Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen Berufsausbildungs- und Fortbildungskosten bei Aufwendungen für ein Erststudium im dualen System

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aufwendungen einer Steuerfachgehilfin für ein im dualen System betriebenes Erststudium der Fachrichtung Wirtschaft (Schwerpunkt Steuer- und Revisionswesen) mit dem Ziel eines Abschlusses als Dipl.-Betriebswirt/-in (FH) sind Ausbildungskosten, die in den Grenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind.

2) Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer seine Berufstätigkeit in dem bisherigen Aufgabenbereich nach Abschluss des Studiums unverändert fortsetzen will.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1, 1 Nr. 7, § 39a Abs. 1; ESTG § 39a Abs. 1 Nr. 2; FGO § 100 Abs. 1 S. 4; EStG § 100 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.2003; Aktenzeichen VI R 5/01)

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuer- (LSt-) Karte, ob Aufwendungen für ein Studium an einer Fachhochschule Fortbildungskosten darstellen und damit als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften der Klägerin (Klin.) aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.

Die Klin. schloß Anfang des Jahres 1996 ihre Ausbildung als Steuerfachgehilfin ab. Am 01.10.1996 nahm sie an der Fachhochschule der Wirtschaft … (FHDW) ein Studium in der Fachrichtung Wirtschaft, Schwerpunkt Steuer- und Revisionswesen mit dem Ziel eines Abschlusses als Dipl.-Betriebswirt (FH) auf. Die Kosten für den Studienplatz beliefen sich auf 1.100 DM pro Monat. Die Klin. mietete ferner am Studienort … ein möbliertes Appartement an. Bei dem Studium, das im Herbst 1999 beendet sein sollte, handelte es sich um ein Studium im sog. dualen System, währenddessen sie weiterhin bei ihrem Arbeitgeber (AG) als Steuerfachgehilfin mit den berufstypischen Arbeiten betraut war und dafür weiterhin auch während der Zeit ihres Studiums den üblichen Tariflohn von rund 3.300 DM monatlich erhielt.

Unter dem 17.01.1997 stellte die Klin. beim Bekl. einen Antrag auf LSt-Ermäßigung, mit dem sie beantragte, die voraussichtlichen Kosten für ihr Studium i.H.v. 25.851,60 DM als Fortbildungskosten und damit als WK anzuerkennen und auf der LSt-Karte als Freibetrag einzutragen. Dem folgte der Bekl. nicht, da es sich nach seiner Auffassung bei den geltend gemachten Aufwendungen nicht um Fortbildungskosten, sondern als Sonderausgaben zu berücksichtigende Ausbildungskosten handele. Ein Studium sei immer als Ausbildung anzusehen. Er berücksichtigte lediglich den Pauschbetrag des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG i.H.v. 2.400 DM abzüglich des Sonderausgabenpauschbetrag von 108 DM (§ 39 a Abs. 1 Nr. 2 EStG).

Dagegen legte die Klin. Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, entgegen der Auffassung des Bekl. sei ein Studium, insbesondere dann, wenn es im dualen System im abgestimmten Wechsel von wissenschaftlicher Lehre und betrieblicher Praxis betrieben werde, nicht stets als Ausbildung anzusehen. Bei der Ausbildung im dualen System stehe die berufliche Fortbildung im Vordergrund. Voraussetzung sei gewesen, ein Arbeitsverhältnis für die Dauer des Studiums nachzuweisen, da sonst der Studienplatz nicht gewährt worden wäre. Ihr Studium werde auch keinen Wechsel in einen anderen Beruf zur Folge haben. Vielmehr würden in der Ausbildung erworbene Kenntnisse ergänzt und vertieft. Das Studium sei vergleichbar der Fortbildung eines Steuerfachgehilfen oder eines Finanzbeamten zur Erlangung des Steuerberaterexamens.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.09.1997 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, nach der Rspr. des BFH seien die Kosten eines Erststudiums stets als Berufsausbildungskosten zu qualifizieren. Dies gelte auch für ein berufsintegrierendes Erststudium an einer Fachhochschule mit dem Ziel, den Hochschulgrad „Dipl.-Betriebswirt FH” zu erwerben. Das von der Klin. betriebene Studium eröffne ihr auch andere berufliche Möglichkeiten, als sie sie in ihrer jetzigen Stellung als Steuerfachgehilfin habe. Unerheblich sei, ob sich ihr Aufgabengebiet nach Abschluß des Studiums wesentlich ändern werde. Es liege auch kein Ausbildungsdienstverhältnis vor, bei dem die Ausbildungskosten als WK abzugsfähig seien. Denn das zwischen der Klin. und ihrem AG bestehende Arbeitsverhältnis sei nicht mit der Bestimmung abgeschlossen worden, daß die Klin. das Studium betreibe. Das Arbeitsverhältnis bestehe vielmehr unverändert fort und sei lediglich eine Bedingung für die Aufnahme des Studiums.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klin. ihr Einspruchsbegehren weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren. Sie verweist zudem auf die Urteile des Niedersächsischen FG vom 19.07.1994, XV 465/92, EFG 1995, 10 und vom 06.08.1997, XIII 252/93, EFG 1998, 640, nach denen die Aufwendungen für ein erstmaliges berufsbegleitendes Studium bzw. für ein erstmaliges, an eine abgeschlossene Berufsausbildung anknüpfendes Studium WK darstellten.

Die Klin. beantragt,

festzustellen, daß die Nichteintr...

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