Entscheidungsstichwort (Thema)

Beamtenbezüge während des Sonderurlaubs vor dem Eintritt in den vorgezogenen Ruhestand

 

Leitsatz (redaktionell)

Zahlt der Dienstherr an einen Beamten (in NW) während der Sonderurlaubszeit nach Erreichen des 58. Lebensjahrs vor dem nahtlosen Eintritt in den Ruhestand Bezüge, so sind diese noch nicht als begünstigte "Versorgungsbezüge" im Sinne von § 19 Abs. 2 S. 2 EStG anzusehen, sondern noch als "aktive" Dienstbezüge im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 2 S. 2, § 10 Abs. 3 S. 2 Buchst. a, § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.02.2009; Aktenzeichen VI R 50/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) in den Streitjahren Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhalten hat und ob die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) vorlagen.

Der am 16. April 1938 geborene Kl., der mit seiner Ehefrau – der Klägerin (Klin.) – zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wird, war als Beamter in der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) tätig. Am 27. Oktober 1999 beantragte der Kl. unwiderruflich Sonderurlaub nach § 12 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 der Verordnung über den Sonderurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Lande Nordrhein-Westfalen (SUrlV NW) und verpflichtete sich zugleich für den Fall der Bewilligung zu dem beamtenrechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt seine Versetzung in den Ruhestand zu beantragen. Anlass für diesen Antrag waren zwei Rundschreiben des Finanzministeriums NRW vom 12. August 1999 und vom 2. September 1999 (B 1110 – 45.6 – IV B 2) über die Gewährung von Sonderurlaub für Beamtinnen und Beamte ab dem 58. Lebensjahr, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Mit Schreiben vom 15. November 1999 wurde dem Kl. von der Oberfinanzdirektion N (OFD) mit Zustimmung des Finanzministeriums NRW gemäß § 12 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SUrlV NW unwiderruflich Sonderurlaub für die Zeit vom 1. Februar 2000 bis zum Beginn seines Ruhestandes gemäß der für den Kl. im damaligen Zeitpunkt geltenden Antragsaltersgrenze von 63 Jahren unter Fortzahlung von 70 % der im letzten Monat vor der Beurlaubung zustehenden Besoldung bewilligt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der OFD verwiesen.

Am 21. August 2000 beantragte der Kl. seine Versetzung in den Ruhestand ab 1. Mai 2001. Mit Schreiben der OFD vom 23. Januar 2001 wurde der Kl. mit Ablauf des Monats April 2001 in den Ruhestand versetzt. Mit Schreiben des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) vom 28. März 2001 wurde das Ruhegehalt des Kl. unter Berücksichtigung der Antragsaltersgrenze 2001 und einer Minderung aufgrund der Versorgungsabschlagsregelung (Zeit vom Eintritt in den Ruhestand am 1. Mai 2001 bis zum Ablauf der Vollendung des 65. Lebensjahres) auf 70,2 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge festgesetzt.

Nachdem seitens des LBV sämtliche im Jahr 2000 an den Kl. gezahlten Bezüge (i.H.v. insgesamt 69.915,79 DM) als Bruttoarbeitslohn auf der Lohnsteuerkarte eingetragen worden waren, teilte der Kl. dem LBV mit Schreiben vom 30. Januar 2001 mit, dass er seit dem 1. Februar 2000 nicht mehr als Beamter aktiv tätig sei und beantragte, die vom 1. Februar 2000 bis 31. Dezember 2000 erhaltenen Bezüge i.H.v. 62.454,53 DM auf der Lohnsteuerkarte als Versorgungsbezüge auszuweisen. Seitens des LBV erfolgte eine entsprechende Änderung.

In der Einkommensteuer(ESt-)Erklärung 2000 erklärte der Kl. Versorgungsbezüge in Höhe von 62.455 DM. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß durch den Sachbearbeiter am 12. März 2002. Der ESt-Bescheid 2000, in dem bei den Einkünften des Kl. aus nichtselbständiger Arbeit ein Versorgungsfreibetrag i.H.v. 6.000 DM sowie beschränkt abziehbare Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen) i.H.v. 18.637 DM (unter Berücksichtigung von Dienstbezügen bei der Kürzung des Vorwegabzugs i.H.v. 7.461 DM) berücksichtigt wurden, wurde am 25. März 2002 durch das Rechenzentrum der Finanzverwaltung (RZF) versandt.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2002 beantragte der Kl. beim LBV auf der Lohnsteuerkarte 2001 anstatt des bisherigen Ausweises i.H.v. 48.077,39 DM sämtliche im Jahr 2001 erhaltenen Bezüge (68.958,52 DM) als Versorgungsbezüge auszuweisen. Diesen Antrag lehnte das LBV ab und teilte dem Beklagten (Bekl.) mit Schreiben vom 26. Februar 2002, beim Bekl. am 25. März 2002 eingegangen, mit, dass die auf der Lohnsteuerkarte 2000 bescheinigten Versorgungsbezüge nicht zu berücksichtigen seien, da der Kl. erst ab dem 1. Mai 2001 Versorgungsbezüge erhalte.

Der Bekl. erließ daraufhin am 12. April 2002 einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid 2000, in dem er keinen Versorgungsfreibetrag berücksichtigte und die beschränkt abziehbaren Sonderausgaben nur i.H.v. 8.644 DM (unter Berücksichtigung von sämtlichen im Jahr 2000 erhaltenen Dienstbezügen bei der Kürzung des Vorwegabzugs) zum Abzug zuließ. Hiergegen richtete sich der von den Kl. am 1...

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