rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1990

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 1990 vom 01.02.1993 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 01.12.1993 wird abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Kläger das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als Betriebsausgaben (BA).

Der Kläger (Kl.) erzielt als Tankstellenpächter Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Im November 1988 kaufte er das Grundstück An der S. 18 in W. um darauf ein privates Einfamilienhaus (EFH) zu errichten. Den Kaufpreis in Höhe von 68.614,23 DM entrichtete er von dem betrieblichen Kontokorrentkonto Nr. … 702 bei der Volksbank W. (im folgenden: Konto 702). Nach Erteilung der Baugenehmigung und Baubeginn Ende 1989 entnahm er in der Zeit vom 13.12.1989 bis zum 26.04.1990 aus der Kasse seines Tankstellenbetriebes Beträge zwischen 2.000 DM und 13.400 DM (insgesamt 193.300 DM), die er größtenteils auf das am 13.12.1989 errichtete Kontokorrentkonto Nr. … 700 bei der Volksbank W. (im folgenden: Hauskonto) einzahlte. Über dieses Konto finanzierte er den Bau seines EFH.

Die Aufwendungen für den Tankstellenbetrieb und in geringem Maße sonstige private Aufwendungen bezahlte der Kl. vom Konto 702, das ständig im Soll stand.

Sämtliche vom Konto 702 getätigten privaten Zahlungen wurde jeweils noch im gleichen Monat durch Geldzugänge ausgeglichen.

Am 24.04.1990 nahm der Kl. bei der Volksbank W. ein Darlehen über 200.000 DM auf (Darlehensvertrag Nr. 100 150 734), mit dem er den – zu diesem Zeitpunkt ausschließlich auf betrieblichen Gründen beruhenden – Negativsaldo auf seinem betrieblichen Bankkonto 702 ausglich. Die für dieses Darlehen im Jahre 1990 (Streitjahr) gezahlten Zinsen in Höhe von insgesamt 10.469,90 DM machte er in der Einkommensteuer (ESt)-Erklärung und der hierzu vorgelegten Bilanz zum 31.12.1990 sowie Gewinn- und Verlustrechnung 1990 als BA geltend.

Nach zunächst erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgter Veranlagung vertrat der Beklagte (Bekl.) nach einer Betriebsprüfung die Auffassung, die Aufnahme des Darlehens 734 stehe im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Errichtung des privaten EFH, so daß die Schuldzinsen wegen Mißbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO) nicht als BA zu berücksichtigen seien. Das Darlehen sei ausschließlich zur Finanzierung der Entnahmen und damit nicht für betriebliche Zwecke aufgenommen worden. Die bis zur erstmaligen Nutzung des EFH durch den Kl. Ende September 1990 gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von insgesamt 6.623 DM seien aber als Aufwand vor Bezug wie Sonderausgaben (SA) abzugsfähig. Der vom Kl. gegen den u. a. entsprechend geänderten ESt-Bescheid für 1990 eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage begehrt der Kl. weiterhin die Berücksichtigung der Schuldzinsen für das Darlehen 734 als BA. Hierzu trägt er im wesentlichen vor, es liege kein Fall der nach der Bundesfinanzhof (BFH)-Rechtsprechung schädlichen Entnahmefinanzierung, sondern vielmehr ein unschädlicher Austausch von Eigen- durch Fremdmittel vor. Über das Konto 702 seien keine Entnahmen zur Finanzierung des Hausbaus erfolgt. Sämtliche Entnahmen seien vielmehr über die Kasse abgewickelt worden. Sie stünden mit der Aufnahme des Darlehens nicht im zeitlichen Zusammenhang, da sie laufend dem Hauskonto gutgebracht worden seien.

Der Kl. beantragt,

die streitigen Schuldzinsen als BA zu berücksichtigen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Darlehensaufnahme sei nach dem tatsächlichen Verwendungszweck des Darlehens nicht betrieblich veranlaßt, da eine schädliche Entnahmefinanzierung vorliege. Mit dem Darlehen sei ein Negativsaldo auf dem Konto 702 ausgeglichen worden. Dieser Negativsaldo sei im Ergebnis durch Entnahmen im Zusammenhang mit dem privaten Hausbau entstanden. Da zwischen der Darlehensaufnahme und den Entnahmen ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe und beide Vorgänge betragsmäßig nahezu völlig übereinstimmten, sei es unbeachtlich, daß die Entnahmen nicht über das betriebliche Konto 702, sondern über die Kasse erfolgt seien.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bekl. hat zu Unrecht die streitigen Schuldzinsen nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt.

Bet...

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