahlungen erfolgen, um von dem Zahlungsempfänger bestimmte in einem gegenseitigen Vertrag vereinbarte Leistungen zu erhalten. Der Stpfl. erhält vorliegend die Zahlungen als Vergütung für die Zuverfügungstellung des Grundstücks.

2. Eine Grundstücksvermietung bzw. -verpachtung i.S.d. UStG ist in diesem Fall nicht gegeben, denn die Gemeinde hat das Grundstück nicht so in Besitz genommen, als ob sie dessen Eigentümer wäre; zudem konnte sie auch nicht jede andere Person von der Nutzung des Grundstücks ausschließen.

 

Normenkette

UStG § 3a Abs. 2 Nr. 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 3 Abs. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.11.2012; Aktenzeichen V R 15/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die entgeltliche Zurverfügungstellung eines Grundstücks für Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz der Umsatzsteuer unterliegt.

Der Kläger (Kl.), der im Hauptberuf als Angestellter tätig ist, bewirtschaftet im Nebenerwerb einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Der Betrieb umfasst u.a. eine Pferdezucht; außerdem bietet der Kl. Reitunterricht an.

Der Kl. erzielte in den Streitjahren Einnahmen aufgrund eines Vertrages, mit dem er der Gemeinde M ein Grundstück zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz zur Verfügung stellte. Der Vertrag mit der Bezeichnung „Vereinbarung über Nutzungsbeschränkung nebst Bestellung einer Dienstbarkeit und Ankaufsverpflichtung” wurde am 27.9.2002 unter notarieller Beurkundung abgeschlossen. In diesem Vertrag, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, war u.a. Folgendes vereinbart:

§ 1

(…)

(2) Der Erschienene zu 1) bewilligt, dass die Gemeine M diese Grundbesitzungen für das Anlegen von Ausgleichsmaßnahmen in Besitz nimmt und für das Anlegen einer mit der Unteren Landschaftsbehörde abgestimmten Ausgleichsmaßnahme verwendet.

§ 2

(1) Der Erschienene zu 1) stimmt der durch die Gemeinde M anzulegenden Ausgleichsmaßnahme unwiderruflich und auf Dauer zu.

(2) Die in der Vorbemerkung genannten Grundstücke werden der derzeitigen Nutzung als Acker für immer entzogen.

(3) Die erstellte Ausgleichsmaßnahme (extensiv genutztes Grünland und Anlage eines Teiches) ist durch den Eigentümer auf Dauer zu belassen.

§ 3

(1) Der Erschienene zu 1) ist damit einverstanden, dass die Gemeinde M die Grundbesitzungen nach formloser Ankündigung zu jeder Zeit, frühestens jedoch am 01.01.2003, für die Anlage der Ausgleichsmaßnahme in Besitz und die Nachbesserung bei evtl. Ausfällen und die Kulturpflege nach der Anlage der Maßnahme vornimmt.

(2) Die Ausgleichsmaßnahme soll durchgeführt werden gemäß der Vereinbarung mit der Unteren Landschaftsbehörde.

Gem. § 4 des Vertrages erhielt der Kl. eine einmalige Entschädigung in Höhe von insgesamt 76.306,20 EUR. Die Entschädigung war in zwei Raten zu zahlen, wobei die erste Rate in Höhe von 48.000 EUR im Dezember 2002, die zweite Rate in Höhe von 28.306,20 EUR im Juni 2003 fällig war. Gem. § 7 des Vertrages bedurften Nebenabreden der Schriftform. Gem. § 8 Abs. 3 des Vertrages bewilligte der Kl. der Gemeinde die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Sicherung des Rechts zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahme.

§ 8

(…)

(2) Auf diesen Grundbesitzungen in der Gesamtgröße von 37.405 qm hat die Gemeinde M das Recht, eine mit der Unteren Landschaftsbehörde abgestimmte Ausgleichsmaßnahme durchzuführen. Die Ausgleichsmaßnahme wird in der Anlage eines extensiv genutzten Grünlandes und Anlage eines Teiches bestehen. Die Gemeinde M ist berechtigt, diese Ausgleichsmaßnahme zu betreiben und die Grundstücke zum Zweck des Betriebs und der Unterhaltung der durchgeführten Ausgleichsmaßnahme zu benutzen und zu betreten. Die Kosten der Unterhalten gehen zu Lasten der Gemeinde M.

(3) Demgemäß bewilligen der Erschienene zu 1) und beantragt die Gemeinde M die Eintragung vorstehender beschränkt persönlicher Dienstbarkeit zu Gunsten der Gemeinde M auf den Grundstücken Gemarkung M, Flur …, Grundstück … und Gemarkung M Flur …, Flurstück …, im Range vor den Rechten Abt. III.

(…)

Nach § 9 des Vertrages wurde dem Kl. eine Verkaufsoption eingeräumt, nach der er der Gemeinde das Grundstück innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nach Vertragsschluss zu einem Festpreis von 29.000,00 EUR andienen kann.

Nach Anlegung der Ausgleichsmaßnahme nutzte der Kl. das Grundstück, indem er die Wiesenflächen düngte und regelmäßig mähte.

Der Kl. gab für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärungen ab. Im Jahr 2007 wurde eine Betriebsprüfung beim Kl. durchgeführt. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, dass der Kl. neben seiner landwirtschaftlichen Betätigung als regelversteuernder Unternehmer tätig geworden war. Der Kl. erzielte nach den Feststellungen des Betriebsprüfers im Jahr 2001 sowie den Streitjah...

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