Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Zuordnung von Entlassungsgeld. Kindergeld für die Zeit August bis Dezember 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

Das an einen Zivildienstleistenden noch während seiner Zivildienstzeit gezahlte Entlassungsgeld ist nicht in die Kindergeld schädlichen Bezüge und Einkünfte mit einzubeziehen, da sie in diesem Fall nicht auf dem - nachfolgenden - Berufsausbildungsverhältnis des Kindes beruhen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Sätze 1, 1 Nrn. 2, 2a, § 63 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 1, S. 2, § 32 Abs. 4, 4 Sätze 5-6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.11.2002; Aktenzeichen VIII R 79/01)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger für seinen am 29.07.1977 geborenen Sohn A Kindergeld für August bis Dezember 1998 zusteht.

A ist das zweite von drei Kindern. Die Geschwister studierten im fraglichen Zeitpunkt bzw. waren über 18 Jahre alt.

A leistete bis zum 31.07.1998 seinen Zivildienst. Im Juli erhielt er ein Entlassungsgeld von 1.500,00 DM ausgezahlt. Seit dem 01.08.1998 absolviert er eine Lehre zum Bankkaufmann.

Im November beantragte der Kläger für A Kindergeld (Bl. 123/126). Am 20.05.1999 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da As Einkommen und Bezüge den anteiligen Grenzbetrag i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 u. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) von 5.150,00 DM übersteigen würden. Das Einkommen und die Bezüge berechnete der Beklagte wie folgt:

Bruttoausbildungsvergütung 5 × 1.353,00 DM

6.765,00 DM

Sonderzahlung November

532,00 DM

+

7.297,00 DM

Werbungskosten (140/141 KA)

Fahrten zur Arbt (75 Tage)

-

1.680,00 DM

Fahrten zur Schule (18 Tage)

-

580,72 DM

Verpflegungsmeheiraufwand (18 Tage)

-

180,00 DM

Fachliteratur

-

59,60 DM

Einkünfte

4.797,08 DM

Entlassungsgeld

1.500,00 DM

Kostenpauschale

-

360,00 DM

Bezüge

+

1.140,00 DM

5.937,08 DM

Den am 07.06.1999 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04.08.1999 als unbegründet zurück.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der am 23.08.1999 erhobenen Klage.

Da das Entlassungsgeld im Juli 1998 gezahlt worden sei, dürfe es nicht als Bezug für die Zeit ab dem 01.08.1998 bei A berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt,

ihm für seinen Sohn A Kindergeld für August bis Dezember 1998 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, der anteilige Grenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) werde durch die Einkünfte und Bezüge überschritten. Entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 26.04.1991 III R 48/89, BStBl II 1991, 716 entfalle das Entlassungsgeld des Sohnes des Klägers auf die Zeit nach Beendigung des Zivildienstes, so daß es nicht auf den Zuflußzeitpunkt ankomme (so auch DA-FamEStG 63.4.2.3 Abs. 2 Nr. 12, BStBl I 1998, 389, 429).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet.

Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 u. 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a und Satz 2 EStG wird Kindergeld für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, gezahlt, wenn das Kind sich in der Ausbildung befindet und es eigene Einkünfte und Bezüge zur Bestreitung des Lebensunterhaltes und der Berufsausbildung von nicht mehr als 12.360,00 DM im Kalenderjahr 1998 erzielt. Für jeden Kalendermonat, für den vorgenannte Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag um 1/12, § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG. Bei der Prüfung, ob der sich danach ergebende anteilige Jahresgrenzbetrag überschritten ist, bleiben nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG diejenigen Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Ansatz, die auf die Kürzungsmonate entfallen. Auf welchen Monat Einkünfte und Bezüge „entfallen” ist grundsätzlich nicht nach dem Zuflußzeitpunkt, sondern nach der wirtschaftlichen Zurechnung zu bestimmen (BFH-Urteil vom 1. März 2000 VI R 162/98, BStBl II 2000, 459). Fließen die Sonderzuwendungen aber während der Kürzungsmonate (§ 32 Abs. 4 Satz 6 u. 7 EStG) zu, so sind sie nicht in die Einkünfte und Bezüge des Kindes mit einzubeziehen, da sie in diesem Fall nicht auf dem Berufsausbildungsverhältnis beruhen (BFH-Urteil vom 12.04.2000 VI 34/99, BStBl II 2000, 464).

Bei Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze ist das in den Kürzungsmonaten gezahlte Entlassungsgeld nicht bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge für Marcel zu berücksichtigen, da es sich nicht um eine Sonderzuwendung aus dem Berufsausbildungsverhältnis handelt. Das Entlassungsgeld beruht auf dem zuvor geleisteten Zivildienst und enfällt daher auf diese Zeit. Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 26. April 1991 III R 48/89, a.a.O. im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 a EStG) für das Entlassungsgeld nach § 9 Wehrsoldgesetz den Begriff des „Entfallens” anders ausgelegt hat, vermag der Senat dem für den Bereich des Kindergeldes nicht zu folgen. Die Einkünfte von 4.797,08 DM (Einnahmen 7.297,00 DM abzüglich Werbungskosten 2.499,92 DM) übersteigen somit nicht den anteiligen Grenzbetrag von 5.150,00 DM (5/12 von 12.360,00 DM).

Da A das zweite (Reihenfolge der Geburt) Kind des Klägers ist, beträgt das Kindergeld 220 DM pro Monat, § 66 Abs. 1 EStG und war daher auf 1.100 DM fe...

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