Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung bei Anwendung des Kleinanlegerprivilegs

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Ausfall eines Gesellschafterdarlehens kann auch dann zu nachträglichen Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung führen, wenn der Gesellschafter unter das sog. Kleinanlegerprivileg nach § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. fällt.

 

Normenkette

HGB § 255; GmbHG a.F. § 32a Abs. 3 S. 2, §§ 30-31, 32b; EStG § 17 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.05.2014; Aktenzeichen IX R 44/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, u.a. wegen des sogenannten Kleinanlegerprivilegs des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbH-Gesetz in der Fassung des Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetzes vom 20.04.1998, Bundesgesetzblatt (BGBl) I 1998, S. 707 (GmbH-Gesetz) die Höhe des Veräußerungsverlustes i.S.d. § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) im Streitjahr 2007.

Der Kläger (Kl.) war im Streitjahr 2007 mit 10 % (= 2.500 EUR) am Stammkapital der U GmbH (HRB des Amtsgerichts C – künftig: GmbH) beteiligt. Die GmbH wurde 2001 vom Kl. mit drei weiteren Gesellschaftern errichtet und übernahm im Februar 2002 in P eine bestehende Produktionsanlage (incl. Halle und Grundstück), um hochwertige Kunststoffplatten zu produzieren. Nach dem Unternehmenskonzept wurde für den Kauf der Halle und Produktionsmaschinen und eines weiteren Liquiditätsbedarfs von X EUR insgesamt ein „benötigtes Kapital” von X EUR veranschlagt. Die Finanzierung erfolgte zunächst in 2002 über eingebrachte Gesellschafterforderungen (ca. X EUR), Gesellschafterdarlehen (ca. X EUR) und Lieferantenverbindlichkeiten (ca. X EUR). Die Gesellschafterdarlehen sollten wie Eigenkapital behandelt werden. Am 01.11.2002 beschlossen die Gesellschafter u.a. für die vom Kl. eingebrachten Gesellschaftsdarlehen Folgendes:

1.) Die Darlehen sollen wie Eigenkapital behandelt werden.

2.) Die Darlehen sind vom jeweiligen Gesellschafter nicht kündbar.

3.) Die Darlehen werden nachträglich verzinst.

4.) Die Darlehensrückführung ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass

  1. die Finanzierung des Kaufpreises für das Werk gesichert ist.
  2. die Tilgung der Bankdarlehen nicht gefährdet ist.
  3. der Gewinn des Unternehmens nach Bedienung der Bankdarlehen den Wert vor Steuern von mindestens X EUR in dem abgelaufenen Geschäftsjahr erreicht hat. Per Gesellschafterbeschluss kann der darüber hinausgehende Betrag bis zu 50 % für die Darlehensrückführung zuzüglich der auf den jeweiligen Beträgen anfallenden Zinsen verwendet werden.

Im Jahr 2003 wurden die eingebrachten Gesellschafterforderungen im Wesentlichen auf Kredite der Bank 1 umgestellt. Für den Erwerb eines Betriebsgebäudes incl. Maschinen in P erteilte die Bank 1 im Januar 2003 eine Kredit- und Darlehenszusage über einen Kontokorrentkredit über X EUR, über zwei Annuitätendarlehen über X EUR bzw. X EUR und sagte die Zwischenfinanzierung eines ERP-Darlehens über X EUR der Bank 2 zu. Als Sicherheiten waren zu stellen eine erstrangige Buchgrundschuld in Höhe von X EUR im Grundbuch von P, Blatt (Betriebsgrundstück), Gesellschafterbürgschaften über insgesamt X EUR, Beibehaltung der Nachrangerklärung bzgl. der Gesellschafterdarlehen, Ausfallbürgschaft des Landes E über X EUR, Raumsicherungsübertragung des Inventars und Material- / Warenlagers. Weitere Kreditvoraussetzung war die Vorlage des Zuwendungsbescheides über einen Investitionszuschuss des Landesförderinstitutes E in Höhe von X EUR sowie eine entsprechende unwiderrufliche diesbezügliche Zahlungsanweisung der GmbH.

Der Kl. verbürgte sich mit Vertrag vom 26.03.2003, der am 24./25.05.2006 neu gefasst wurde, gegenüber der Bank 1 bis zu einem Betrag von X EUR für Kredit-/Darlehensverbindlichkeiten der GmbH.

Der Kl. gewährte der GmbH Darlehen und zwar

01.02.2002

X EUR

16.04.2002

X EUR

18.09.2002

X EUR

09.04.2005

X EUR

X EUR.

Mit notarieller Vereinbarung vom 05.05.2006 (UR-Nr., H aus N) verzichtete der Kl. gegen Besserungsschein auf die vorgenannte Summe gegenüber der GmbH (wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 80 – 83 der Gerichtsakte Bezug genommen).

Durch Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.08.2007 ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Am 15.10.2007 wurde der Betrieb im Ganzen für X EUR an Herrn O veräußert. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Verbindlichkeiten der GmbH mehr als X EUR. Gewinnausschüttungen erfolgten zu keiner Zeit an den Kl.

Auf Grund der Insolvenz wurde der Kl aus dieser Bürgschaft in Anspruch genommen und zahlte darauf in 2007 insgesamt X EUR (vgl. Schreiben der Bank 1 vom 28.01.2008).

Im nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuer(ESt)-Bescheid für 2007 vom 22.12.2008 berücksichtigte der Beklagte (Bekl.) einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens nach § 3c Abs. 2 EStG lediglich in Höhe von X EUR (1/2 Stammeinlage). Nachträgliche Anschaffungskosten für die Darlehen von X EUR und die Bürgschaftsinanspruchnahme von X EUR wurden unter Hinweis auf § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG abgelehnt, da der Kl. nur zu 10 %...

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