Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung für Krankentransporter

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Steuerbefreiung für Krankentransporter nach § 3 Nr. 5 Satz 1, 6. Fall KraftStG setzt nicht voraus, dass das Fahrzeug ausschließlich zu dringenden Soforteinsätzen verwendet wird, durch die akuten Notständen begegnet werden soll.

 

Normenkette

KraftStG § 3 Nr. 5 S. 1, 6. Fall

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Halten der Fahrzeuge der Klägerin nach § 3 Nr. 5 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) steuerbefreit ist.

Die Klägerin ist Halterin der Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen 8, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 9.

Es handelt sich um als Mehrzweckfahrzeuge, Sonderfahrzeuge bzw. Personenkraftwagen zugelassene Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Fiat, Citroen, Ford und Renault. Die Fahrzeuge verfügen über drei bis neun mögliche Sitzplätze einschließlich Fahrersitz und sind alle technisch dahingehend ausgerüstet, dass entweder mindestens eine Person im Rollstuhl oder eine Person liegend transportiert werden kann. Auf den in weiß gehaltenen Fahrzeugen steht im Frontbereich in großen Buchstaben „Krankenfahrdienst A”. Das Unternehmen der Klägerin hat Personenbeförderungen zum Gegenstand. Die Klägerin transportiert kranke Personen stets in einer Trage oder in einem Rollstuhl oder Tragestuhl. Die Patienten, die befördert werden, sind nicht in der Lage, selbstständig oder mit einfacher Unterstützung ihre Wohnung zu verlassen, benötigen aber keine intensivmedizinische Betreuung während der Beförderungen. Während der Fahrten werden die Patienten durch Personal begleitet, das auf Krankenbeförderungen spezialisiert ist. Die Klägerin ist im Rettungsdienstplan der Feuerwehr registriert, um im Katastrophenfall für die Feuerwehr einsetzbar zu sein. Außerhalb der genannten Krankenbeförderung werden die Fahrzeuge der Klägerin nicht genutzt.

Ursprünglich wurden die streitrelevanten Fahrzeuge – bis auf das am 22.03.2017 erstmals zum Straßenverkehr zugelassene Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 9 – durch die Finanzverwaltung bzw. den Beklagten von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Mit auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 KraftStG gestützten Änderungsbescheiden hob der Beklagte die Steuerbefreiungen auf und setzte für die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen 8, 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 Kraftfahrzeugsteuer rückwirkend für die vorangegangenen Entrichtungszeiträume sowie für den laufenden Entrichtungszeitraum fest. Die Höhe der festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer ist zwischen den Beteiligten jeweils unstreitig. Für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 9 erließ der Beklagte am 02.05.2017 einen erstmaligen Kraftfahrzeugsteuerbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Kraftfahrzeugsteuerbescheide, die sich in den Gerichtsakten bzw. in den Akten des Beklagten befinden, Bezug genommen.

Hiergegen legte die Klägerin Einsprüche ein, die mit Einspruchsentscheidungen vom 25.10.2016 (DO CU 102), 28.10.2016 (DO UC 104, DO UC 105, DO UC 131, DO UC 400 und DO UC 600), 04.11.2016 (DO UC 103), 07.12.2016 (DO UC 23) und 28.08.2017 (DO UC 1001) als unbegründet zurückgewiesen wurden.

Zur Begründung seiner Entscheidungen führte der Beklagte jeweils im Wesentlichen aus: Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG setze voraus, dass das Fahrzeug ausschließlich zu dringenden Soforteinsätzen verwendet werde. Es müsse sich um Soforteinsätze handeln, durch die akuten Notständen, in denen unmittelbar Gefahr für Leib oder Leben bestehe, begegnet werde. Darunter fielen insbesondere Notfallrettungen und Krankentransporte unter fachgerechter Betreuung nach den Vorschriften für die Notfallrettung, Krankentransport und Rettungsdienst. Diese Voraussetzung liege im Streitfall nicht vor. Denn die Klägerin verwende die Fahrzeuge für Fahrten kranker Menschen nach ärztlicher Verordnung im funktionalen Sinne eines Taxis. Das Fahrzeug sei weder für Notfälle ausgestattet, noch fahre geschultes Personal zur Betreuung der zu befördernden Person mit.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr außergerichtliches Vorbringen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine Krankenbeförderung i.S. des § 3 Nr. 5 KraftStG einen dringenden Soforteinsatz nicht erfordere. Das Erfordernis eines solchen Soforteinsatzes habe der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 22.02.1989 (Aktenzeichen VII R 9/87) auch nicht festgestellt. Ferner sei der Beklagte an die zuvor von den Finanzämtern geübte Praxis, wonach Fahrzeuge wie das der Klägerin von der Steuer befreit gewesen seien, gebunden. Es gelte der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 24.08.2016 (amtliches Kennzeichen 1, amtliches Kennzeichen 2, amtliches Kennzeichen 3, amtliches Kennzeichen 5, amtliches Kennzeichen 6 und amtliches Kennzeichen 7), vom 26.08.2016 (amtliches Kennzeichen 4), vom 02.11.2016 (amtliches Kennzeichen 8), vom 03.11.2016 (amtliches Kennzeich...

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