Entscheidungsstichwort (Thema)

Verteilung eines „Gestattungsentgelts” für eine Nutzungsüberlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

Das in einer Summe gezahlte Entgelt für die auf unbestimmte Laufzeit vereinbarte Überlassung von Flächen zur Herstellung baurechtlicher Ausgleichsmaßnahmen (Rückbau eines Kraftwerks und Rekultivierung der Kraftwerksfläche) darf gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 EStG auf mehrere Jahre verteilt werden.

 

Normenkette

EStG § 11

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.06.2019; Aktenzeichen VI R 34/17)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der am 00. April 2015 verstorbenen Frau N N, die im Streitjahr 2012 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt wurde und u.a. einen land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieb unterhielt, dessen Gewinn sie noch im Wirtschaftsjahr 2012/2013 im Wege der Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Die jährliche Pachteinnahme betrug im Streitjahr 9.056 €.

Die verpachteten Flächen der N N befinden sich in unmittelbarer Nähe des Gebietes des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. xxx – Kraftwerk …. Das diesbezügliche Planverfahren leitete der Rat der Stadt E am 00.00.2010 – nach gerichtlicher Aufhebung des vorherigen Bebauungsplans (Nr. yyy) – ein (Beschlussfassung am 00.00.2014, Inkrafttreten am 00.00.2014). Im darin beplanten Bereich beabsichtigte die X Kraftwerke GmbH – heute: Y Kraftwerke GmbH – die Errichtung eines Kraftwerks, mit dessen Bau bereits im Jahr … begonnen worden war. Der Bebauungsplan xxx enthält u.a. Vorgaben für grünordnerische Maßnahmen, darunter Ausgleichsmaßnahmen für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft (vgl. § 15 des BundesnaturschutzgesetzesBNatSchG –).

Vor diesem Hintergrund schloss N N mit der – von der X Kraftwerke GmbH beauftragten – Stiftung W bereits im November 2012 einen „Gestattungsvertrag” (Vertrag). Darin gestattete N N, auf einem Teil ihrer betrieblichen Flächen die Umsetzung von im Bebauungsplan Nr. xxx festzulegenden Kompensationsmaßnahmen vorzunehmen. Im Einzelnen ist Folgendes geregelt:

Nach § 1 des Vertrages ist die Vertragsfläche ausschließlich dem Vertragszweck vorbehalten. Unberührt bleibt eine land-, forstwirtschaftliche oder sonstige Nutzung, soweit diese den Bestimmungen dieses Vertrages nicht entgegensteht. Die Eigentumsverhältnisse bleiben unberührt. Gemäß § 2 des Vertrages werden folgende Maßnahmen durchgeführt: Baum-/Strauchhecke 8.923 m², Aufforstung 37.619 m² sowie Maßnahmen nach Abstimmung 4.540 m².

Der Vertrag beginnt gemäß § 4 des Vertrages mit Unterzeichnung und läuft auf unbestimmte Zeit unter Ausschluss der ordentlichen Kündigung durch N N. Er endet mit dem vollständigen Rückbau des Kraftwerks und der vollständigen Rekultivierung der Vorhabensfläche.

Als „Gestattungsentgelt” ist eine Einmalzahlung von 638.525 € zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 121.319,75 € vereinbart (§ 6 des Vertrages).

§ 8 des Vertrages enthält u.a. noch folgende Regelungen: Für den Fall, dass die Flächen nicht für die Realisierung des Kraftwerk-Neubaus erforderlich sind, ist die Stiftung berechtigt, die Flächen für andere Ausgleichsmaßnahmen zu verwenden. Die Verwertung des Aufwuchses der Anpflanzungen steht N N nach Ablauf des Vertrages zu. Wegen der weiteren Einzelheiten – einschließlich des Lageplans und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten – wird auf den Vertrag und die Anlagen Bezug genommen.

Das vereinbarte Gestattungsentgelt erhielt N N am 10. Juni 2013.

Mit der Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen wurde im November 2014 begonnen. Die vom Gestattungsvertrag nicht betroffenen Flächen verpachtete N N weiterhin.

In der der Einkommensteuererklärung beigefügten Einnahme-Überschuss-Rechnung wies N N für das Wirtschaftsjahr 2012/2013 einen Verlust i.H.v. -19.651,85 € aus, in den sie Einnahmen aus dem Gestattungsentgelt i.H.v. 12.770 € einbezog (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG); der Gesamtbetrag werde nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf 25 Jahre (wirtschaftsjährlich 25.541 €) verteilt.

Der Beklagte erfasste das Gestattungsentgelt hingegen mit dem gesamten Nettobetrag als Betriebseinnahme des Wirtschaftsjahres.

Im Einspruchsverfahren machte N N geltend, dass man bei Vertragsabschluss von der Anwendung des Urteils des Finanzgerichts (FG) Münster vom 19. Februar 2013 10 K 2176/10 E (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 129) und einer Verteilung des Gestattungsentgelts auf 25 Jahre ausgegangen sei. Ansonsten würde kurzfristig eine Bilanz für das Wirtschaftsjahr nachgereicht, um unbillige Härten abzuwenden.

In der abschlägigen Einspruchsentscheidung verweist der Beklagte auf die Anwendung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 3. August 2004 (BStBl I 2004, 716), dem zufolge Betriebseinnahmen vorlägen, die im Zuflusszeitpunkt zu berücksichtigen seien und nicht verteilt werden dürften, weil es sich lediglich um eine Duldungsleistung, nicht aber um eine Nutzungsüberlassung handele. Anders als bei den Entschädigungen für die Inanspruchnahme von land- und fors...

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