rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Schulgeld für eine Ergänzungsschule

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG entfällt ein Sonderausgabenabzug, wenn eine Ergänzungsschule nicht "anerkannt" ist. Dieses gilt auch, wenn landesrechtlich keine Regelung zur Anerkennung von Ergänzungsschulen existiert.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1, 1 Nr. 9; GG Art. 7, 7 Abs. 4; EStG § 10

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 16.04.2004; Aktenzeichen 2 BvR 88/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für Schulgeld für die r-Schule – Lehranstalt für Physiotherapie – als Sonderausgaben bzw. als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

Der Kläger wurde im Streitjahr 1997 zusammen mit seiner Ehefrau veranlagt. Er bezog Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit, seine Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997 machte er Aufwendungen für Schulgeld in Höhe von 2.145,00 DM als Sonderausgaben (Zeile 83 Mantelbogen) und als außergewöhnliche Belastung (Zeile 117f Mantelbogen) – soweit nicht als Sonderausgabe berücksichtigt – geltend. Der Beklagte berücksichtigte mit Bescheid vom 04.05.1998 30 v. H. des Schulgeldes in Höhe von 644,00 DM als Sonderausgabe.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger wegen anderer Streitgegenstände mit Schreiben vom 22.05.1998 Einspruch ein. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens beantragte er mit Schreiben vom 26.01.1999 u. a., das Schulgeld für seinen Sohn S nicht nur in Höhe von 30 %, sondern in voller Höhe zu berücksichtigen. Er reichte eine Schulbescheinigung der r-Schule vom 01. Oktober 1997 und einen Ausbildungsvertrag zwischen seinem Sohn S und der r-Schule in Auszügen ein. Auf den Inhalt dieser Unterlagen, die sich in Kopie in den Verwaltungsvorgängen befinden, wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 09.02.1999 teilte der Beklagte dem Kläger u. a. mit, daß er im Rahmen der Überprüfung der Einkommensteuerveranlagung 1997 festgestellt habe, daß das Schulgeld für S zu Unrecht als Sonderausgabe berücksichtigt worden sei. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz seien als Sonderausgaben 30 % des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhalte, für den Besuch einer gem. Artikel 7 Abs. 4 Grundgesetz staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichte mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Da es sich bei der r-Schule – Lehranstalt für Physiotherapie – weder um eine nach Artikel 7 Abs. 4 Grundgesetz staatlich genehmigte noch um eine nach nordrhein-westfälischem Landesrecht erlaubte Ersatzschule handele und nach nordrhein-westfälischem Landesrecht ein Anerkennungsverfahren für Ergänzungsschulen nicht vorgesehen sei, komme ein Sonderausgabenabzug für Schulgeldzahlungen nicht in Betracht. Der Beklagte wies den Kläger auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung im Einspruchsverfahren gem. § 367 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung hin.

Nachdem der Kläger in der weiteren Korrespondenz auf eine Verfügung der OFD Münster vom 17.11.1997 hingewiesen hatte, wonach die r-Schule als staatlich genehmigte Ersatzschule aufgeführt wurde, erläuterte der Beklagte mit Schreiben vom 18.03.1999, daß lediglich der Zweig „Berufsschule für Gymnastik” nicht auch der Zweig „Lehranstalt für Physiotherapie” staatlich genehmigte Ersatzschule sei. Der Kläger vetrat weiterhin die Auffassung, daß das Schulgeld als Sonderausgabe zu berücksichtigen sei. Selbst wenn der Bereich „Lehranstalt für Physiotherapie” nicht in der Liste der genehmigten Schulen aufgeführt sein sollte, könne dies im Ergebnis nicht dazu führen, daß Schulgeld nicht zu berücksichtigen sei. Es liege zumindest Genehmigungsfähigkeit vor. Er verweist in diesem Zusammenhang auf §§ 36 ff. Schulorganisationsgesetz in Verbindung mit den Regelungen des EFG, den VVzEFG und der Esch-VO. Insoweit seien auch vom Landesgesetzgeber die Wertungen des Artikel 6 und 7 Grundgesetz zu beachten. Die Anerkennung von Ausbildungskosten könne nicht davon abhängen, ob nach Landesrecht eine Genehmigung erfolge oder ein Anerkennungsverfahren vorgesehen sei. Auch könne es nicht rechtens sein, staatliche Schulen nicht einzurichten und dann wegen des Nichtvorhandenseins staatlicher Schulen das Vorliegen einer Ersatzschule zu verneinen. Dies wäre staatliche Willkür und würde im Einzelfall gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Es sei nicht einsichtig, ein Sonderausgabenabzug bzgl. des Schulgeldes für den Zweig „Gymnastik” der r-Schule vorzunehmen, dieses Recht aber für den Zweig „Physiotherapie” derselben Schule zu verweigern. Er sei der Ansicht, daß die Regelungen der §§ 10 Abs. 1 Nr. 9, 33, 33a Einkommensteuergesetz verfassungswidrig seien, soweit die Möglichkeit des Sonderausgabenabzugs für berufsbildende Schulen nicht zugebilligt werde. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesverfassung...

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