Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Einordnung einer Zahlung als Schadensersatz oder umsatzsteuerliches Entgelt

 

Leitsatz (redaktionell)

Die von der DB Netz AG geleistete Entschädigung für Betriebserschwernisse an den Stpfl. stellt keinen Schadensersatz, sondern umsatzsteuerliches Entgelt für eine Leistung des Stpfl. (Einverständnis mit der Schließung des Bahnübergangs) dar. Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen. Die gewählte Bezeichnung, etwas wie im Streitfall „Entschädigung”, ist unerheblich.

 

Normenkette

UStG § 10

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.08.2019; Aktenzeichen V R 47/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Zahlung im Zusammenhang mit der Schließung eines Bahnübergangs Schadensersatz oder umsatzsteuerliches Entgelt darstellt und ob im Falle der Annahme eines steuerbaren Umsatzes dieser im Streitjahr zu erfassen ist und unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG) fällt und hilfsweise, ob pauschaliert zu berechnende Vorsteuern zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist Landwirt. Er hat seinen Betrieb mit Wirkung zum 30.6.2009 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn übertragen. Im Streitjahr 2006 unterlag er mit seinen land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.

Beim Bau einer parallel zur Bundesstraße xxx gelegenen Eisenbahnlinie wurden von der Eisenbahngesellschaft für die betroffenen Landwirte Übergänge über die Bahngleise geschaffen. Einzelvertragliche Vereinbarungen und grundbuchliche Eintragungen im Hinblick auf ein Querungsrecht des Klägers bestanden nicht. Mit Schreiben der Flurbereinigungsbehörde vom 28.5.1999 (Bp-Handakte Bl. 106) wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die bestehenden Übergänge, Straßen und Wirtschaftswege durch den Wege- und Gewässerplan nach § 41 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) als öffentliche bzw. gemeinschaftliche Anlagen planfestgestellt worden sind. Der Bahnübergang gewährleistete den unmittelbaren Zugang von der Hofstelle zu den jenseits der Bahntrasse gelegenen landwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen des Klägers.

Die DB Netz AG beabsichtigte aus Gründen der Sicherheit und Abwicklung des Verkehrs die Schließung von Privatweg-Bahnübergängen, unter anderem auch den des Klägers. Mit Planfeststellungsbeschluss vom 14.10.2003 wurde gemäß § 18 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) der Plan der DB Netz AG für die Schließung des Bahnübergangs festgestellt. Die Entscheidung enthielt unter Gliederungspunkt II (Entscheidungen, Auflagen, Bedingungen, Befristungen) unter anderem folgende Regelungen:

„…

3. Die Schließung des Bahnübergangs darf erst erfolgen, wenn der Ersatzweg fertiggestellt ist.

4. Für die Mehrwege des Einwenders D (= Kläger) ist für die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen eine Entschädigung zu leisten. Das Nähere ist dem Entschädigungsverfahren vorbehalten.

…”

Die durch die Schließung des Bahnübergangs erforderlichen Umwege des Klägers für Fahrten zu seinen jenseits der Bahntrasse liegenden Flächen betrugen ca. 1500 m (einfacher Weg). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Planfeststellungsbeschluss vom 14.10.2003 verwiesen (Gerichtsakte Bl. 82 ff).

Der Kläger versuchte zunächst mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht N gegen den Planfeststellungsbeschluss die Schließung seines Bahnübergangs zu verhindern. Mit Vereinbarung vom 18.5.2005 zwischen der DB Netz AG und dem Kläger stimmte der Kläger der Aufhebung des Bahnübergangs zu. Die DB Netz AG verpflichtete sich in der vorgenannten Vereinbarung zum Bau eines Ersatzwegs und für die aus der Bahnübergangsaufhebung resultierenden Betriebserschwernisse zur Zahlung eines Entschädigungsbetrags von 128.369,93€. Auch die aus der Entschädigungszahlung entstehenden Steuerbelastungen sollten dem Kläger von der DB Netz AG erstattet werden. Der Bahnübergang sollte erst nach Fertigstellung der Sicherungsanlage an einem anderen Bahnübergang, zu dem der zu bauende Ersatzweg führte, und nach Fertigstellung des Ersatzweges geschlossen werden. Die Entschädigungszahlung war nach Schließung des Bahnübergangs zu zahlen. Es wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Vereinbarung vom 18.5.2005 (Gerichtsakte Bl. 23 f.) verwiesen. Die verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 18.5.2005 (Gerichtsakte Bl. 112) zurück. Die Schließung des Bahnübergangs erfolgte im Streitjahr 2006.

Die Höhe der Entschädigungszahlung von 128.369,93€ beruht auf einem Gutachten des von der Landwirtschaftskammer NRW öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. H I vom 25.9.2000. Das per 13.1.2005 aktualisierte Gutachten geht bei einer Ausgangsgröße von 191.245,00€ von einer Verminderung um die Position „Umweg mit Ersatzweg” um 62.875,07€ auf 128.369,93€ aus, weil dem Kläger die Nutzungsmöglichkeit am neu zu schaffenden Ersatzweg ...

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