rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung gewerblicher Einkünfte mangels ordnungsgemäßer Buchführung - Kein Sachverständigengutachten zwecks Sachverhaltsermittlung - Eigene Schätzungsbefugnis des FG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Verletzt der Steuerpflichtige seine Buchführungs- und Erklärungspflichten, indem er z. B. keine täglichen Kassenberichte erstellt und Einnahmen unvollständig erfasst, ist das Finanzamt und ihm folgend das FG zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt.

2) Der Steuerpflichtige kann sich der Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten nicht dadurch entziehen, dass er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zwecke der Gewinnermittlung beantragt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3; AO 1977 §§ 146, 146 Abs. 1, 1 S. 2, §§ 147, 147 Abs. 1, 1 Nr. 5, §§ 158, 162, 180, 180 Abs. 1, 1 Nr. 2a, §§ 194, 194 Abs. 1, 1 S. 3; FGO §§ 96, 96 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Hs. 2; EStG § 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.06.2004; Aktenzeichen IV R 45/03)

BFH (Urteil vom 17.06.2004; Aktenzeichen IV R 45/03)

 

Tatbestand

Es ist zu entscheiden, ob die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zutreffend geschätzt worden sind (§ 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 162 Abgabenordnung (AO)).

Die Klägerin (Klin.) eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), betreibt ein Taxigewerbe. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG)). Ihre Gesellschafter sind mit einem Anteil i.H.v. jeweils 50 v.H. (H.B.) und (B.R.). Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 12.12.1991 bewirtschaftet jeder der beiden Gesellschafter seine eigene Taxe.

Im Rahmen einer im Jahr 1997 bei der Klin. für die Streitjahre 1992 bis 1995 durchgeführten Betriebsprüfung (Bp) stellte der Beklagte (Bekl.) – das Finanzamt (FA) – fest, dass nicht alle Betriebseinnahmen erfasst und keine täglichen Kassenberichte erstellt worden waren. Der Kassenbestand war nicht täglich errechnet und abgeglichen worden. Die Tageseinnahmen waren lediglich summarisch aufgezeichnet und dann monatlich zusammen gestellt worden. Die Bp verwarf die Buchführung als nicht ordnungsmäßig. Sie schätzte die Gewinne des Gesellschafters H.B. aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr 1992 mit Hilfe einer Vermögenszuwachsrechnung und für die Streitjahre 1993 bis 1995 mit Hilfe einer Geldverkehrsrechnung wie folgt:

1992

DM

Vermögenszuwachs

36.632,73

./. Zinsen

4.579,47

+ Lebenshaltungskosten

24.000,00

Gewinn

56.053,26

Gewinn bisher

16.050,00

./. Unterstützung

für Lebenshaltungskosten

5.000,00

Gewinnerhöhung

35.000,00

1993

DM

1994

DM

1995

DM

Barentnahmen

21.270,00

12.002,00

16.530,00

Lebenshaltungskosten

24.000,00

24.000,00

24.000,00

Einzahlungen auf

Konten

20.000,00

6.300,00

2.000,00

Bareinlage

0,00

13.000,00

0,00

Fehlbeträge

22.730,00

31.298,00

9.470,00

Gewinn

35.902,00

43.290,00

24.035,00

Gewinn bisher

13.172,00

11.992,00

14.565,00

./. Unterstützung für

Lebenshaltungskosten

5.000,00

5.000,00

5.000,00

Gewinnerhöhung

17.000,00

26.000,00

0,00

Die Bp ermittelte folgende Einkünfte des Gesellschafters H.B. aus Kapitalvermögen (KapV):

1992

DM

1993

DM

1994

DM

1995

DM

Zinsen

4.579,00

7.766,00

8.245,00

6.317,00

./. Freibeträge

700,00

6.100,00

6.100,00

6.100,00

Einkünfte

3.879,00

1.666,00

2.145,00

217,00

Die Bp schätzte die Gewinne des Gesellschafters B.R. aus Gewerbebetrieb für die Streitjahre 1993 bis 1995 mit Hilfe einer Nachkalkulation wie folgt:

1993

km

1994

km

1995

km

Fahrleistung

80.000,00

80.000,00

80.000,00

DM

DM

DM

Umsatz netto

108.241,00

110.196,00

110.356,00

Umsatz netto bisher

38.573,00

37.703,00

22.713,00

Umsatzerhöhung netto

69.668,00

72.493,00

87.643,00

+ 7 v.H. Umsatzsteuer (USt)

4.876,76

5.074,51

6.135,01

Gewinnerhöhung

74.544,76

77.567,51

93.778,01

(wegen der Einzelheiten s. den Bp-Bericht vom 24.11.1997).

Entsprechend den Feststellungen der Bp erließ der Bekl. die jeweils nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Gewinnfeststellungs (F)-Bescheide für 1992 bis 1995 jeweils vom 19.01.1998, die jeweils nach § 164 Abs. 2 AO geänderten USt-Bescheide für 1992 bis 1995 jeweils vom 09.02.1998 und die jeweils nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Gewerbesteuer (GewSt)-Messbescheide für 1992 bis 1995 vom 20.01.1998 (Bescheide für 1993 bis 1995) und vom 28.01.1998 (Bescheid für 1992). Die Einsprüche blieben erfolglos.

Im Klageverfahren verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter. Der Bekl. habe die Besteuerungsgrundlagen zu hoch geschätzt. Die Rahmenbedingungen des Bundesverbandes für Personenverkehr seien weit überschritten worden. Die variablen Kosten seien nicht abgerechnet worden. H.B. habe mit seiner Lebensgefährtin im Haus seiner Mutter gewohnt und sei von letzterer finanziell unterstützt worden. Die Einkünfe des H.B. aus KapV seien in dessen ESt-Erklärungen zu erfassen. B.R. sei hauptberuflich als Gesellschafter-Geschäftsführer der Fa. GmbH tätig gewesen und habe das Taxi-Gewerbe nebenberuflich betrieben.

Die Klin. beantragt,

ein Sachverständigengutachten zur Richtigkeit der von der Betriebsprüfung in ihrem Bericht ...

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