Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen Berufsausbildungs- und Fortbildungskosten bei Aufwendungen für ein während der Berufstätigkeit betriebenes erstmaliges Fachhochschulstudium

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aufwendungen einer über den Abschluss als staatlich geprüfte Betriebswirtin verfügenden Rechtsanwalts- und Notargehilfin für ein neben ihrer Berufstätigkeit im Bereich Personalwesen betriebenes erstmaliges Fachhochschulstudium der Fachrichtung Betriebswirtschaft (Personalwesen) sind als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn Voraussetzung für die Beibehaltung der derzeitigen, bereits erlangten Position ein akademischer Studienabschluss ist und vertraglich vereinbart ist, dass der Arbeitgeber ihr bei erfolgreichem Abschluss ihres Studiums die Kosten (teilweise) zu erstatten und sie im Gegenzug das Beschäftigungsverhältnis für eine bestimmte Dauer fortzusetzen hat.

2) Die typisierende Rechtsprechung des BFH, derzufolge Kosten eines erstmaligen Studiums an einer Universität, Hochschule oder Fachhochschule stets Kosten der Berufsausbildung sind, ist nur anzuwenden, wenn es sich bei dem Studium um die erstmalige Ausbildung für einen ersten Beruf im unmittelbaren Anschluss an den Besuch einer allgemeinbildenden Schule handelt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1, 1 Nr. 7, §§ 12, 9 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.12.2002; Aktenzeichen VI R 137/01)

 

Gründe

Streitig ist, wie Aufwendungen für ein Studium der Betriebswirtschaftslehre steuerlich einzuordnen sind.

Die im Streitjahr 31 Jahre alte Klägerin (Klin) ist ausgebildete Rechtsanwalts- und Notargehilfin.

Zum 01.02.1988 wechselte sie in ein Beschäftigungsverhältnis bei der C., wo sie zunächst im Inkassobereich beschäftigt war. Neben ihrer Beschäftigung besuchte sie die …-Akademie in D. und erwarb dort am 22.09.1994 den Abschluß staatl. gepr. Betriebswirt (Fachrichtung Betriebswirtschaft).

Zum 01.09.1995 wurde die Klin in den Bereich Personalwesen der C. versetzt. Voraussetzung für die endgültige Besetzung dieser Position war ein akademischer Studienabschluß. Die Klin nahm daher zum 01.12.1996 ein Studium der Betriebswirtschaft Fachrichtung Personalwesen an der Fachhochschule für Berufstätige in R. auf. Die C. verpflichtete sich, der Klin bei erfolgreichem Abschluß des Studiums die Kosten des Studiums bis zu einer Höhe von max. 18.500 DM zu erstatten. Im Gegenzug versprach die Klin nach Ablegung des Studiums ihr Beschäftigungsverhältnis bei der C. nicht vor dem 31.12.2002 zu beenden. Anderenfalls hatte sie für jeden Monat vorzeitigen Ausscheidens 510 DM an Studienkosten zu erstatten.

Die von der Klin in 1999 geschriebene Diplomarbeit befasste sich mit einem praxisbezogenen Personalthema aus dem Konzernbereich der C..

Im Rahmen der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Streitjahr 1997 machte die Klin Aufwendungen für ihr Fachhochschulstudium in H. v. 7.543,56 DM, im wesentlichen Seminargebühren (6.120 DM), als Werbungskosten (Wk) bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Der Beklagte (Bekl.) folgte dieser steuerlichen Behandlung nicht, sondern ordnete die Aufwendungen als Ausbildungskosten ein und ließ diese nur mit dem Höchstbetrag von 1.800 DM nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zum Abzug zu, ESt-Bescheid 1997 vom 13.03.1998.

Die Klin legte gegen diesen Bescheid am 03.04.1998 Einspruch ein, den der Bekl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 15.07.1998 als unbegründet zurückwies.

Mit der am 13.08.1998 erhobenen Klage verfolgt die Klin ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie sinngemäß aus, bei dem von ihr in Angriff genommenen Studium handele es sich nicht um ein typisches Erststudium im Sinne der Rechtsprechung des BFH. Sie habe dieses Studium nur begonnen, um ihre derzeitige Arbeitsstelle im Bereich des Personalwesens abzusichern, da ihr Arbeitgeber als Voraussetzung für die Besetzung dieser Stelle ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium verlange. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 10.10.1998 Bezug genommen.

Die Klin beantragt,

den ESt-Bescheid vom 13.03.1998 in Gestalt der EE vom 15.07.1998 dergestalt zu ändern, daß weitere Wk i.H.v. 7.543,56 DM steuermindernd berücksichtigt werden.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl. ist der Auffassung, bei dem Studium der Klin handele es sich um ein Erststudium. Die Aufwendungen für ein derartiges Studium habe der BFH typisierenderweise als Ausbildungskosten behandelt. Nicht anders sei im Streitfall zu verfahren.

Die Klage ist begründet.

Die Aufwendungen der Klin. i.H.v. 7.543,56 DM für das berufsbegleitende Studium an der Fachhochschule in R. sind Wk bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Wk sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Derartige Aufwendungen hat die Klin. vorliegend getätigt. Nach ihrer ursprünglichen Tätigkeit in der Inkassoabteilung der C. wechselte sie im Kalenderjahr 1996 als Personalreferentin in dem Bereich Personalwes...

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