Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Steuerstundungsmodells i. S. des § 15b EStG setzt voraus, dass aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen.

2) Hierfür reicht es nicht aus, wenn die modellhafte Gestaltung auf irgendwie geartete steuerliche Vorteile ausgerichtet ist; vielmehr muss sie darauf gerichtet sein, die Erzielung negativer Einkünfte zu ermöglichen, ohne dass dies im Vordergrund stehen müsste.

3) Ein 141-seitiges Verkaufsprospekt, in dem auf sieben Seiten lediglich die Folgen typischer Anlaufverluste erläutert werden und das im Übrigen der Anwerbung von (Klein)Anlegern dient, die beabsichtigen nachhaltig, zukunftsorientiert und lukrativ in die Erzeugung von Bioenergie zu investieren (Biogasanlagen), führt nicht zur Annahme eines Steuerstundungsmodells i. S. des § 15b EStG.

 

Normenkette

EStG § 15b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.06.2019; Aktenzeichen IV R 7/16)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob in den Streitjahren 2005 bis 2007 Verluste der Klägerin als Verluste nach § 15 b Einkommensteuergesetz (EStG) als verrechenbare Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell festzustellen sind.

Bei der Klägerin handelt es sich um einen geschlossen Anlagefonds, der unter der Firma T-GmbH & Co. KG mit Sitz in O von der T-AG am 28.10.2005 aufgelegt wurde. Gegenstand des Unternehmens war die Errichtung und der Betrieb von Biogasanlagen an verschiedenen, langfristig gepachteten Standorten in Deutschland. Als Komplementärin fungierte zunächst die Firma T-GmbH ebenfalls mit Sitz in O.

Um Kommanditisten zu akquirieren, legte die Klägerin einen 142-seitigen Emissionsprospekt auf, in dem sie Interessenten Fondbeteiligungen anbot. Die potenziellen Anleger sollten sich an einem unternehmerisch tätigen Anlagefonds auf dem Gebiet der Bioenergie mit dem Ziel der Erzeugung von Biogas als Kommanditisten beteiligen. Bei einem überschaubaren Anlagebetrag ab 5.000 EUR konnte die Beteiligung sowohl unmittelbar als auch mittelbar über einen Treuhänder erfolgen. Den Anlegern wurde die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf von zehn Jahren eingeräumt. Die Gesellschaft sollte bis zum 31.12.2026 laufen. Eine Verlängerung war nicht vorgesehen.

Nach Insolvenz der T Firmengruppe im Jahr 2009 erfolgte eine Umfirmierung der Klägerin in G-GmbH & Co. KG unter gleichzeitiger Sitzverlegung nach P. Geschäftsführende Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung ist seither die G-Verwaltungs-GmbH. Wegen des Inhalts des Emissionsprospektes im Einzelnen insbesondere auf die Prognoseberechnung der Gesellschaft wird auf die bei den Akten befindliche Ausfertigung des Prospektes vollinhaltlich Bezug genommen.

In den Jahren 2005 und 2006 hatten sich insgesamt mehr als 350 Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligt. Bis zur Schließung des Fonds am 30.04.2006 betrug das gezeichnete Eigenkapital X EUR.

Das beklagte Finanzamt stellte zunächst die erwirtschafteten Verluste der Jahre 2005 bis 2007 in Feststellungsbescheiden für diese Jahre einheitlich und gesondert fest.

In der Zeit von Juli bis Dezember 2011 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Im Anschluss an diese Betriebsprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, bei den der Höhe nach unstreitigen Verlusten von X EUR (2005), X EUR (2006) sowie von X EUR (2007) handele es sich um Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15 b EStG, die nur mit zukünftigen Einkünften verrechnet werden könnten.

Die Änderungsbescheide datieren vom 13.02.2012 und 23.02.2012.

Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide mit Schreiben vom 13.03.2012 Einspruch ein. Zur Begründung führt sie zusammengefasst aus, in den mehr als 140 Seiten des Verkaufsprospektes werde an keiner Stelle mit der Möglichkeit von steuerlichen Vorteilen geworben. Das Prospekt werbe vielmehr mit dem Einsatz von regenerativen Energien, die bereits ab dem zweiten Betriebsjahr zu positiven Ausschüttungen führen sollten. Nach dem BMF-Schreiben vom 17.07.2007, Bundessteuerblatt I 2007, Seite 542, seien darüber hinaus Anlaufverluste von Existenz- und Firmengründern nicht in den Anwendungsbereich des § 15 b EStG einzubeziehen. Bei den im Prospekt ausgewiesenen Verlusten im ersten Betriebsjahr handele es sich um typische Anlaufverluste.

Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung verweist das Finanzamt darauf, dass in der Prognoseberechnung u. a. ein Vergleich der wirtschaftlichen Ergebnisse vor und nach Einführung des geplanten § 15 b EStG enthalten sei. Unter Berücksichtigung der dort dargelegten steuerlichen Wirkung einer Beteiligung werde letztlich auch mit steuerlichen Vorteilen geworben. Entscheidungserheblich sei aber bei alledem, dass die prognostizierten Verluste die 10 %-Grenze des § 15 b Abs. 3 EStG deutlich überstiegen. Aufgrund des gezeichneten Kapitals betrage die Verlustprognose vorliege...

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