Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG auf einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Übertragung einer nach § 6b Abs. 3 oder Abs. 10 EStG gebildeten Rücklage auf einen anderen Betrieb des Stpfl. ist nicht erst in dem Wirtschaftsjahr zulässig, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei den Wirtschaftsgütern des anderen Betriebs vorgenommen werden (entgegen R 6b Abs. 2 Satz 3 EStG).

2) Die Übertragung ist bereits zeitlich vor einem Abzug und grundsätzlich sogar unabhängig von einem Abzug von den Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten in dem anderen Betrieb des Stpfl. möglich, jedenfalls aber, wenn im Zeitpunkt der Übertragung bereits mit der Herstellung des Wirtschaftsguts begonnen worden ist.

 

Normenkette

EStG §§ 6c, 6b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.11.2018; Aktenzeichen VI R 50/16)

 

Tatbestand

Streitig ist die Auflösung einer Rücklage nach §§ 6b, 6c Einkommensteuergesetz (EStG) und die Ablehnung eines Antrags auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Eltern des Klägers, die im gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft leben, gründeten im Jahr 2003 die A. GmbH & Co. KG, deren Gesellschaftszweck die Errichtung und Vermietung von Mehrfamilienhäusern war. Komplementärin ist die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte A. Verwaltungs-GmbH. Kommanditisten mit einer Beteiligung von jeweils 50% waren zunächst die Eltern des Klägers. Zur Geschäftsführung ist nach § 4 des Gesellschaftsvertrages ausschließlich die alleinvertretungsberechtigte A. Verwaltungs-GmbH berechtigt und verpflichtet.

Zum 01.12.2005 übertrugen die Eltern des Klägers zunächst 90% ihrer Kommandit-Anteile an der A. GmbH & Co. KG zu gleichen Teilen unentgeltlich an ihre drei Kinder. Zum 01.10.2006 übertrugen sie weitere 1,8% der KG-Anteile und am 16.07.2007 die verbleibenden KG-Anteile unentgeltlich auf die Kinder, so dass die Kinder seit diesem Zeitpunkt zu je einem Drittel als Kommanditisten an der KG beteiligt sind. Zeitgleich mit der Übertragung der verbleibenden KG-Anteile übertrugen die Eltern aus ihren Sonderbetriebsvermögen das unentgeltlich an die KG überlassene mit einem Sechsfamilienhaus bebaute Grundstück B-Straße 1 in C-Stadt am 16.07.2007 auf die A. GbR, an der ihre drei Kinder ebenfalls zu gleichen Teilen beteiligt sind. Die A. GbR übernahm nach dem Vertrag vom 16.07.2007 darüber hinaus ein im Sonderbetriebsvermögen der Eltern bestehendes Darlehen mit einem Soll-Stand von 120.000 €. Die A. GbR führte die unentgeltliche Überlassung des Grundstücks B-Straße 1 an die A. GmbH & Co. KG fort.

Bereits am 30.12.2006 hatten die Eltern des Klägers ihren landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich auf den Kläger übertragen. Den Gewinn des landwirtschaftlichen Betriebes ermittelten sowohl die Eltern des Klägers als auch der Kläger durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG.

In der KG-Sonderbilanz der Eltern des Klägers wurde auf den 31.12.2006 eine Rücklage gem. § 6c EStG in Höhe von 344.770,54 € ausgewiesen. Diese Rücklage war gebildet worden aus dem Veräußerungsgewinn von Grund und Boden im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern des Klägers im Wirtschaftsjahr 2005/2006. In der auf den 05.07.2007 aufgestellten Sonderbilanz der Eltern des Klägers war das zum 30.06.2007 fertiggestellte Sechsfamilienhaus B-Straße 1 bilanziert. Die Rücklage nach § 6c EStG in Höhe von 344.770,54 € wurde auf die Herstellungskosten dieses Sechsfamilienhauses übertragen.

Im Jahr 2010 fand eine Betriebsprüfung bei der A. GmbH & Co. KG statt. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde die Rücklage nach § 6c EStG in der Sonderbilanz der Eltern des Klägers auf den 31.12.2006 nicht anerkannt, da die Übertragung einer Rücklage von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich gewesen sei. Die Rücklage könne nur auf ein anderes Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen übertragen werden. Das Wirtschaftsgut sei jedoch am 31.12.2006 nicht fertiggestellt gewesen. Im Zeitpunkt der Fertigstellung des Hauses B-Straße 1 im Jahr 2007 sei eine Übertragung der Rücklage nicht mehr möglich gewesen, da die Rücklage aus dem landwirtschaftlichen Betrieb stamme, der Betrieb jedoch am 30.12.2006 auf den Kläger übertragen worden sei. Die Rücklage sei deshalb spätestens im Wirtschaftsjahr 2009/2010 im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers aufzulösen.

Der Beklagte berücksichtigte deshalb im Einkommensteuerbescheid 2009 vom 15.02.2011 die Auflösung der Rücklage in Höhe von 344.770 € zzgl. 24% Zinsen (82.744 €) zur Hälfte. Zusammen mit dem erklärten Gewinn der Wirtschaftsjahre 2008/2009 von 4.355 € und 2009/2010 von 2.746 €, den der Beklagte ebenfalls jeweils zur Hälfte im Streitjahr berücksichtigte, ergaben sich festgesetzte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 217.307 €.

Hiergegen legten die K...

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