Entscheidungsstichwort (Thema)

Außenprüfung; Zwangsgeldfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, dass die Mitwirkung ein der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens unterliegendes Aufklärungs- und Beweismittel ist. Entsprechend § 92 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde auch im Rahmen des § 200 AO nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt.

2. Ein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3b AO besteht für einen Steuerberater nur insoweit, als die Vorlage von Unterlagen die Identität seines Mandanten und die Tatsache seiner Beratung tangiert.

 

Normenkette

AO § 193 Abs. 1, § 102 Abs. 1 Nr. 3b, § 200 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2009; Aktenzeichen VIII R 78/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Anordnungen zur Vorlage von Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung und darauf gerichtete Androhungen und Festsetzungen von Zwangsgeldern rechtmäßig sind.

Der Kläger (Kl.) erzielt als Steuerberater, Rechtsanwalt und Notar Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Mit der Verfügung vom 10.05.1999 hatte das Finanzamt (FA) bei ihm eine Betriebsprüfung (Bp.) angeordnet, die sich auf die Umsatzsteuer (USt) und Einkommensteuer (ESt) der Jahre 1995 bis 1997 sowie die Vermögensteuer der Jahre 1995 und 1996 bezog. Diese Verfügung ist rechtskräftig, nachdem die hiergegen erhobene Klage bei demselben Senat des Finanzgerichts – Az.: 11 K 5685/99 AO – und die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) – Az.: IV B 121/00 – erfolglos geblieben waren. Die Prüfung sollte im Einverständnis mit dem Kl. in den Räumen des FA durchgeführt werden.

Da der Kl. keine Unterlagen vorlegte, die nach Auffassung des FA für die Durchführung der Bp. erforderlich waren, forderte es ihn mit der Verfügung vom 18.03.2002 auf, die darin im Einzelnen bezeichneten Unterlagen bis zum 05.04.2002 vorzulegen. Gleichzeitig drohte es ihm für den Fall der Nichtbeachtung die Festsetzung u.a. folgender Zwangsgelder an:

Art der Unterlagen

Zwangsgeld

Gesamt

Eingangsrechnungen

1995 bis 1997

je 300 Euro

900 Euro

Ausgangsrechnungen

1995 bis 1997

je 300 Euro

900 Euro

Kontoauszüge

1995 bis 1997

je 500 Euro

1.500 Euro

Kassenbücher bzw. Kassenberichte 1995 bis 1997

je 300 Euro

900 Euro

Belege zu den baren Geschäftsvorfällen 1995 bis 1997

je 300 Euro

900 Euro

Unterlagen über die Einkünfte aus Kapitalvermögen 1995 bis 1997

je 250 Euro

750 Euro

Unterlagen über die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) 1995 bis 1997

je 250 Euro

750 Euro

Unterlagen über das steuerpflichtige Vermögen 31.12.1994 und 31.12.1995

je 400 Euro

800 Euro

Summe

7.400 Euro

Zur Begründung verwies das FA darauf, dass sich aus dem Urteil des Finanzgerichts und dem Beschluss des Bundesfinanzhofs ergebe, dass es die Vorlage der für die Prüfung erforderlichen Unterlagen verlangen könne. Der Kl. habe allerdings das Recht, in den Unterlagen mandantenbezogene Daten, die seiner Verschwiegenheitspflicht unterlägen, zu schwärzen.

Mit weiterer Verfügung vom 24.04.2002 forderte das FA den Kl. unter Hinweis auf die §§ 200, 97 Abgabenordnung (AO) zusätzlich auf, für 1995 bis 1997 detaillierte Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben, Aufzeichnungen über die durchlaufenden Posten und die Unterlagen über die Umbuchungen bis zum 10.05.2002 vorzulegen. Für den Fall der Nichtbeachtung drohte es ihm ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 750 Euro für 1995, 1996 und 1997 an, insgesamt 2.250 Euro.

Da der Kl. die in der Verfügung vom 18.03.2002 bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt hatte, setzte das FA mit der Verfügung vom 24.04.2002 die angedrohten Zwangsgelder wie folgt fest:

Art Unterlagen

Zwangsgeld

Gesamt

Eingangsrechnungen 1995 bis 1997

jeweils 150 Euro

450 Euro

Ausgangsrechnungen 1995 bis 1997

jeweils 150 Euro

450 Euro

Kontoauszüge 1995 bis 1997

jeweils 250 Euro

750 Euro

Kassenbücher 1995 bis 1997

jeweils 150 Euro

450 Euro

Barbelege 1995 bis 1997

jeweils 150 Euro

450 Euro

Unterlagen über die Einkünfte aus Kapitalvermögen 1995 bis 1997

jeweils 150 Euro

450 Euro

Unterlagen über die Einkünfte aus VuV 1995 bis 1997

jeweils 150 Euro

450 Euro

Unterlagen über das steuerpflichtige Vermögen 31.12.1994 und 31.12.1995

jeweils 200 Euro

600 Euro

Gesamt

4.050 Euro

Da auch die in der weiteren Verfügung vom 24.04.2002 genannten Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben, Aufzeichnungen über die durchlaufenden Posten und die Unterlagen über die Umbuchungen nicht vorgelegt wurden, setzte das FA mit der Verfügung vom 29.05.2002 das Zwangsgeld in der angedrohten Höhe von jeweils 750 Euro je Jahr, insgesamt 2.250 Euro, fest.

Die gegen diese Verfügungen eingelegten Einsprüche wies das FA mit den Einspruchsentscheidungen (EE'en) vom 03.06.2002 betreffend die Bescheide vom 18.03.2002 (Androhung der Festsetzung von Zwangsgeldern) und 24.02.2002 (Festsetzung dieser Zwangsgelder in der Höhe von 4.050 Euro) sowie vom 05.07.2002 betreffend den Bescheid vom 29.05.2002 (Fest...

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