Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildung und Bewertung einer Rückstellung für die Nachbetreuung von LV-Verträgen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Bildung von Rückstellungen wegen Erfüllungsrückstands ist zulässig, wenn ein Versicherungsvertreter eine Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält.

2) Für die Höhe der Rückstellung ist der jeweilige Zeitaufwand für die Betreuung pro Vertrag und Jahr entscheidend.

3) Hierbei sind die Zahl der Verträge je nach der verbleibenden Vertragsdauer zugrunde zu legen, die voraussichtlich anfallenden Nachbetreuungszeiten getrennt nach Mitarbeitern und Geschäftsleitern zu ermitteln und hieraus die Gesamtzahl der anfallenden Arbeitsminuten bzw. -stunden je Vertrag und Jahr zu errechnen; auf die Summe der Arbeitsstunden ist ein Kostenansatz je Stunde anzuwenden und der so errechnete Betrag mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen und ggf. wegen möglicher frühzeitiger Kündigung von Verträgen um einen weiteren Abschlag zu mindern.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3a, § 5 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.07.2017; Aktenzeichen IV R 34/14)

BFH (Urteil vom 13.07.2017; Aktenzeichen IV R 34/14)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe einer Rückstellung für zukünftige Aufwendungen aus der Nachbetreuung von Versicherungsverträgen in den Streitjahren 2004 und 2005.

Die Klägerin betreibt als selbständige Handelsvertreterin in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) eine Geschäftsstelle der … Versicherung AG in H. Mitunternehmer der Klägerin sind Herr L (geb. 05.02.1962) und Herr U (geb. 22.12.1958) mit einer je hälftigen Beteiligung. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin besteht nach wie vor fort.

Die Geschäftsstelle wurde ursprünglich von dem Vater des Gesellschafters U, Herrn N U, als alleinigem Inhaber geführt. Durch einen mit der – damaligen – Versicherungs AG am 04.01.1983 geschlossenen Vertrag erhielt Herr U als Einzelunternehmer eine Bestellung als weiterer Geschäftsstellenleiter. Unter Nr. 3 Buchst. b) des Vertrags verpflichtete sich der Geschäftsstellenleiter, „neue Versicherungen zu vermitteln, den Versicherungsbestand zu pflegen und zu erhalten”. Gegenstand des Vertrags waren weiterhin Provisionsbestimmungen der Lebensversicherungsanstalt, in denen ausschließlich eine einmalige Abschlussprovision vorgesehen war. In Nr. 13 des Vertrags war als Beendigung spätestens der Ablauf des Jahres vorgesehen, in dem der Geschäftsstellenleiter das 65. Lebensjahr vollendet; eine Vertragsverlängerung war möglich.

Am 19.08.1988 schloss auch Herr L als Einzelunternehmer einen bezüglich der o.g. Bestimmungen inhaltsgleichen Vertrag ab, durch den er zum Geschäftsstellenleiter bestellt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Verträge nebst Provisionsbestimmungen verwiesen.

Die Klägerin wurde durch Vertrag vom 23.12.1993 zwischen den beiden jetzigen Gesellschaftern und dem – noch vor den Streitjahren ausgetretenen – Herrn N U gegründet. In der Präambel des Gesellschaftsvertrags war ausgeführt: „Die Herren U und L geben ihre Selbständigkeit auf.” In § 4 war u.a. geregelt, dass jeder Partner „seine volle Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung zu widmen” hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 23.12.1993 verwiesen.

In ihrer auf den 31.12.2004 aufgestellten Bilanz bildete die Klägerin eine Rückstellung in Höhe von 162.013,– EUR für die Nachbetreuung von Lebensversicherungsversicherungsverträgen, die sie in der auf den 31.12.2005 aufgestellten Bilanz um weitere 5.171,– EUR auf 167.184, EUR erhöhte. Entsprechend der eingereichten Feststellungserklärungen erließ der Beklagte insoweit erklärungsgemäße Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 01.09.2006 für 2004 und vom 24.08.2007 für 2005, mit denen er den Gewinn auf 147.743,48 EUR (2004) und 140.597,60 EUR (2005) feststellte und die er mit einem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der AbgabenordnungAO – versah.

Nach Durchführung einer abgekürzten Betriebsprüfung erkannte der Beklagte die Rückstellung für die Nachbetreuung der Versicherungsverträge nicht an. Er erließ am 05.09.2007 gem. § 164 Abs. 2 AO Änderungsbescheide, stellte die Einkünfte der Klägerin auf 278.974,48 EUR (2004) und 144.786,60 EUR (2005) fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Diese Beträge ermittelte er durch Hinzurechnung der Rückstellung in Höhe von 162.013,– EUR in 2004 und 5.171,– EUR in 2005 sowie unter weiterer Berücksichtigung einer erhöhten Gewerbesteuer-Rückstellung von 30.782,– EUR in 2004 und 982,– EUR in 2005.

Der hiergegen mit Schreiben vom 01.10.2007 eingelegte Einspruch, in dem sich die Klägerin auf das Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 28. 7. 2004 XI R 63/03 (Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE 207, 205, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2006, 866) berief, blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 17.11.2008 führte der B...

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