Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrstufige Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Für die Annahme einer Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist erforderlich, dass der Organträger finanziell über die Mehrheit der Stimmrechte bei der abhängigen juristischen Person verfügt, wirtschaftlich mit der Organgesellschaft verflochten ist und die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung auch rechtlich wahrnehmen kann.

2) Die wirtschaftliche Eingliederung muss nicht aufgrund unmittelbarer Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehen, sondern kann auch auf der Verflechtung von zwei Organgesellschaften beruhen. Dies gilt sowohl für die Zurechnung von Leistungen einer Organgesellschaft dem Organträger als auch für die Zurechnung des Bezugs von Leistungen.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob Leistungen der Klägerin aufgrund einer zwischen ihr und I F oder ihr und der Versicherungsmakler T & F GmbH & Co. Betriebs-Kommanditgesellschaft (Betriebs-KG) bestehenden Organschaft nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.

Die Klägerin, eine im Handelsregister C unter XXX geführte Kommanditgesellschaft, nahm im Streitjahr 2006 gegenüber verschiedenen anderen Gesellschaften der T & F Unternehmensgruppe die Funktion einer Holding wahr. Die Klägerin verpachtete im Streitjahr an die Betriebs-KG einen Versicherungskundenstamm und erbrachte dieser gegenüber Buchführungsleistungen und Jahresabschlussarbeiten. Die Betriebs-KG vergütete der Klägerin diese Leistungen.

Die Klägerin war im Streitjahr ausweislich des Handelsregisters C (YYY) als Kommanditistin zu 100 % am Kapital der Betriebs-KG beteiligt. Sie hielt außerdem gemäß der beim Handelsregister C unter der Handelsregisternummer ZZZ eingereichten Gesellschafterliste sämtliche Geschäftsanteile an der Versicherungsmakler T & F Verwaltungs- u. Beteiligungs-GmbH (Verwaltungs-GmbH), die ihrerseits geschäftsführende Komplementärin der Betriebs-KG war. Die Verwaltungs-GmbH erbrachte im Streitjahr gegenüber der Betriebs-KG ihre Geschäftsführungsleistungen gegen Entgelt. Die Verwaltungs-GmbH wurde zu dem Zweck gegründet, die Geschäftsführung der Betriebs-KG zu übernehmen und die Betriebs-KG in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft gründen zu können. Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH waren im Streitjahr 2006 I F mit Alleinvertretungsbefugnis, E M mit Alleinvertretungsbefugnis und B G mit der Befugnis zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer oder gemeinsam mit einem Prokuristen die Gesellschaft zu vertreten. Außerdem war im Streitjahr 2006 T I und K S jeweils Gesamtprokura erteilt worden. Die Betriebs-KG führte im Streitjahr 2006 überwiegend steuerfreie Leistungen, aber auch in geringem Umfang steuerpflichtige Leistungen aus. Gegenüber der Betriebs-KG setzte der Beklagte für das Jahr 2006 Umsatzsteuer i. H. von 6.325,60 € fest.

An der Klägerin waren im Streitjahr 2006 I F als Komplementär und die unter der Registernummer AAA des Amtsgerichts C ausgewiesene I F GmbH (I-GmbH) als Kommanditistin beteiligt. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag waren I F mit einem Anteil von 90 % und die I-GmbH mit einem Anteil von 10 % am Kapital der Klägerin beteiligt. Die I-GmbH wurde von I F zu dem Zweck gegründet, die Rolle des Kommanditisten bei der Klägerin auszuüben, um die Klägerin in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft gründen zu können. Geschäftsführer der Klägerin war I F.

I F hielt zudem sämtliche Geschäftsanteile an der I-GmbH, deren Geschäftsführer er war. I F überließ der Betriebs-KG außerdem die für den Betrieb ihres Versicherungsgeschäfts notwendige Immobilie, ein Bürogebäude, gegen Entgelt, wie sich aus dem zur Akte gereichten Mietvertrag ergibt, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

Die Gesellschaftsverträge der vorstehenden zur T & F Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften wiesen im Streitjahr 2006 keine besonderen, vom Gesetz abweichende Regelungen in Bezug auf die Ausübung der Stimmrechte, der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer und das Weisungsrecht der jeweiligen Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern auf.

Am 27.12.2006 trat I F in die Betriebs-KG als weiterer Komplementär mit der Befugnis, die Gesellschaft allein zu vertreten, ein.

Beginnend im November 2011 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E eine Außenprüfung bei der Klägerin durch. Mit Bericht vom 12.12.2012, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, traf der Prüfer u.a. folgende Feststellungen: Am 28.12.1995 habe die Klägerin mit der Betriebs-KG einen Pachtvertrag über die bis dahin begründeten Versicherungsbestände abgeschlossen. Nach § 1 dieses Vertrages habe sich die Klägerin verpflichtet, den gesamten zum 31.12.1995 vorhandenen Kundenstamm mit allen dazugehörigen Versicherungsverträgen der Betriebs-KG zu überlassen. Neue Versicherungsverträge, die von der Betriebs-KG abgeschlossen würden, stünden der ...

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