Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung eines zwischen Brüdern mündlich vereinbarten mittelbaren Besitzverhältnisses über ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Allein die Vereinbarung des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Gefahr eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks des Stpfl. auf den Bruder führt bei diesem (noch) nicht zur „Anschaffung” dieses Grundstücks als wirtschaftlicher Eigentümer, wenn der Stpfl. als unmittelbarer Besitzer des Grundstücks aus dem Beackern des Grundstücks weiter die Nutzungen zieht.

2) Die Begründung eines mittelbaren Besitzmittlungsverhältnisses setzt zwischen nahestehenden Personen eine eindeutige und klare Abrede in schriftlicher Form voraus.

 

Normenkette

AO § 39; EStG § 6b

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.02.2020; Aktenzeichen VI B 69/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von den Anschaffungskosten eines Grundstücks einen Betrag aus einer nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gebildeten Rücklage abziehen darf.

Der Kläger war ursprünglich Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X Flur … Flurstück … 35.146 qm groß (im Folgenden auch „Grundstück”). Dabei handelt es sich um landwirtschaftlichen Grundbesitz (Ackerfläche). Der Kläger ist kein aktiver Landwirt mehr; die vorhandenen Flächen verpachtet er durchgängig.

Das streitgegenständliche Grundstück verpachtete der Kläger mit Vertrag vom 17.3.1999 als eines von mehreren an seinen Bruder, Herrn M Q (im Folgenden auch „Bruder”), zu einem Pachtzins von 1.080 DM pro ha, welcher in monatlichen Raten von 1.278 DM (für alle verpachteten Grundstücke) zahlbar sein sollte (§ 1 Abs. 1 a, § 5 Abs. 1 a, Abs. 2 des Pachtvertrages). § 3 dieses Vertrages sah für den Zeitraum ab dem 31.3.2009 eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit vor, wenn nicht eine der Vertragsteile mindestens 6 Monate vor Ablauf der vereinbarten Pachtzeit die Verlängerung schriftlich gegenüber dem anderen Vertragsteil ablehnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den „Pachtvertrag für landwirtschaftliche Grundstücke” vom 17.3.1999.

Dasselbe Grundstück veräußerte der Kläger mit Vertrag vom 29.12.2008 zu einem Kaufpreis von 140.584 EUR (4 EUR pro qm) an seinen Bruder. Der o.g. Pachtvertrag wurde laut § 4 Abs. 3 des Kaufvertrages zum Zeitpunkt der Kaufpreisfälligkeit einvernehmlich aufgehoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 29.12.2008 des Notars O in C, Urkundenrolle Nr. … Bezug genommen. In der Folgezeit wurde der Bruder als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen.

Der Kläger, der seine Einkünfte aus der Landwirtschaft nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt, stellte im Wirtschaftsjahr 2008/2009 einen Veräußerungsgewinn aus dem Grundstück von 99.345 EUR in eine Rücklage gemäß § 6b EStG i.V.m. § 6c EStG ein.

Über dasselbe Grundstück schlossen der Kläger und sein Bruder im Juni 2013 einen weiteren Vertrag mit Nachtrag mit dem Ziel, es an den Kläger zurück zu übereignen. Im Vertrag vom 18.6.2013 waren als Kaufpreis 140.584 EUR (4 EUR pro qm) vorgesehen, fällig spätestens am 30.6.2013, nachdem im Einzelnen näher festgelegte Bedingungen für den Vollzug des Vertrages vorliegen würden (§ 3 lit. b) des Vertrags vom 18.6.2013). Vereinbart wurde überdies die Eintragung einer Vormerkung nach § 883 BGB und eine unbedingt erklärte Auflassung (§ 2 des Vertrags vom 18.6.2013); allerdings sollte der Notar die Erklärungen zum Eigentumsübergang dem Grundbuchamt erst vorlegen, wenn der Nachweis der Kaufpreiszahlung erbracht sein würde. Bei Nichtzahlung bei Fälligkeit sollten die gesetzlichen Verzugszinsen gezahlt werden (§ 3 lit. c) des Vertrags vom 18.6.2013). Der Besitzübergang sollte spätestens am 30.6.2013 erfolgen. Mit dem Tage des Besitzübergangs sollten auch die Nutzungen und die Gefahr des Kaufgegenstandes sowie öffentliche Abgaben und Lasten auf den Käufer übergehen (§ 4 des Vertrags vom 18.6.2013).

Am 27.6.2013 kamen der Kläger und sein Bruder in einem Nachtragsvertrag zu dem vorgenannten Vertrag überein, den Kaufpreis um 29.874,10 EUR auf einen Gesamtpreis von 170.458,10 EUR (4,85 EUR/qm) heraufzusetzen. Es blieb bei der Fälligkeit des Kaufpreises unter den ursprünglichen Bedingungen zum 30.6.2013. Unabhängig von der Kaufpreiszahlung sollte die Besitzübergabe spätestens bis zum 30.6.2013 erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Vertrag vom 18.6.2013 und den Nachtrag vom 27.6.2013, Urkundenrolle Nr. … und Nr. … des Notars O in C.

Der Kläger schloss am 15.7.2013 einen Darlehensvertrag mit der Bank Y über 140.000 EUR ab mit dem Verwendungszweck „Flächenkauf – Landwirtschaft”. Von dieser Summe überwies der Kläger am 9.8.2013 seinem Bruder 122.000 EUR. Eine Grundbuchumschreibung, die den Kläger als Eigentümer des Grundstücks ausweisen würde, ist bis dato nicht erfolgt.

Der Bruder des Klägers reichte beim Beklagten zu seinen eigenen Steuerakten ein mit „Kündigung” überschriebenes Schriftstück mit Datumsangabe „30.8.2014” ein, das maschin...

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